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Prüfstein Frauenpensionen

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Eine Grundpension würde allen Menschen eine eigenständige Absicherung im Alter bieten, de facto aber vor allem Frauen zugute kommen.

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Eine Grundpension würde allen Menschen eine eigenständige Absicherung im Alter bieten, de facto aber vor allem Frauen zugute kommen.

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Die soeben beschlossene Pensionsreform war ein Beispiel, wie in Österreich mit Fragen der Verteilung umgegangen wird. Ausgangspunkt war das Bemühen, nachhaltige Maßnahmen zur Begrenzung der Ausgabendynamik im Bereich der Pensionen zu setzen. Im Unterschied zu den Beformen der achtziger und neunziger Jahre wurden in der jüngsten Reform die - im Durchschnitt mehr als doppelt so hohen - Beamtenpensionen nicht mehr ausgeblendet. Der nun gesetzte Schritt zu einer Angleichung des Systeme verdient zweifellos Anerkennung.

Weniger positiv zu bewerten war das Ausgangsmodell, das sich nicht gerade durch soziale Ausgewogenheit ausgezeichnet hat. Das geplante System von Steigerungsbeträgen mit den Abschlägen hätte in hohem Ausmaß gerade bei jenen zu starken Verminderungen geführt, die frühzeitig wegen Invalidität aus dem Arbeitsleben ausscheiden müssen (also vor allem Arbeiter/innen). Hier konnte das Ärgste verhindert werden. Aber auch bei der Verlängerung des Bemessungszeitraumes fehlte das soziale Augenmaß, was zwangsläufig Widerstand hervorrufen mußte. Was blieb, ist eine Pensionsreform mit bescheidenen Effekten (Ausnahme: Harmonisierung der Systeme), der wohl bald weitere folgen werden.

Eine Lehre der letzten Reform könnte sein, daß Einsparungsvorschlägen mit sozial ausgewogenen Vorschlägen eher ein Erfolg beschieden sein könnte, als einem Modell, das herzlosen und abstrakt mathematischen Prinzipien folgt.

Modelle für eine soziale Reform gibt es einige. Fast alle europäischen Pensionssysteme verteilen stärker zwischen Besser- und Schlechterverdienenden um als das österreichische System. Sie kennen entweder feste Sockelbeträge oder Mindestpensionen bzw. bewerten Einkommensteile in den unteren Bereichen für die Pen-, sionsberechnung höher als darüberlie-gende Bereiche. Derartige Modelle sind auch dann nicht unsozial, wenn sie eine Lebensdurchrechnung vorsehen, lineare Steigerungsbeträge enthalten und ein höheres Pensionszugangsalter vorsehen. Gerade die daraus freiwerdenden Mittel können etwa für eine Grundpension verwendet werden, die ja vor allem Schwächeren zugute kommt. Diese Beispiele zeigen auch, daß soziale Gesichtspunkte mit einer Stärkung des Versicherungsprinzips vereinbar sind (z. B. Lebensdurchrechnung).

Innerhalb von Frauenorganisatio nen werden derzeit Optionen für den Ausbau einer eigenständigen Alterssicherung für Frauen diskutiert. Es ist zu erwarten, daß in den nächsten Jahren - nicht zuletzt aufgrund des Frauenvolksbegehrens - verstärkt auf eine entsprechende Reform gedrängt wird.

Untergrund für diese Forderung ist der Umstand, daß 40 Prozent der Frauen im Alter keinen eigenen Pensionsanspruch haben und fast die I lälfte der Eigenpensionen von Frauen unter dem Einzelrichtsatz für Ausgleichszulage liegt. Die neuen Frauenpensionen sind im Schnitt nur etwa halb so hoch wie die Pensionen von Männern. Darüberhinaus wird auch die Witwenpension aufgrund der zunehmenden Scheidungshäufigkeit ein immer unsichererer Teil der Altersversorgung von Frauen.

Angesichts des Einsparungsziels werden die Frauenpolitikerinnen nur erfolgreich sein können, wenn es gelingt, die vorhandenen Mittel besser zu verteilen bzw. eine Pensionsreform durchzusetzen, die gezielt Einkommensschwächere begünstigt; angesichts der gesellschaftlichen Realitäten (insbesondere in der für die Pensionsberechnung entscheidenden Vergangenheit) würden Frauen dadurch einiges gewinnen. Zu bedenken ist dabei, daß derzeit schon fast alle Frauen im Alter aus dem Pensionssystem versorgt werden -allerdings über einen Umweg. Mehr als die Hälfte der Frauen lebt, derzeit im Alter ganz oder zumindest teilweise von der Pension des Mannes (Unterhalt zu seinen Lebzeiten, Witwenpension danach). Dieser Zustand ist für Frauen insgesamt entwürdigend.

Optionen für eine bessere Altersversorgung sollten daher von Frauenvertreterinnen nicht frühzeitig verteufelt und damit Türen zugeschlagen werden. Es ist unbegreiflich, warum Frauenministerin Prammer die Option einer Grundpension ablehnt, wie sie es in den letzten Monaten getan hat. Schließlich würde eine solche Grundpension - wie sie schließlich ja auch vor ein paar Jahren von den SPÖ-Frauen vorgeschlagen wurde(!) - allen Menschen im Alter eine eigenständige Absicherung garantieren. De facto würde eine solche Pension vor allem Frauen zugute kommen; Männer sind ohnehin alle - so wie in den Volkspensionssystemen - versorgt.

Natürlich müßte angesichts der finanziellen Möglichkeiten ein solches Modell mit einer Verringerung der Männerpensionen (aber auch der Pensionen von Karrierefrauen) einhergehen. Dies wäre sicher keine Katastrophe, müßten doch Männer mit ihrer Pension nicht mehr eine Frau erhalten (allerdings wäre damit ein Machtverlust verbunden).

Auch wären Witwenpensionen zumindest in diesem Ausmaß wie jetzt (da sind wir Österreicher sehr großzügig!) nicht mehr notwendig. Dänemark und Schweden haben diese Pension überhaupt schon abgeschafft, weil sie überflüssig ist. Auch in Österreich wäre die Witwenpension, für die derzeit jährlich rund drei Milliarden Schilling ausgegeben werden, jetzt schon völlig verzichtbar. Sie ist eigentlich nur ein (teures) Trostgeld.

Wie eine von Ministerin Konrad in Auftrag gegebene Studie gezeigt hat, würde die größte Umverteilung zwischen den Geschlechtern über ein Splitting garantiert werden können. Dagegen wurde unbegreiflicherweise eingewendet, daß dies zur Verarmung einkommensschwächerer Paare führe. Doch was soll denn daran schlecht sein, wenn etwa aus zwei Pensionen mit öS 3.000,- (Frau) und öS 9.000,- (Mann) zwei Pensionen in der Höhe von jeweils öS 6.000,- werden? Insgesamt wäre eine Mischung von cVtfrafamiliä-rer und j'rcterfamiliärer Umverteilung (Splitting und stärkere Anrechnung von Kindererziehungszeiten auf Kosten Kinderloser) sowie einer Umverteilung von einkommensstärkeren Gruppen hin zu ein- kommensschwächeren (Sockelbetrag verbunden mit geringeren Steigerungsbeträgen im einkommensbezogenen Teil) eine sehr sinnvolle Perspektive.

Eine derartige Reform würde weitere Einsparungsmaßnahmen im Pensionsbereich jedenfalls sozial verträglicher machen und zugleich ein großes Unrecht beseitigen.

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