Wer kann Qualitätsjournalismus messen? Im Moment wüssten es offenbar viele: Einer wie Hugo Portisch. Der eben 90-Jährige habe Grundregeln für Qualität &Anstand definiert, heißt es allerorten. An manche davon hat die FURCHE zuletzt an dieser Stelle erinnert.
Und genau jetzt, da aus allen Rohren das Hohelied auf den Altmeister des Journalismus ertönt, setzt unsere Republik zum Endspurt in Sachen Presseförderung an. Ein Thema enormer Brisanz für unser Land und die Demokratie:
Wie lässt sich guter Journalismus so stärken, dass er in Unabhängigkeit und Vielfalt überleben kann? Dass Bürger korrekt und fair informiert werden? Dass unser Verstand nicht unter digitalen Schlammlawinen und dem Schmuddel des Boulevards erstickt? Dass wir in Zukunft dem Dschungel von Banalität und interessengesteuerter "Information" entkommen? Dass staatlicher Geldsegen nicht in politischer Lohnschreiberei endet?
Zunächst ein Lob: Endlich ist sich eine Regierung der Dringlichkeit dieser Aufgabe bewusst. Will mehr Fördergelder bereitstellen - und dafür Google, Facebook &Co. besteuern, die sich bisher gnadenlos und kostenfrei fremder medialer Inhalte bedienen. Will jene Medien stützen, die sich gegen den Untergang aller ethischen Standards stemmen. Wagt aber aus Angst vor Medien-Rache nicht, die Förder-Gießkanne wegzulegen. Im Gegenteil: Sie bohrt neue Löcher.
Hier der aktuelle Stand der Dinge:
Nicht ein Mehr an "Qualität" ist jetzt ihr oberstes Förderungsziel, sondern mehr Medien-Arbeitsplätze. Nun wird niemand den Konnex zwischen beidem bestreiten. Aber die Erfahrung sagt: Die Zahl der Redakteure macht aus einem Schmierblatt noch lange keine gute Zeitung.
Kriterien für Medien-Qualität
Und: Auch Gratismedien (Heute, Österreich u. a.) dürfen künftig mit hohen Förderungen rechnen. Welch ein Irrweg! Denn das sind genau jene, die mit billigsten Mitteln Auflage machen und die sich jeder medialen Selbstkontrolle (Presserat) entziehen. Sie sind es auch, die mit hohen Druckauflagen lebenswichtige Inserate von Qualitätsmedien abziehen -und denen die Politik millionenschwere Annoncen zuschiebt.
"Ordentliche Journalisten gibt es auch bei Gratisblättern", sagt der Medienminister. Richtig. Nur verschweigt er dabei, dass es nicht seine Aufgabe ist, die Moral einzelner zu belohnen, sondern dass es darum geht, was dann gedruckt erscheint.
Also: Ziel staatlicher Presseförderung muss es sein, Qualität zu stärken, ohne dabei das Spielfeld der Medien politisch einzuengen. Aufgabe anderer ist es dann, Maßstäbe für Qualität festzulegen und zu entscheiden, wer sie erfüllt und wer nicht. Längst hat die Wissenschaft die Kriterien für Medien-Qualität fixiert. Auch unsere Zeitung versucht, nach ihnen zu arbeiten.
Aber: Wird sich die Politik jemals damit abfinden können, etwas zu fördern, was Kompetentere, Unabhängigere, entschieden haben?
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