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Sparinvest und die Ausländer

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Man mag zu den in Österreich tätigen ausländischen Investitionsfonds und ihren manchmal allzu aggressiven Werbemethoden stehen wie man will: wenn diese Möglichkeit der Geldanlage in den letzten Jahren zunehmend Eingang in alle Bevölkerungsschichten gefunden hat, ist das ohne Zweifel zum überwiegenden Teil ihr eigenes Verdienst. Der älteste österreichische Investmentfonds ist der zu den insgesamt fünf CA-Fonds zählende Selecta, er wurde im Dezember 1956 zu einem Preis von 500 Schilling emittiert und notiert derzeit mit einem Rechenwert von rund 830 Schilling je Anteil. Es handelt sich um einen reinen Aktienfonds, der zum Ende des letzten Geschäftsjahres (31. Oktober 1968) rund ein Viertel des Fondsvermögens in ausländischen und rund 65 Prozent in österreich- schen Werten angelegt hatte, der Rest entfiel auf Anlageguthaben und Erträgnisse. Zweitältester der unter der Patronanz der Creditanstalt-Bankverein stehenden Fonds ist der im März 1960 gegründete Securta; bis 1968 war sein Portefeuille international gestreut, seither enthält es ausschließlich amerikanische und kanadische Aktien sowie auf US- Dollar lautende Anleihen. Der Rechenwert dieses Fonds liegt mit derzeit knapp 460 Schilling je Anteil um fast 10 Prozent unter dem seinerzeitigen Emissionspreis von 500 Schilling; noch Ende September vorigen Jahres war er mit 573 Schilling nicht unbeträchtlich darüber gelegen, doch hat sich die Baisse an den amerikanischen Börsen bei einem Fonds, der auf die Anlage in amerikanischen Werten spezialisiert ist, naturgemäß stark bemerkbar gemacht, zumal das Timing der Umstellung unglücklicherweise so gewählt wurde, daß diese ziemlich genau am Höhepunkt der Kursentwicklung erfolgte.

Dritter im Bunde ist der im März 1961 gegründete Segesta, dessen Portefeuille sich bis vor kurzem aus Aktien und Wandelanleihen ausammensetzte. Auch er war seinerzeit zu 500 Schilling emittiert worden, doch sank sein Rechenwert inzwischen auf 390 Schilling; im Zuge der Bemühungen der Creditanstalt, ihren Fonds mehr Profil zu geben, wurde er per 1. Oktober in „Allrent“ umbenannt. Gleichzeitig erfolgte eine totale Umschichtung in den Vermögenswerten mit dem Ziel, einen reinen Rentenfonds — ähnlich dem noch zu besprechenden Combirent der Girozentrale — zu schaffen. Ein Split soll ihn billiger machen, um auch kleinere Geldbörsen anzulocken.

Ein besonderes Sorgenkind ist Multivalor — gelegentlich auch nicht ganz zu Unrecht als „Multimalheur“ bezeichnet —, der schon bei der Gründung unter einem nicht sehr glücklichen Stern stand. In sein Portefeuille mußten damals teilweise aus politischen Gründen Werte aufgenommen werden, die einer strengen Prüfung auf ihre Erfolgsaussichten nicht immer standgehalten hätten. Multivalor blieb denn auch, trotz umfassender und erfolgreicher Umschichtungen, der Fonds mit der breitesten Streuung, und zwar sowohl nach Ländern als auch nach Branchen. Per 31. Oktober 1968 entfielen von den rund 186 Millionen Schilling Fondsvermögen 32 Prozent auf inländische und 39 Prozent auf ausländische Aktien, 14 Prozent auf österreichische Wandelanleihen, 6 Prozent auf Fremdwährungsanleihen und der Rest auf Anlageguthaben und Erträgnisse. Mit einem Rechenwert von rund 350 Schilling notiert Multivalor am tiefsten von allen CA-Fonds; sein Ausgabepreis betrug im Juni 1961 wie bei allen anderen 500 Schilling.

