Detailarbeit - Harald Deinhammer kontrolliert die Sicherheitsmerkmale einer 100-Euro-Note nach der Devise "Fühlen, Sehen, Kippen".<br />
 

Euro beliebt bei Fälschern

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Die EZB meldet einen Rückgang gefälschter Banknoten - das liegt an der Arbeit von Harald Deinhammer, einem Österreicher in Frankfurt.

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Die EZB meldet einen Rückgang gefälschter Banknoten - das liegt an der Arbeit von Harald Deinhammer, einem Österreicher in Frankfurt.

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Es muss schon mit dem Teufel zugehen, an einen gefälschten Euro-Schein zu geraten. Im europäischen Schnitt kommen 15 Fälschungen auf 10.000 Einwohner, heißt jede und jeder 666igste bekommt im Durchschnitt eine Blüte untergejubelt. Doch auch hier gilt: Der Teufel schläft nicht - und da Falschgeld nicht ersetzt wird, heißt es besser hinzuschauen und genauer zu greifen. Der Großteil der Bargeldzahler mache das zu wenig oder gar nicht, sagt Harald Deinhammer. Der Grund für diese Nachlässigkeit ist eigentlich ein positiver: "Das Vertrauen in den Euro ist so groß, dass die meisten ihre Banknoten nicht genau anschauen -viele kennen auch die Sicherheitsmerkmale nicht."

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Genau diese sind das Metier des in Linz aufgewachsenen Oberösterreichers, der in der Europäischen Zentralbank (EZB) als Teamleiter im Bereich Forschung und Entwicklung arbeitet. Wie sehr sich seine Arbeit an der Entwicklung neuer Sicherheitsmerkmale für Euro-Scheine im wahrsten Sinne des Wortes bezahlt macht, meldete die EZB am Freitag voriger Woche: Die Menge gefälschter Banknoten geht tendenziell zurück: Europaweit gab es im ersten Halbjahr 2019 um 16,6 Prozent weniger Fälschungen als im Vorjahreszeitraum. Rund 251.000 Euro-Blüten zogen Polizei, Handel und Banken in Europa in den ersten sechs Monaten 2019 aus dem Verkehr. Der Schaden sank auf 13,5 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2018 waren es noch 17,4 Millionen Euro, im zweiten Halbjahr des Vorjahres 14 Millionen gewesen. In Österreich ist der Rückgang noch höher, gab die Österreichische Nationalbank (OeNB) bekannt: Wurden im ersten Halbjahr 2018 noch 5938 Fälschungen aus dem Verkehr gezogen, waren es heuer bislang 4395 Stück -ein Minus von 1543 Fälschungen oder 26 Prozent.

Prinzipiell werde der Euro sehr gern gefälscht, sagt Deinhammer bei einem Treffen mit der FURCHE in der Cafeteria der EZB in Frankfurt. Die große Menge an im Umlauf befindlichen Banknoten und dass der Euro auch außerhalb Europas weit verbreitet ist, mache ihn für Fälscher attraktiv. In der EZB gibt es eine eigene Abteilung für Fälschungen, wo deren Herkunft und Herstellungsweise untersucht und die Gefährlichkeit, sprich wie echt eine Blüte ausschaut, eingeschätzt wird. Das Ergebnis dieser Untersuchungen bereite den Banknoten-Expertinnen und -Experten keine Sorgen, sagt Deinhammer: "Die Qualität der Fälschungen ist nicht beunruhigend. Bei einem halben Prozent der Fälschungen muss man genauer hinschauen, den Rest kann man auf den ersten Blick bzw. Griff sofort erkennen." Die europaweit mit Abstand am häufigsten gefälschte Banknote ist die 50-Euro-Banknote mit 54 Prozent. Auch in Österreich wurden im ersten Halbjahr dieses Jahres am öftesten gefälschte Fünfziger mit 2324 Stück (52,9 Prozent) in Umlauf gebracht. Es folgen 20-Euro-Banknoten (19,6 Prozent) und 100er-Scheine (19,2 Prozent), heißt es seitens der OeNB.

Die große Menge an im Umlauf befindlichen Banknoten und der Umstand, dass der Euro auch außerhalb Europas weit verbreitet ist, macht ihn für Fälscher attraktiv.

