Projekt "soziales Gewissen"

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Die einen bauen Brunnen in Simbabwe, die anderen fördern den Behindertensport - kaum ein großes Unternehmen in Österreich, das nicht mit seinem sozialen oder ökologischen Engagement wirbt. Denn angeblich legen immer mehr Kunden nicht nur Wert auf die Qualität eines Produktes, sondern auch auf das Umfeld seiner Entstehung. Die furche geht im folgenden Dossier der Frage nach, wie weit Ethik in der Wirtschaft - in Zeiten der Globalisierung - tatsächlich eine Rolle spielt. Redaktionelle Gestaltung: Claudia Feiertag Die Rufe nach einer von Moral geprägten Wirtschaft werden immer lauter. Auch in Österreich versucht eine Initiative der Wirtschaft, die Unternehmen dazu zu bewegen, sich zu ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zu bekennen. Eines wird dabei abgelehnt: weitere Gesetze.

Was der österreichische Satiriker und Publizist Karl Kraus in einem einzigen Satz kategorisch in Abrede stellte, wird heute auf breiter Front diskutiert: die Existenz einer Ethik der Wirtschaft. Kraus meinte damals zu einem an Wirtschaftsethik interessierten Studenten: "Sie werden sich für das eine oder das andere entscheiden müssen."

Dass beides, Wirtschaft und Ethik, nicht unter einen Hut zu bringen sei, ist noch immer eine weit verbreitete Ansicht. Und skandalöse Bilanzfälschungen, kaum wieder gutzumachende Umweltverschmutzung und erschütternde Berichte über die Ausbeutung der Arbeitnehmer in Entwicklungsländern scheinen sie zu bestätigen.

Inzwischen ist klar, dass Unternehmen neben wirtschaftlicher auch gesellschaftliche Verantwortung, "corporate social responsiblity" (CSR), tragen. Der Philosoph Peter Kampits erklärt, warum: "Es findet eine Wertekollision statt durch den Zusammenprall von dem, was für ein Unternehmen wesentlich ist, also Gewinnstreben, und meritorischen Werten, also gesellschaftlicher Solidarität und Verteilungsgerechtigkeit." Sei es bisher Aufgabe des Staates gewesen, für ausgleichende Gerechtigkeit zu sorgen, entledige er sich nun immer mehr seiner Verantwortung, die entweder von der Zivilgesellschaft übernommen werden, oder in der Unternehmensstruktur ihren Platz finden müsse.

Eine Neuorientierung unternehmerischen Denkens und Handelns, die dem Dreieck aus Ökologie, Ökonomie und Sozialem gerecht werden müsse, fordern daher nicht nur diverse Nichtregierungsorganisationen, sondern inzwischen zunehmend auch Investoren: Eine Studie der Non Profit-Organisation CSR Europe und der Management-Akademie Insead will herausgefunden haben, dass in fünf Jahren keine Investmententscheidungen mehr getroffen werden, ohne Umwelt- und soziale Aspekte zu berücksichtigen. Diesen Anforderungen versucht bereits die Hälfte der weltgrößten Konzerne mit eigenen Umwelt-, Sozial- oder Nachhaltigkeitsberichten zu entsprechen.

Auch in Österreich hat die Diskussion über gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen längst begonnen. Schon immer, heißt es, hätten österreichische Betriebe sich sozial engagiert, hätten etwa Löschfahrzeuge für die Freiwillige Feuerwehr oder namhafte Geldbeträge für Licht ins Dunkel gespendet, sich um das Wohl ihrer Mitarbeiter gekümmert und, vor allem in Kleinbetrieben, ein familiäres Klima dem Autoritätsverhältnis zwischen Vorgesetztem und Untergebenem vorgezogen. Nun soll all das nicht mehr im Verborgenen stattfinden, sondern ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit gerückt werden. Die Plattform "CSR Austria", eine gemeinsame Initiative von Industriellenvereinigung, Wirtschaftskammer und Wirtschaftsministerium, will das Thema in Österreich populär machen.