Auch der zuletzt, 1963, gegründete Interselect hatte heuer eine negative Kursentwicklung zu verzeichnen. Die internationale Börsensituation ließ diesen Fonds, der in ausländischen Aktien und Fremdwährungsanleihen investiert und sein Schwergewicht dabei auf amerikanische Werte legt, von 516 Schilling Ende Oktober 1968 auf derzeit 460 Schilling pro Anteil und damit unter den Emissionspreis (500 Schilling) sinken.

Eigentlich nicht unter die österreichischen Fonds einzureihen ist der Austro-Internatio- nal-Investmentfonds, auch wenn das österreichische Credit-Institut als ausschließliche Depotbank und als Treuhänder fungiert. Verwaltungsgesellschaft dieses bereits 1959 ins Leben gerufenen Fonds ist die Austro-Invest-

ment-Fonds-Verwaltungs-Anstalt in Liechtenstein. Mit einer Verminderung des Fondsvermögens kann auch der Austro-International- Invest nicht gerade zu den Spitzenreitern in der Gunst der österreichischen Anleger gerechnet werden. Die Umstellung des Portefeuilles von zunächst ausschließlich österreichischen Werten auf internationale Papiere kam mit 1. September 1968 viel zu spät, um den Niedergang des Austro-Invest — der parallel mit jenem der Wiener Börse erfolgte — rechtzeitig zu stoppen.

Der einzige heimische Fonds, der dem Ansturm der Ausländer nicht nur standhalten, sondern sogar überaus erfolgreich begegnen konnte, ist der „Sparinvest-Miteigentums- fonds in Wertpapieren“, als dessen Depotbank die Girozentrale fungiert. Ein dynamisches Management und eine erfolgreiche Gestionie- rung des erst im Mai 1965 gegründeten und auf maximale Ausschüttung konzipierten Fonds ließen ihn bereits knapp vier Jahre später — im Jänner 1969 — zum größten österreichischen Fonds werden. Seit der Beteiligung der Raiffeisen-Organisation an der Sparinvest-Kapital-Anlagengesellschaft m. b. H. im Sommer heurigen Jahres schaltet sich auch diese Geldinstitutsgruppe erfolgreich in den Vertrieb ein. Die weitere rasante Aufwärtsentwicklung läßt sich am besten daran ersehen, daß sich das Fondsvermögen des Sparinvest im ersten Halbjahr 1969 weit mehr als verdoppelt hat und per Ende September sogar schon 395 Millionen Schilling gegenüber „nur“ 153,6 Millionen Schilling zu Jahresanfang erreichte. Trotz der Ausschüttungsorientierung — zuletzt wurden 22 Schilling je Anteil gezahlt — gestaltete sich auch die Wertentwicklung durchaus positiv.

Ein zweites Kind der Sparinvest-Kapitalan- lagegesellschaft ist der schon erwähnte „Combirent“, der Anfang Mai emittiert wurde. Die um 200 Schilling angebotenen Zertifikate haben inzwischen schon die 208-Schilling- Marke erreicht, das Fondsvermögen betrug nach Ende der Erstemissnonszeit 166,8 Millionen Schilling und ist inzwischen auf über 190 Millionen Schilling gestiegen. Als Ziel der Ge- stionierung wird eine Maximierung der Ausschüttung angesehen, die Rendite soll zumindest um acht Prozent liegen.

Soviel zu der eigentlich nur in Ausnahmefällen erfreulichen Entwicklung der österreichischen Fonds. Wesentlich mehr Staub aufgewirbelt haben in den letzten Jahren die amerikanischen und pseudoamerikanischen Fonds, und zwar vor allem wegen ihrer unkonventionellen und aggressiven Werbemethoden, Sie machten Schluß mit der von den Geldinstituten vertretenen Meinung, Wertpapiere dürften nur über den Bankschalter verkauft werden und suchten ihre potentiellen Kunden zu Hause auf, statt zu warten, bis sie von selber kämen. Daß die Fonds und deren Anlageberater sich damit den Haß der meisten Geldinstitutsgruppen zuzogen, versteht sich fast von seihst, war es doch mit deren Beschaulichkeit auf einmal vorbei; fast ebenso selbstverständlich ist für den gelernten Österreicher, daß mit provisorischen Maßnahmen versucht wurde, ihnen das Wasser abzugraben. Von der Nationalbank über den Wettbewerbsausschuß der Geldinstitute bis zum Finanzministerium wurden alle Stellen bemüht, die mit der Aufgabenstellung eigentlich gar nichts zu tun hatten. Eine klare und saubere Lösung aber, wie sie etwa das deutsche Investmentfondsgesetz darstellt, läßt immer noch auf sich warten.

