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Digital In Arbeit

Schutz vor Pleiten, Pech & Pannen

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Eine kühne Idee: Die Versicherung gegen Arbeitslosigkeit. Die Branche ist geteilter Meinung über dieses neue Produkt.

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Eine kühne Idee: Die Versicherung gegen Arbeitslosigkeit. Die Branche ist geteilter Meinung über dieses neue Produkt.

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Der Philipp ist wieder einmal Hecht im Karpfenteich!” (Magdalena Messany-Schättle von einem der größten Versicherungsmaklerbüros Wiens). v

„Mit der Idee wird er nicht glücklich werden!” (zahlreiche Insider).

„Ich wünsche ihm viel Glück!” (Gregor Kozak, Öffentlichkeitsarbeiter des Verbandes der Versicherungsunternehmen Österreichs).

So bunt ist die Palette der Kommentare zu der Idee, eine Versicherung gegen Arbeitslosigkeit anzubieten.

Generäldirektor Axel Philipp von der Volksfürsorge Jupiter Versicherung (VJV) ist unbeeindruckbar überzeugt davon, mit seinem Produkt gut anzukommen und ebenso gut zu verdienen: „Wir haben seit Februar dieses Jahres monatlich im Schnitt mehr als 1.000 Verträge abgeschlossen.”

Die VJV ist die einzige Versicherung, die ein derart heißes Produkt in Österreich anbietet. Die Konkurrenz will sich offensichtlich Zeit lassen und beobachten, ob sich die Idee durchsetzen kann.

Wie aber soll sich das rechnen? Zwar ist die Angst vor Jobverlust derzeit so stark wie schon lange nicht mehr: Nur jeder fünfte Österreicher glaubt, auf der Suche nach einem passenden Arbeitsplatz keine größeren Probleme zu haben. Derzeit sind rund 200.000 Österreicher arbeitslos, und auf eine offene Stelle kommen fast 20 Arbeitsuchende. Man könnte also annehmen, daß die Leute, getrieben von der Furcht, selbst unversehens auch zum wachsenden Heer der Jobsuchenden zu gehören, der VJV die Türen einrennen.

Auf der anderen, der Versicherungsseite wiederum, müßte man darauf mit gemischten Gefühlen reagieren. Das Produkt kommt zwar gut an - aber gleichzeitig ist das Bisiko, gegen das hier versichert wird, relativ hoch. Der Versicherungsfall könnte öfter eintreten als dem Unternehmen guttut...

Ein G'spür für Zeitströmungen

Magdalena Messany-Schättle sieht im Versicherer VJV eher einen coolen Bechner als einen wirtschaftlichen Hasardeur: „Bisher ist immer noch alles, was der Philipp vorgemacht hat, nachgeahmt worden. Er hat, scheint es, ein gutes G'spür für Zeitströmungen. Bisher hat der Erfolg ihm immer recht gegeben.”

Die Versicherungskauffrau sieht die scheinbar kühne Unternehmeridee im Licht der ökonomischen Analyse als wohlkalkuliertes, relativ kleines Bisiko: „Versichern heißt immer, mit Statistik arbeiten. Es sind natürlieh etliche Bedingungen eingebaut, die verhindern, daß Kunden das Angebot unredlich ausnutzen. Und auch für den Fall, daß es langfristig ein Mißerfolg wird: Der Imagegewinn für das Unternehmen ist hoch, die Medien berichten darüber, die Werbewirkung ist vielfach größer als es bei einer geplanten PB-Kampagne der Fall wäre.”

Worum gehtes nun konkret?

Die „Protect”, so heißt die Versicherung, kann von allen Berufstätigen (außer Freiberuflern) abgeschlossen werden, die Anspruch auf staatliches Arbeitslosengeld haben. Voraussetzung: Sie müssen seit mindestens zwei Jahren in einem unbefristeten und un-gekündigten Dienstverhältnis stehen - was mit einem sperrigen Terminus auch „unselbständiges Vollarbeitszeitverhältnis” genannt wird.

Es gibt auch Altersgrenzen: Der betreffende Arbeitnehmer muß beim Versicherungsabschluß zwischen 20 und 55 Jahre alt sein.

Wird ein solcher Arbeitnehmer unverschuldet gekündigt, zahlt die Versicherung ein Jahr lang die Differenz zwischen dem gesetzlichen Arbeitslosengeld und 90 Prozent seines letzten Nettogehalts. Der Kunde bekommt damit fast genausoviel Geld aufs Gehaltskonto wie in der Zeit seiner Berufstätigkeit. Eine Grenze nach oben ist allerdings eingezogen: Der Sozialversicherungshöchstbeitrag, derzeit bei rund 40.000 Schilling gelegen.

Je nach der Höhe des Gehalts kann man sich für jene Summe entscheiden, die man im Fall der Arbeitslosigkeit als notwendig ansieht.

Ein Beispiel: Ein Arbeiter mit 19.000 Schilling Nettogehalt und einem Anspruch auf 14.000 Schilling Arbeitslosengeld kann sich für maximal 3.100 Schilling monatliche Versicherungsleistung entscheiden. Je nach der Höhe dieser Zuschußsumme wird die Prämie berechnet, die 2,79 Prozent des Stützungsbetrags ausmacht.

In den Berechnungsbeispielen der Versicherung schauen einige Einzelfälle so aus:

■ Ein Prokurist mit mehr als 35.000 Schilling Nettoeinkommen vor seiner Kündigung bekäme maximal ein Jahr lang rund 17.000 Schilling pro Monat von der Versicherung bezahlt. Monatlich müßte er dafür mindestens zwei Jahre lang nicht ganz 500 Schilling hingelegt haben.

■ Eine 35jährige alleinstehende Frau mit netto knapp 20.000 Schilling bekommt im Kündigungsfall monatlich mehr als 4.500 Schilling hingeblättert. Ihre Prämie macht knapp 130 Schilling im Monat aus.

■ Ein 22jähriger alleinstehender Mann, drei Jahre lang arbeitslosen-versicherungspflichtig, beschäftigt mit netto etwas über 14.000 Schilling müßte monatlich rund 100 Schilling aufwenden, um am Zahltag aus der Versicherungsleistung mehr als 3.500 Schilling für die Dauer von längstens einem Jahr zu erhalten.

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