Plädoyer für Keynes

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Auf einer Veranstaltung zum 30-jährigen Jubiläum der Europäischen Rundschau riskierte ein ehemaliger ÖVP-Politiker ein mutiges Wort: Josef Taus, heute erfolgreicher Unternehmer, forderte einen Kurswechsel der europäischen Wirtschaftspolitik - weg von der seit 20 Jahren herrschenden "Neoklassik", hin zu John M. Keynes. Die "Osterweiterung" der EU sei zwar "politisch gelaufen", werde aber ökonomisch noch schwere Zeiten erleben. Einer der Hauptgründe hiefür seien die Maastricht-Kriterien, die eine "Wachstumsbremse" für die europäische Wirtschaft und damit eine der Hauptursachen der hohen Arbeitslosigkeit bildeten.

Dass die Krisensymptome in den westeuropäischen Gesellschaften das finanzielle Engagement für die Beitrittsländer erschweren und damit das gesamte Projekt der Erweiterung gefährden, zeigt die wachsende EU-Skepsis in Meinungsumfragen. Die USA, die die "Neoklassik", besser den "Neoliberalismus", weltweit durchsetzten, haben sich von dieser Doktrin längst verabschiedet. Um die Wirtschaft anzukurbeln, investiert der Staat dort massiv in Wissenschaft, Forschung und Technik - wenn auch primär zu militärischen Zwecken. Europas führende Politiker, zur Rechten wie zur Linken, halten an den neoliberalen Dogmen fest, wiewohl alle wirtschaftlichen Daten für die Rückkehr zu Keynes sprechen.

Josef Taus, immer noch Obmann des Dr.-Karl-Kummer-Instituts, des letzten christlich-sozialen Reservats der ÖVP, hat mit seiner Warnung vor einem ökonomischen Scheitern der Osterweiterung Keynes und das alte Konzept der "sozialen Marktwirtschaft" in Erinnerung gebracht. Verdienstvoll, wenn man weiß, wie viele Industrielle dieses Konzept gern auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgen wollen.

Die Autorin war ORF-Journalistin und Dokumentarfilmerin.

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