Die Nationalbank in Wien war es auch, über die Harald Deinhammer in seine Arbeit mit dem europäischen Geld kam. Die OeNB suchte Mitarbeiter für ein EU-gefördertes Forschungsprojekt zur Entwicklung von Sicherheitsmerkmalen an Banknoten. Deinhammer hatte Technische Chemie studiert. Nach seiner Diplom-und Doktorarbeit über Haftungsprobleme bei verzinkten Blechen arbeitete er bei der Linzer Voest in der Forschung und Entwicklung der Stahlverzinkung. Der Sprung aus der Stahlindustrie ins Geldgeschäft war weniger weit, als er auf den ersten Blick anmutet. In der Wiener Banknotendruckerei arbeitete Deinhammer an der Lasergravur von Druckplatten und den Sensoren für die Echtheitskontrolle von Banknoten. Bereits in seiner OeNB-Zeit kam er regelmäßig in die EZB nach Frankfurt, um sich in die ersten Überlegungen zu den Sicherheitsmerkmalen für die "Europa-Serie" des Euro einzubringen.

Schließlich übersiedelte er von der Donau an den Main und arbeitet mittlerweile seit bald zwölf Jahren daran, die Sicherheit der neuen Euro-Serie zu erhöhen. Euroscheine der Europa-Serie? Weißer Schimmel? Nein, der Name der Banknotenserie verdankt sich einem Porträt der mythischen Frauengestalt Europa, die sowohl als Hologramm als auch als Wasserzeichen die neuen Geldscheine noch fälschungssicherer machen soll. 2013 wurde die Serie mit einem neuen 5er-Schein gestartet. In den folgenden Jahren stellte die EZB die 10er-,20er-und 50er-Banknoten um; seit 28. Mai dieses Jahres werden die neuen 100-und 200-Euro-Scheine in Umlauf gebracht.

"Fühlen, Sehen, Kippen" - der Dreischritt zur Überprüfung der Echtheit der Banknoten klingt so einfach wie eins, zwei, drei, dahinter steckt aber jahrelange Forschungs- und Entwicklungsarbeit von Deinhammer und seinem siebenköpfigen Team. Eine -sowohl was die Nationalität als auch den beruflichen Hintergrund betrifft -gleichermaßen europäisch bunte Truppe wie ihr Produkt die Euro-Banknoten: Deinhammers Kollegen kommen aus Spanien, Frankreich, Italien, Dänemark, Deutschland und arbeiteten vorher als Physiker genauso wie in der Papier-und Zellstofftechnik, beispielsweise in der Windel-Entwicklung -der Euro wird großteils aus Textilabfällen hergestellt -, oder der Hologramm-Herstellung.

Dieses vielfältige Know-how fühlt, sieht, kippt man auch bei den neuen Hundertern und Zweihundertern: Wird das "Satelliten-Hologramm" auf der Vorderseite rechts oben gekippt, fliegen kleine Eurosymbole um die Wertzahl herum. Besonders stolz ist Deinhammer auf die "Smaragdzahl" auf den Geldscheinen links unten: Beim Kippen erscheint ein Lichtbalken, der über die Zahl fährt und dabei die Farbe von smaragdgrün zu tiefblau verändert.

21 Milliarden Banknoten

Sorgen, dass ihm die Arbeit ausgeht, braucht sich der Oberösterreicher in der EZB keine machen: Die Zahl der umlaufenden Banknoten erhöht sich jährlich um knapp acht Prozent und hat sich seit der Euroeinführung auf über 21 Milliarden Stück verdreifacht. Im Juni des Vorjahrs waren in der gesamten EU 1181,50 Milliarden Euro an Bargeld im Umlauf, davon rund 30 Milliarden in Österreich.

Deinhammer schätzt diese direkte Beziehung zum Produkt seiner Arbeit, das fast jede und jeder eingesteckt hat: "So wie ich früher bei meiner Arbeit mit verzinkten Blechen ein gutes Gefühl hatte, wenn ein Auto weniger rostet, so ist es jetzt sehr befriedigend, die besten und fälschungssichersten Euro-Scheine mitentwickelt zu haben." Nachdem die 500er-Scheine nicht mehr aufgelegt werden, ist die Europa-Serie mit den 100er-und 200er-Banknoten an ihr Ende gekommen."Wir machen trotzdem weiter!", sagt Deinhammer: "Wir bereiten neue Sicherheitsmerkmale für die nächste Serie vor." Recht hat, denn das haben Euro-Fälscher mit dem Teufel gemeinsam -sie schlafen nicht.


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