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Ruhebestimmungen - entschärft

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Der von den Koalitionsparteien um die Märzmitte zur Beratung und Begutachtung aller heiklen Rentenversicherungsprobleme eingesetzte Unterausschuß hat nach Beendigung seiner Arbeiten durch seinen Vorsitzenden, Vizekanzler Dr. Pittermann, der Bundesregierung einen Bericht vorgelegt, der eine Reihe von Empfehlungen für Leistungsverbesserungen in der Rentenversicherung enthält, deren Kosten angibt und überdies die finanzielle Situation der Versicherungsträger eingehend darstellt.

Die dem ASVG unterliegende Rentenversicherung dürfte demnach im Jahre 1963 Einnahmen in der Höhe von 8,78 Milliarden Schilling und unter Berücksichtigung der mit 1. Jänner des kommenden Jahres einsetzenden 3. Etappe der Rentenreform (8. ASVG-Novelle) 11,6 Milliarden Schilling Ausgaben aufweisen. Bei einem unveränderten Bundesbeitrag von 1,8 Milliarden würde sich also ein Abgang von einer Milliarde Schilling ergeben. Die Lage ist jedoch keineswegs kritisch, da der Bundeskanzler bereits in seiner letzten Radiosendung die Bereitwilligkeit des Bundes ausgesprochen hat, diesen Abgang durch eine Erhöhung des Bundesbeitrages für 1963 um eine Milliarde Schilling zu ersetzen. Die vorerwähnte 3. Etappe der Rentenreform bringt bekanntlich bei der sogenannten „Vorzeitigen Altersrente“ oder „Frührente“, für deren Erlangung das Gesetz eine 3 5jährige Versicherungsdauer vorsieht, eine weitere Herabsetzung des Anfallsalters bei Männern auf das 63., bei Frauen auf das 58. Lebensjahr. Im Jahre 1966 wird dann schließlich das Anfallsalter für diese „Frührente“ bei Männern 60, bei Frauen aber 5 5 Jahre betragen; der Nachweis der Invalidität ist bei dieser Rentenart nicht erforderlich.

Die im Bericht enthaltenen Empfehlungen auf neuerliche Leistungsverbesserungen in der Rentenversicherung — worum es sich hier handelt, werden wir gleich anführen — erfordern zu ihrer Verwirklichung weitere 800 Millionen Schilling, und hier erwartet der Bundeskanzler, daß dieser Betrag durch Maßnahmen der Versicherungsträger auf der Einnahmenseite, gemeint ist wohl eine Erhöhung der Beiträge, eingebracht wird. Die Bundesparteileitung der ÖVP schlägt ferner vor, die durch die Senkung der Beiträge für die Arbeitslosenversicherung ausfallenden 450 Millionen Schilling als einen wesentlichen Beitrag zur Budgetierung der Rentenerhöhung zu verwenden. Von sozialistischer Seite verweist man demgegenüber auf den bekannten Koalitionsbeschluß, wonach ein Sechstel dei jährlichen Mehreinnahmen des Bun des sozialen Zwecken zugeführt wer den soll, und meint, daß auf dies« Weise die Leistungsverbesserungei auch ohne Beiträgserhöhung gedeck werden können.

Um was für Leistungsverbesserun gen es sich hier handelt? Die Mit glieder des Unterausschusses habei zunächst einmal kühn nach einer heißen Eisen gegriffen und versucht las so umstrittene Problem der Ren-:en-Ruhensbestimmungen wenigstens einigermaßen zu entschärfen. Zwei Anschauungen standen in dieser die Öffentlichkeit zu Jahresbeginn so sehr bewegenden Frage einander gegenüber. Die des Klubobmannes der 5PÖ, Nationalrat Uhlir, m seinem Zivilberuf Direktor der Pensions-irersicherungsanstalt der Arbeiter, und die des Präsidenten Hillegeist; der erstere sprach sich für, der letztere - er hat seinen Standpunkt in der „Furche“ genau umrissen — gegen die Aufhebung aus, und jede der beiden Anschauungen fand innerhalb der beiden Regierungsparteien ihre Anhänger und ihre Gegner. Vizekanzler Doktor Pittermann versuchte mit Erfolg zu vermitteln. Das Resultat: Den leidenschaftlichen Protesten jener heute noch selbständig erwerbstätigen Renfc ner, die seinerzeit ihre Versicherung nach dem ASVG in der begründeten Erwartung, einst neben dem Rentenbezug auch weiterhin unverändert tätig sein zu können, freiwillig fortgesetzt hatten, wurde zur Gänze stattgegeben. In Zukunft sollen sie vor jeder Ruhens-bestimmung sicher sein. Man hat unter dem Einfluß eines Gutachtens des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt anerkennen müssen, daß die freiwillige Weiterversicherung im ASVG eine private Vertragsversicherung darstelle, die von dem einen Kontrahenten, dem Versicherungsträger, ohne Zustimmung des anderen Vertragspartners, des Versicherten, gar nicht einseitig abgeändert werden könne. Nationalrat Uhlir hat Recht, wenn er den Grundsatz der Vertragstreue auch für die Sozialversicherung reklamierte.