Die erste große Hürde hat die Initiative, unter Beteiligung von Wirtschaft, Sozialpartnern und Nichtregierungsorganisationen, bereits genommen: Ein CSR-Leitbild für österreichische Unternehmen ist formuliert (siehe Kasten). Es soll allerdings nicht mehr sein als eine Orientierungshilfe. "Die Unternehmen sind zu verschieden, um sie alle über einen Kamm zu scheren", betont Christian Friesl, Leiter der Abteilung für Gesellschaftspolitik bei der Industriellenvereinigung (IV). Daher sei das Leitbild sehr allgemein gehalten, konkretisieren müssen es die Firmen selber. Die IV stehe jedoch bei diesem Prozess jederzeit beratend zur Verfügung.

Der nächste Schritt wird die Verleihung des Preises "Trigos" sein, der gesellschaftliches Engagement belohnen und "besonders vorbildliche Betriebe vor den Vorhang bringen soll", erklärt Friesl. Weiters sind eine Akademie für Sustainable Developement, ein Bildungsprojekt für Entwicklungsländer in Form eines Fonds, an dem sich österreichische Unternehmen beteiligen können, und ein Projekt geplant, bei dem Manager für eine gewisse Zeit in Non ProfitOrganisationen tätig sein sollen. "CSR Austria ist aber nur der Netzwerkknoten, bei dem diese Projekte zusammenlaufen", betont Friesl. Initiiert würden sie von einzelnenMitgliedern der Plattform.

Trotz all des Engagements für moralisch motiviertes Handeln will CSR Austria eines aber auf keinen Fall: mehr Gesetze. "Es soll eine freiwillige Selbstverpflichtung sein, nicht der Ruf nach gesetzlichen Regelungen", halten die Initiatoren fest. Schließlich gehe es um die Motivation der Unternehmen, verantwortungsbewusst zu handeln. Es solle ihnen klar gemacht werden, dass daraus auch ein wirtschaftlicher Vorteil im internationalen Wettbewerb entsteht.

Aber wer kontrolliert die Einhaltung dieser werbewirksamen, weil durch CSR Austria publik gemachten, Selbstverpflichtung? Für Friesl ist das Aufgabe der Konsumenten und Non Profit Organisationen. Dass die freiwillige Verpflichtung zur Einhaltung des Leitbildes als bloßer PR-Gag missbraucht wird, glaubt er aber ohnehin nicht: "Es gibt bessere PR-Aktivitäten als CSR."

Weitere Informationen im Internet: www.csr-austria.at

Österreichisches Leitbild für Unternehmen

In vier Bereiche, jeweils gesplittet in vier Grundsätze, teilt die Plattform "CSR-Austria" (im Internet unter www.csr-austria.at) die gesellschaftliche Verantwortung, die Firmen wahrnehmen sollten. Gesellschaftliche Verantwortung bedeutet demnach...

... erfolgreich wirtschaften:

verlässlich und vertrauenswürdig sein

langfristig und wertorientiert entscheiden

für fairen Wettbewerb sorgen

Vorbildwirkung entfalten

... andere einbeziehen:

die Mitarbeiter als Partner sehen

die gesellschaftliche Integration fördern

die Anliegen von Interessengruppen berücksichtigen

die Situation in anderen Ländern verbessern helfen

... an Umwelt und Zukunft denken:

das Vorsorgeprinzip beachten

ökologische Herausforderungen ökonomisch lösen

die Interessen der Verbraucher berücksichtigen

die nachhaltige Entwicklung global und regional fördern

... engagiert umsetzen:

gefasste Grundsätze ernst nehmen

durch Informationspolitik für Transparenz sorgen

in Partnerschaftsmodellen zusammenarbeiten

zielführende Maßnahmen weiterentwickeln

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