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Schlepper sind die Großverdiener

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Eine Entwicklung, der die Behörden bislang hilflos zusehen, ist der dramatische Anstieg des weltweiten Menschenschmuggels. Nach Expertenmeinung wird mittlerweile mit dem Verschieben der „Ware Mensch" in westliche Länder mehr Geld verdient als mit Drogen.

Rund 50.000 Schilling bringt nach Expertenmeinung aus den Niederlanden eine verschobene Person im Durchschnitt. Hauptumschlagplatz für den Transit aus dem Osten ist Moskau. Hier treffen sich Auswanderungswillige aus China ebenso wie aus dem Iran. Für Österreich sind jedoch auch die nähergelegenen „Mitfahrzentralen" in den östlichen Nachbarländern von Bedeutung. Die Gebühren für Schieberbanden sind geschmalzen. Wer sie nicht bezahlen kann, wird zum Beispiel als Drogenkurier angestellt.

Wie auch zu betonen ist, daß nicht alle freiwillig in den Westen gehen. Vor allem Frauen landen, mitunter gegen ihren Willen verkauft und verschoben, in einem westlichen Bordell (Seite 15).

Bisher hat die Exekutive noch keine effizienten Mittel gefunden, um die immer besser organisierten Formen der Kriminalität einzudämmen. Festnahmen sind (notwendige) Einzelerfolge, die jedoch nicht darüber hinwegtäuschen können, daß man dem rasanten Anstieg der Organisierten Kriminalität fast machtlos gegenübersteht.

Das illegal erwirtschaftete Geld wird durch verschiedene Transaktionen dem Wirtschaftskreislauf zugeführt. In Österreich sind 1995 rund 360 Anzeigen von Banken über verdächtige Geldtransaktionen bei der EDOK, Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, gemacht worden. Österreich steht aufgrund der Anonymität für Spareinlagen bis 200.000 Schilling noch immer im Ruf, ein Umschlagplatz für Drogen- und Schwarzgelder zu sein. In den Kreditinstituten sind bei bestimmten Transaktionen Spezialisten eingesetzt, die überprüfen, ob ein Geschäft bloß vorgetäuscht ist und ob über fingierte Handelsgeschäfte Fakturierung oder Scheinfirmen nur dem Zweck der Geld wäsche dienen.

Joachim Kühnelt, Pressesprecher der Creditanstalt, lobt das einwandfreie Funktionieren der Zusammenarbeit zwischen Behörden und Banken: „Was jedoch noch verbessert werden sollte, ist das Beschleunigen des internationalen Erfahrungsaustausches. Es ist wichtig, die neuesten Tricks und Kniffe schon nach ein paar Tagen zu erfahren und nicht erst nach Wochen oder gar Monaten."

Geld trägt bekanntlich kein Mascherl - und wenn die Ursprungsbank im Ausland keine sorgfältige Prüfung ihrer Kunden vornimmt, kann es für die EDOK schwer oder sogar unmöglich werden, Drogenoder Schwarzgelder zu beweisen. Von zehn Fällen verdächtiger Transaktionen, die die CA im vergangenen Jahr an die EDOK weitergeleitet hat, hat es kein einziges Mal zur Strafanzeige gereicht.

Erich Knopf, Geldwäschebeauftragter der Ersten Österreichischen Sparkasse, sieht den Druck der Geld-wäscher aus dem Osten stetig wachsen. Er warnt Banken und Behörden jedoch vor Resignation: „Man soll den Kopf nicht in den Sand stecken. Wenn international zusammengearbeitet wird, kann man den immer raffinierteren Methoden der Geld-wäscher auf die Schliche kommen." In diesem Zusammenhang sieht er die Beweislastumkehr als mögliches As im Ärmel der Fahnder.

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