Das Kennzeichen der meisten in Österreich vertriebenen (pseudo-)amerikanischen Fonds ist, daß sie dem klassischen Prinzip des Investmentfonds—nämlich der Risikobetreuung und der Schaffung einer „Aktie des kleinen Mannes“ — nicht mehr gerecht werden. Der harte Konkurrenzkampf läßt nur die Erfolgreichsten bestehen, so daß ganz im Gegenteil die Chance — und damit die Risikoakkumulation — gesucht werden muß. Hauptangriffspunkte gegen die Fonds sind die nicht immer ganz stubenreinen und fairen Methoden der auf Provisionsbasis arbeitenden Vertreter — auch „Anlageberater“ genannt —, gegen die sich der Kreditapparat zur Wehr setzt.

Die größte und erfolgreichste in Österreich arbeitende ausländische Gruppe ist gleichzeitig die bestgehaßte: fast alle Angriffe richten sich gegen die IOS — International Oversas Services —, und auch der jüngste Bannstrahl der Nationalbank traf vor allem diese Fonds: nur die IOS verkauften rund 70 Prozent ihrer Verträge im Rahmen der nun verbotenen Sparprogramme, wogegen die anderen Fonds vor allem Kassageschäfte abschlossen. Nachdem der „Fund of Funds“ als Dachfonds nahezu weltweit verboten wurde und für ihn auch in Österreich nicht mehr geworben werden darf, werden vor allem der Fonditälia, der Investors Fund und der IIT angeboten. Zumindest was den Bekanntheitsgrad anbelangt, dürfte die Founders-Gryphon-Gruppe hinter der IOS an zweiter Stelle stehen. Im Gegensatz zur IOS, die sich der Allgemeinen Wirtschaftsbank anschloß, verkauft Founders über alle Banken und steht mit den meisten auch in einem recht amikalen Verhältnis. Founders selbst ist einer der ältesten ameri-kanischen Fonds, steht im Gegensatz zur IOS unter der strengen Kontrolle der amerikanischen SEC und ist der wohl konservativste Investmentfonds der Welt: er legt jeden zufließenden Dollar in vierzig feststehenden „blue Chips“ an und übersteht damit vor allem Baisseperioden recht gut, wogegen er in Haussezeiten Winter spekulativeren Fonds zurückbleibt. Gryphon ist die aggressive Ergänzung für Anleger, die höhere Chancen — bei höherem Risiko — wählen wollen.

Neben diesen beiden Gruppen werden noch eine Unzahl anderer Fonds in Österreich vertrieben, erwähnenswert sind vor allem die Chainninig-Gruppe, die, ebenso wie die Initrag- Fonds, to erster Linie von der Ersten österreichischen Spar-Casse betreut wird, ferner die Value-Line-Fonds und schließlich der auch an der Wiener Börse notierte deutsche Con- centra. Dazu kommen noch drei ebenfalls in Wien kotierte Investmentaktiengesellschaften, nämlich die holländischen Fonds Robeco, Rolinco (Wachstumswerte) und Utilico (Ver- s orgungswer te).

Der allerjüngste Trend in Österreich geht zur extensiven, kombinierten Nützung möglichst aller Steuervorteile, die Vater Staat beim Erwerb von Wertpapieren, beim Abschluß von Lebensversicherungen und bei der Absetzung von Kreditzinsen bietet. Neu daran ist vor allem, daß nun auch Fondsvertreter mit diesen Möglichkeiten von Haus zu Haus gehen und sie gegen eine Provision von 5 Prozent (zuzüglich 3 Prozent Versicherungsprovision) den Interessenten anbieten, wobei sie auch die Abwicklung übernehmen.

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