"So gut wie keine Lösungen"

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Der Präsident der Wiener Arbeiterkammer, Herbert Tumpel, hadert im furche-Gespräch mit der derzeitigen Arbeitsmarktpolitik.

Die Furche: Die Arbeitslosenstatistik weist Monat für Monat neue Rekordzahlen auf. Wie zufrieden sind Sie mit der Arbeitsmarktpolitik?

Herbert Tumpel: Absolut unzufrieden. Wir hatten in der Geschichte der Zweiten Republik noch nie so viele Arbeitssuchende, und die Regierung bietet dafür so gut wie keine Lösungsansätze. Die Gegenmaßnahmen, die verkündet worden sind, reichen nicht aus, um diese Entwicklung abzubremsen. Wir bräuchten dringend ein Konjunkturbelebungspaket, das diesen Namen auch verdient. Das von der Regierung vorgestellte bringt nicht die notwendigen Maßnahmen. Die Arbeiterkammer fordert ein weitergehendes Konjunkturpaket, und zwar eine Milliarde Euro zusätzlich für den Ausbau von Straße, Schiene und Telekommunikation. Und eine sofortige Lohnsteuersenkung für die kleinen und mittleren Einkommensbereiche. Das Wirtschaftsforschungsinstitut bestätigt ja, dass das die zwei wichtigsten Maßnahmen zur Wachstums- und damit auch zur Beschäftigungsankurbelung sind. Dieses Programm hätte den Effekt, dass 30.000 Menschen zusätzlich einen Arbeitsplatz bekommen würden.

Die Furche: Die angesprochenen Maßnahmen setzen bei der Konjunkturbelebung, nicht bei den Arbeitslosen selbst an. Was bringen Ihrer Ansicht nach Maßnahmen wie die Änderung der Zumutbarkeitsbestimmungen, die sich an die Jobsuchenden direkt wenden?

Tumpel: Es bringt nichts, wenn wir nur die Zumutbarkeitsbestimmungen ändern, zuerst müssen die Arbeitsplätze vorhanden sein. Und da fehlt es vollkommen am Programm. Besonders skandalös ist dabei, dass man im Hinblick auf die Beschäftigung der jungen Menschen nichts macht.

Die Furche: Mit den zusätzlichen 25 Millionen Euro für Jugendbeschäftigung sind Sie also nicht zufrieden?

Tumpel: Es ist viel zu wenig. Wir brauchen 100 Millionen Euro. Für all die Jugendlichen, die eine Lehre machen wollen, sind qualitative Angebote nötig. Wir können denen, die keine Lehrstelle finden, nicht nur immer wieder einen zehnmonatigen Lehrgang in einem Auffangnetz anbieten, sondern wir brauchen Institutionen, in denen sie die Chance bekommen, eine Ausbildung fertig zu machen. Nach der derzeitigen Rechtslage gibt es das Auffangnetz immer nur für zehn Monate, danach muss es per Verordnung wieder neu festgelegt werden. Daher kann den Jugendlichen niemand garantieren, dass sie in so einer Einrichtung ihren Lehrabschluss machen können.

Die Furche: Wie stehen Sie zu den neuen Zumutbarkeitsbestimmungen?

Tumpel: Sie sind den Anforderungen angepasst worden und bringen durch den Gehaltsschutz durchaus Verbesserungen. Aber das ist ein Nebenschauplatz angesichts zum Beispiel der enormen Zahl an Lehrstellensuchenden.

Das Gespräch führte Claudia Feiertag.

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