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Sparen bei Versprechungen

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Auf den Zahn gefühlt hat der Katholische Familienverband den fünf Parlamentsparteien. Wie steht's um deren Familienpolitik? Welcher Partei sollen die Familien am 17. Dezember ihre Stimme geben?

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Auf den Zahn gefühlt hat der Katholische Familienverband den fünf Parlamentsparteien. Wie steht's um deren Familienpolitik? Welcher Partei sollen die Familien am 17. Dezember ihre Stimme geben?

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Die Parteien haben ihre familienpolitischen Karten auf den Tisch gelegt. Der KFÖ ließ ihnen einen Fragenkatalog zukommen, die Antworten sind in der neuesten Ausgabe der Zeitung „Ehe und Familie” veröffentlicht. Es geht um die Steuerfrage und um mögliche neue Einsparungen auch im Familienbereich.

Die SPÖ teilte mit, daß sie in der Steuerfrage „unsere Familien nicht durch leere Versprechungen verunsichern” wolle. Jede neue steuerliche Maßnahme für Familien würde „das Budget enorm belasten”, was angesichts der notwendigen Budgetkonsolidierung „unverantwortlich” wäre. Vielmehr tritt die- SPÖ für „Anpassungen” bei den bestehenden Familienleistungen ein, um das derzeit „hohe Niveau” in der Familienpolitik auch in Zukunft halten zu können. Dazu braucht es nach Ansicht der SPÖ eine „Staffelung der Geburtenbeihilfe nach dem Einkommen”, die „Vereinheitlichung der Familienbeihilfe auf mittlerem Niveau” und eine „Beschränkung für Studenten auf die Regelstudiendauer”. Den Grund für diese Maßnahmen sieht die SPÖ nicht nur im „gesellschaftlichen Wandel” und in der „Familienstruktur”. Sie verspricht durch die Änderungen auch mehr „Zielgenauigkeit, soziale Gerechtigkeit und Treffsicherheit”.

SPÖ: Einheitliche Beihilfe für jedes Alter Nähere Details über die „Vereinheitlichung der Familienbeihilfe auf mittlerem Niveau” erfährt man in den „Linien für Österreich”, die der Parteichef, Bundeskanzler Franz Vranitzky, präsentiert hat: Durch einen Wegfall der bisherigen „Altersstaffel” soll die Familienbeihilfe für alle Kinder vereinheitlicht werden, eine Idee, die bereits Finanzminister Andreas Staribacher in die Budgetverhandlungen eingebracht hatte. Derzeit beträgt die Familienbeihilfe für Kinder unter zehn Jahren 1.300 Schilling, für Kinder über zehn Jahre 1.550 Schilling und für Studenten ab 19 Jahren 1.850 Schilling. Künftig soll es für jedes Kind 1.400 Schilling geben. Für Kinder unter zehn Jahren würde das eine Erhöhung um 100 Schilling bedeuten, dafür gäbe es für Kinder über zehn Jahren um 150 Schilling, für Studenten um 450 Schilling weniger als bisher.

Die ÖVP verweist in ihrer Antwort vor allem auf das bisher Erreichte, wie die Anhebung des Alleinverdiener-Absetzbetrages oder die Kinder-absetzbeträge, die nach einem Urteil des Verfassungsgerichtshofes vor drei Jahren eingeführt worden waren. Außerdem habe sich die Volkspartei bei ihrem Bundesparteitag festgelegt, daß „jedem Familienmitglied das Existenzminimum steuerfrei zur Verfügung steht”. Dieses Prinzip gelte „ganz besonders für Kinder, umso mehr es gilt, ihre Lebenschancen zu wahren”. Ziel der ÖVP sei daher die „steuerliche Freistellung des nach Alter gewichteten Existenzminimums für jedes Familienmitglied”. Da jedoch das Steuer-und das Transfersystem „kommunizierende Gefäße” seien, müsse gleichzeitig mit der steuerlichen Entlastung der Familie „eine Neu-strukturierung der familienbezogenen Transfers durchgeführt werden, um diese treffsicher zu gestalten”.

Außerdem will die ÖVP den Studenten „nur mehr bis zur Beendigung der Mindeststudiendauer (mit einer kleinen Toleranzgrenze) die Familienbeihilfe ausbezahlen”. Ansonsten habe man sich „im Interesse der Familie” zum Ziel gesetzt, bei der kommenden Budgetsanierung „keine weiteren Einsparungen im Familienbereich vorzunehmen”. Die

Familien hätten bereits im Vorjahr einen erheblichen Beitrag zur Budgetsanierung geleistet. Damals seien „aufgrund der ernsten Budgetsituation und im Interesse zukünftiger Generationen” auch im Familienbereich Einsparungen notwendig gewesen. Trotz dieser Sparmaßnahmen liege Östereichs Familienförderung „international gesehen noch immer im Spitzenfeld”.

Weit negativer als die ÖVP sehen die Freiheitlichen die aktuelle familienpolitische Situation. Es sei bekannt, daß in Österreich mehr als 100.000 Familien mit mehr ajs 200.000 Kindern in Armut leben. Und die Entscheidung eines Paares für oder gegen ein Kind sei längst „keine prinzipielle Frage”, sondern vor allem „auch eine Frage der finanziellen Möglichkeiten”.

Die Freiheitlichen sprechen sich deshalb für eine „steuerliche Entlastung” der Familien durch Einführung eines sogenannten „Familiensplittings” aus. Dabei würden alle Einkommen einer Familie einschließlich der Familienbeihilfe zusammengerechnet. Dann wird die Bemessungsgrundlage dieses Familien-Einkommens durch die „Splitting-Faktoren” (Faktor 1 für jeden Erwerbstätigen und Pensionisten, Faktor 0,6 für jedes Kind und den nicht-erwerbstätigen Ehepartner) dividiert. Das so ermittelte gewichtete Pro-Kopf-Einkommen wird - unter Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums für jedes Familienmitglied - dann dem Einkommensteuertarif unterzogen. Abschaffen wollen die Freiheitlichen die „doppelten Kinderabsetzbeträge für getrennt lebende Eltern”. Ansonsten wolle man „keinesfalls” im Rahmen der Budgetsanierung irgendwelche Einsparungen im Familienbereich vorschlagen.

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