Einen nur geringen Erfolg vermochten die unselbständig tätigen Rentner zu erzielen. Von einer Aufhebung der Ruhensbestimmungen bei ihnen ist keine Rede. Lediglich der Betrag, den sie monatlich ins Verdienen bringen dürfen, ohne eine Kürzung ihrer Rente befürchten zu müssen, der sogenannte Freibetrag, soll von bisher 680 auf nunmehr 1000 Schilling erhöht werden, oder, wenn diese Berechnung für den Rentner günstiger ist, es dürfen Rente und Verdienst zusammen 2000 Schilling nicht übersteigen, ansonsten wird der Grundbetrag der Rente, allenfalls bis zv seiner vollen Höhe, zum Ruhen gebracht. Die Steigerungsbeträge hingegen dürfen niemals angetastet werden. Privilegiert wurden im Gutachter des Unterausschusses hingegen di< Witwenrenten. Sind Witwer noch selbständig oder unselbständig erwerbstätig,' so darf der Grundbetraj ihrer Rente höchstens bis zu seinei Hälfte ruhend gestellt werden.

Nun, wir freuen uns des Erfolges den unsere Rentner hier erzielt haben und zweifeln auch gar nicht daran daß die finanzielle Bedeckung fü diese Verbesserungen gefunden win und sie somit zum 1. Jänner 1963 ii Kraft treten werden, aber wie laß sich nur diese Neuregelung mit den Gleichheitssatz unserer Verfassuni (Art. 7 B-VG) in Einklang bringen In bezug auf die Ruhensbestimmungei wird man nämlich in Hinkunft vie Rentnergruppen unterscheiden müssen

Sonstige Leistungsverbesserungen

An sonstigen Leistungsverbesserungen empfiehlt der Bericht: ,

1. Die Hinaufsetzung des Mindest-und Höchstbetrages für den H i 1 f-losenzuschuß von 300 auf 400 Schilling, beziehungsweise von 600 auf 800 Schilling.

2. Die Ausgleichszulagen, mit denen die Mindestbezüge der Pensionsversicherung aufgestockt werden, sollen neuerlich erhöht werden. Sie würden von 750 Schilling (ab 1. Juli d. J.) auf 830 Schilling (ab 1. Jännner 1963) ansteigen; die Zulage für die Ehegattin steigt von 320 auf 350 Schilling. Auf diese Ausgleichszulagen sollen in Hinkunft die Elternrenten aus der Kriegsopferversorgung nicht mehr angerechnet werden, und zwar deshalb nicht, weil Alimen-tationsleistungen der Kinder zu Gunsten der Eltern schon seit der 7. Novelle zum ASVG nicht mehr zur Anrechnung gelangen.

3. In der Kriegsopferver-s o r g u n g wird die Einführung einer 14. Rente empfohlen.

4. Die Waisenrenten, beziehungsweise Kinderzuschüsse für jene Pensionistenkinaer, die einem Hochschulstudium obliegen, sollen nicht mehr wie bisher mit dem vollendeten 24., sondern erst mit dem vollendeten 25. Lebensjahr zur Einstellung gelangen.

Die dynamische Rente

Besonders am Herzen liegt unserer Sozialisten die Einführung der Rentendynamik bereits mit dem 1. Jänner 1963, und zwar auf folgende) Basis: Die Pensionen sollen am Jahresende jeweils um soviel Prozent erhöht werden, als sich im vorher' gehenden Jahr die Gesamtsumme de; eingezahlten Pensionsbeiträge erhöh hat. Auf diese Weise werden die So zialpensionen in Hinkunft an die Be züge der noch aktiv tätigen Person&#171; gekettet sein und jede Aufwärtsbewe gung derselben mitmachen. Für die so genannten beiden „offenen Jahre“ 195< und 1960, die seit dem Jahre 1958 das zur Basis der Rentenreform voi 1961 gewählt .wurde, verfloaertiirind soilejt die^Rentett-Jm kommendes- Ws- geBeij&#171;H,s wH-rMSfa Prozeht , hinauf gesetzt werden.

Die Regierung will sich noch vo den Sommerferien mit diesen Empfeh lungen befassen, um, wenn eine Eini gung über die Bedeckung gefundei wird, die nötigen Gesetzesvorlage: I noch im Herbst d. J. dem Pariamen : zuzuleiten; sie würden dann zu Gänze mit 1. Jänner 1963 in Kraf treten.

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