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Der arbeitsfreie Sonntag steht wieder zur Debatte. Eine Analyse der Argumente von thomas meickl.

Der Markt regelt die Sonntagsöffnung innerhalb eines Jahres von selbst", sagt Ernst Fischer, Chef des Modehauses Ernst Fischer Handels GmbH in Wien und einer der Initiatoren der "Allianz offenhaltenduerfen.at". Fischer und den Unterstützern der Allianz geht es vor allem darum, die Wahl zu haben, wann sie ihre Läden aufsperren können, denn "als Unternehmer muss ich dann aufsperren, wenn meine Kunden da sind". Und wenn das nun mal ein Sonntag ist, so sei es drum. Der Euro muss rollen, schließlich sieht sich die Allianz aus Kaufleuten und Hoteliers im Kampf mit den Metropolen Europas, die Wien den Rang ablaufen könnten, da der freie Sonntag nicht überall so heilig ist wie in Österreich (siehe Infokasten).

Die Diskussion um das sonntägliche Wohl und Wehe der österreichischen - und auch internationalen - Konsumenten wurde durch die Gründung der Offenhaltendürfen-Allianz und die Präsentation einer von der Hoteliervereinigung (ÖHV) in Auftrag gegebenen Studie Ende Februar neu entfacht. Die Studie belege, dass just sechs von zehn Wien-Touristen gerne am Sonntag einkaufen gehen würden. Nachdem das nicht möglich ist, entgehe dem Wiener Handel 10,8 Millionen Euro, so Peter Peer, Präsident der ÖHV.

Die Rollläden bleiben zu

Die Wiener Wirtschaftskammer und die Gewerkschaft der Privatangestellten Druck Journalismus Papier (GPA) agieren in diesem Fall in trauter Übereinstimmung. Wenngleich der Zugang der beiden Interessensvertretungen verschieden ist, so ist das Ziel dennoch klar: Die Rollläden bleiben am Tag des Herrn zu. Manfred Wolf, Wirtschaftssekretär Handel der GPA und in seiner Funktion auch Mitglied der Allianz für den freien Sonntag, fürchtet die neue Gegenoffensive aus den Reihen der Unternehmer nicht: "Diese neue Allianz ist eine Profilierungsplattform, damit bestimmte Kaufleute bekannter werden, und noch untätige Politiker eine Arbeit bekommen." Wolf schätze die Gefahr aus dieser Ecke demnach für gering ein, und schließlich gebe es jetzt schon genügend Menschen die am Sonntag arbeiten müssen, sei es im Sicherheitsbereich oder in Tätigkeiten, die gesellschaftlich oder kulturell notwendig sind. Das Argument, dass mit dem Arbeits-Sonntag auch neue Arbeitsplätze geschaffen würden, lässt Wolf nicht gelten. Denn die Köpfe würden in den Geschäften zwar mehr, aber es komme zu keinem Zuwachs an qualitativ hochwertiger Arbeit: "Es werden Jobs geschaffen, von denen man drei braucht, um überleben zu können." Und schließlich sei die Wahlfreiheit bereits jetzt schon gegeben. Entscheide sich ein Mensch für einen Beruf im Handel so will dieser am Sonntag nicht arbeiten. Geht die Entscheidung aber beispielsweise in Richtung Tourismus, so sei die Entscheidung, am Sonntag zu arbeiten, bewusst getroffen worden. Und auch die Unternehmer können am Sonntag arbeiten. Wolf hat für die Firmeninhaber ein paar Tipps parat: So könnten diese am Sonntag die Buchhaltung erledigen oder Arbeitspläne machen, "sie können nur nicht offen halten und niemanden zwingen, für sie zu arbeiten".

Fischer und seine Mitstreiter in der Allianz verstehen die Welt nicht, denn sie fordern doch nichts Böses. Mehr Umsatz führe zu mehr Abgaben und mehr Arbeitsplätzen. Ein weiteres Pro-Argument ist, dass die Geschäfte nur dann am Sonntag aufsperren würden, wenn ein Umsatzplus möglich sei. Das ist nicht für alle Handelszweige realistisch, so bliebe der Einkaufssonntag (zum Beispiel von 13 bis 19 Uhr) ein Minderheitenprogramm. Wo liegt also das Problem?

Die Flut an Umfragen könnte eines sein. Vergangenes Jahr ließ die Wiener Wirtschaftskammer 4500 Touristen, Händler und Hoteliers befragen. Es stellte sich heraus, dass sich eine klare Mehrheit gegen die Sonntagsöffnung aussprach. Und das ist somit Auftrag und Programm für die Kammer-Präsidentin Brigitte Jank: "So lange sich keine Mehrheit dafür findet, kann ich diesen Wunsch einiger weniger nur zur Kenntnis nehmen."

EM wird zum Zankapfel

Die Fußball-Europameisterschaft (EM) erhitzt - wenngleich von ihr sonst noch nichts zu spüren ist - zumindest in der Sonntagsöffnungs-Debatte die Gemüter. Janks Position ist klar. Er tritt dafür ein, dass für die drei bis vier Sonntage im Dunstkreis der EM ganz Wien zur Tourismuszone erklärt wird. Damit jenen, die ein Geschäft machen wollen, auch die Möglichkeit dazu gegeben wird.

Auch das geht der Allianz für den freien Sonntag zu weit, denn die Versorgung der Fans könnte mit Verpflegungsständen auch sichergestellt werden und Österreich profitiere viel mehr davon, wenn es seine Sonntags-Kultur präsentiert. Gabriele Kienesberger von der Sonntags-Allianz fürchtet vor allem den Domino-Effekt, auch wenn es jetzt heißt, dass es sich nur um vier Sonntage drehen würde. "Es ist ein Fuß in der Tür. Sperren die großen Einkaufszentren auf, müssen die anderen nachziehen." Kienesberger gibt auch zu bedenken, dass ein Offenhalten am Sonntag Nebeneffekte hat: Der Zulieferverkehr nähme zu, es müsste geputzt werden; und wer kümmerte sich um die Kinder der Handelsangestellten? Es kämen wieder jene zum Handkuss die ehrenamtlich die Kinder versorgen, da am Sonntag keine Kindergärten offen haben.

Der Weisheit letzter Schluss ist in Sachen Ladenöffnung nicht abzusehen. Faktum ist, dass für viele Menschen der Arbeits-Sonntag bereits Alltag ist, damit der Rest der Bevölkerung seine Freizeit genießen kann.

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