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Sauberes Wasser als Exportschlager

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Steirisches Tafelwasser in Saudi-Arabien? Die Gemeinde Wildalpen in der Hochachwab-Region möchte ihr hochwertiges Trinkwassers abfüllen und ins Ausland verkaufen. „Es gibt bereits konkrete Überlegungen", sagt der Vizebürgermeister von Wildalpen, Ewald Uresch. Wenn es nach seinem Willen geht, sollen diese Überlegungen möglichst bald zur Realität werden. Gespräche mit potentiellen Abfüllfirmen sind bereits im Gange.

Dabei denkt der Vizebürgermeister vorerst nicht daran, sich mit dem Wasser eine goldene Nase zu verdienen. „Wir sind hier eine abgelegene Region. Mir ist in erster Linie wichtig, daß wir durch einen Abfüllbetrieb ein paar Leute beschäftigen können", betont Uresch. Jährlich sollen zwischen fünf und 50 Millionen Liter Trinkwasser in den arabischen Raum geliefert werden. Eine vernachlässigbare Größe im Vergleich zu den Mengen, die Richtung Wien durch die zweite Wiener Hochquellwasserleitung fließen.

Aus dem Hochschwab entspringen jene Quellen, die etwa 60 Prozent des Wiener Wasserbedarfes decken. Die jährlich über 80 Millionen Kubikme-' ter Trinkwasser will sich die Steiermark aber nicht mehr länger ohne Abgaben durch die Finger rinnen lassen. Vor zwei Wochen beschloß der steirische Landtag eine Wassersteuer von 2,50 Schilling pro Kubikmeter, eine jährliche Belastung für Wien von 195 Millionen Schilling. Doch die Stadt Wien will vorerst auf keinen Fall zahlen und kündigte den Gang zum Verfassungsgerichtshof an. Die Fronten sind verhärtet. Politiker in Wien werfen der Steiermark „Raubrittertum" und „Wegelagerei" vor.

Wasser ist in Europa zu einem kostbaren Gut geworden. Dürrekatastro-

Greenpeace prüft unser Trinkwasser

Ein Viertel aller Haushaltsbrunnen in Österreich sind mit Nitraten belastet, der Unkraut-Killer Atrazin mit all seinen Abbau-Produkten findet sich in der Hälfte aller Grundwasser-Vorkommen. Diese Zahlen präsentierte Greenpeace am Anfang der Wochefeei einer Pressekonferenz in Wien. Um die Trinkwasserqualität zu überprüfen startete Greenpeace letzten Montag eine Wasser-Meßtour durch die Bundesländer, Die Bevölkerung kann in den nächsten zwei Wochen, Wasserproben nach einen Umkostenbeitrag von 100 Schilling an Bord eines Greenpeace-Busses auf Schadstoffe untersuchen lassen. Nähere Informationen gibt es unter der Nummer 0222/ 7130031-28 oder 0663/ 9208162.

phen in England oder Spanien, Klimaerwärmung und Umweltverschmutzung lassen Trinkwasser zu „flüssigen Silber" werden.

„In Österreich ist dieser Wasserstreit lächerlich", meint allerdings Werner Biffl, Vorstand des Institutes für Wasserversorgung der Universität für Bodenkultur in Wien. Österreich verfüge, zumindest mengenmäßig betrachtet, über ausreichende Wasserreserven. „Wir nützen nicht einmal zehn Prozent .unseres unterirdischen Wasserangebotes. Österreich ist zusammen mit der Schweiz das Wasserschloß Europas" , erklärt Biffl. Vielleicht wird gerade deswegen gestritten. Nicht nur der Vizebürgermeister von Wildalpen errech netsich Vorteile aus einem Wasserverkauf. Meldungen zufolge ziehen auch Politiker in Bad Aussee, Kärnten und Vorarlberg einen Verkauf von überschüssigen Trinkwasser ins Ausland in Erwägung.

Die Idee ist nicht neu. Bereits 1993 versuchten die Wiener das Hochquellwasser zu vermarkten, „vornehmlich in den arabischen Raum", wie der Pressereferent für Öffentlich-

keitsarbeit und Bürgerservice der Wiener Wasserwerke Theodor Heb-nar erklärt. „Damals beschloß der Gemeinderat, das Hochquellwasser zu den üblichen Tarifpreis von 18 Schilling pro Kubikmeter an eine private Firma zu verkaufen." Erst nach Protesten der Steirer wurde die Idee wieder verworfen. Dabei wäre das ein ganz einträgliches Geschäft geworden. Bei einer geplanten tägliche Abfüllmenge von 5.000 Kubikmeter, hätte die Stadt Wien immerhin 30 Millionen Schilling pro Jahr verdient.

Brüssel hat nicht einmal eine Kläranlage

Wird Osterreich in nicht allzu ferner Zukunft ein wichtiger Wasserexporteur? Wenn es nach den Willen so mancher EU-Beamten geht, ja. Zumindest wird darüber laut nachgedacht. „Es gibt die Idee europäischer Wasserschienen", erläutert Wilhelm Vogel vom Umweltbundesamt in Wien. Vor allem Italien habe deutliches Interesse gezeigt. Eine Zukunftsvision sei etwa, so Vogel, große Mengen von Wasser nach Spanien zu leiten und für die Landwirtschaft zu nutzen. Da in Spanien das Gemüse wesentlich bessere klimatische Bedingungen vorfindet als hier, könnte im Gegenzug das Gemüse wieder nach Österreich geliefert werden. Vogel zweifelt aber an der Sinnhaftigkeit dieser Idee: „Ich halte jeden Transfer von großen Wassermengen für problematisch Es können dabei ökologische Probleme sowohl für Österreich als auch für das Zielland, etwa durch Versalzen der Böden, auftreten."

Außerdem erachtet Vogel einen großangelegten Export von hochwertigen Wasser für kontraproduktiv. Österreich habe im Vergleich zu einigen anderen EU-Staaten einen sehr guten Gewässerschutz. „Bei uns ist es schon ein Problem, wenn eine 100-Seelengemeinde keine Kläranlage hat. Brüssel beispielsweise hat hingegen überhaupt keine Kläranlage". Anstatt über einen Transfer von Wasser quer durch Europa nachzudenken, wäre es ökologisch sinnvoller, wenn die anderen Staaten besser auf ihr eigenes Wasser aufpassen würden.

Die Autorin ist

freie Journalistin.

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