Pfarrer auf Standortsuche

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Wie viele Pfarrbewohner müsste ich besuchen, begrüßen oder trösten - zeitlich unmöglich! Freikirchen und neue Bewegungen haben die Zeit dafür: Sie bemühen sich um Zuzügler, Einsame und Kranke, Junge und Suchende. So schreibt ein Wiener Pfarrer in seinem Mitteilungsblatt. Gottlob hat er dafür Frauen und Männer aus dem Laienstand, die sich um Kindergarten und Jungschar, Jugend und Caritas, Familienrunden, Ökumene, Bildungswerk, Senioren und Pfarrfeste kümmern.

Übernächsten Sonntag sind Pfarrgemeinderatswahlen. Da muss die Laientruppe jedes Pfarrers, ohne die keine lokale Kirche mehr funktioniert, neu aufgestellt werden. Da wird auch freizügig aus dem ersten Petrusbrief (2,9) zitiert: "Ihr alle seid Geistliche!" Das trägt auch zur Verunsicherung der Priester bei, die oft nicht mehr genau wissen, wofür sie allein zuständig sind.

Aber über Wesen und Zugang zum Weiheamt will die Kirchenleitung keine Diskussion. An der 900 Jahre alten Zölibatsverpflichtung soll nicht gerüttelt werden, auch wenn die Fassade davor brüchig geworden ist, das Durchschnittsalter der Priester über dem Pensionierungsalter liegt und Sonntagsmessen nach dem Supermarktprinzip organisiert werden, weil es für pastorale Nahversorgung nicht mehr reicht. Bewährte traditionelle Personalstrukturen wie jene der Katholischen Aktion werden finanziell ausgehungert und hauptsächlich nur jene Laiengruppen gefördert, die der Hierarchie mit keinen Reformwünschen lästig fallen.

"Kirche ist nicht Selbstzweck", schrieb unser eingangs zitierter Pfarrer, sondern "Werkzeug für die Einheit der Menschen mit Gott und untereinander". Leider haben der Papst und viele Bischöfe keine Zeit zum Pfarrblattlesen. Laien schon, und deshalb wissen sie, wie wichtig ihre Teilnahme an der Pfarrgemeinderatswahl ist.

Der Autor ist freier Publizist.

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