7119114-1996_27_08.jpg
Digital In Arbeit

Steuermittel verschwinden im Milliardengrab

Werbung
Werbung
Werbung

Wieviele Österreicher wußten wohl, daß sie mit ihrer Stimme für den EU-Beitritt zugleich dem Anschluß an Euratom, die Europäische Atomgemeinschaft, zustimmten? Mit der Verpflichtung Österreichs, alles zu tun, um den Aufbau einer mächtigen europäischen Atomindustrie zu fördern! Auch mit Steuergeld, versteht sich, um so die Vollendung im Bau befindlicher und projektierter Atomkraftwerke rings um uns - in Grenznähe - mitzufinan-zieren, obwohl sie für unser Land ein Risiko unvorstellbaren Ausmaßes bilden.

Doch eben jetzt wird die nächste „Hinterslichtführung” in Atomfragen vorbereitet. Sie wird gleichfalls kostspielig werden und kaum ein Minister oder Parlamentarier wird wissen, worauf wir uns dabei einlassen: Auf die Kernfusionsforschung. 840 Millionen Ecu (etwa elf Milliarden Schilling, davon 80 Millionen Schilling pro Jahr aus Österreich) hat die EU dafür gewidmet.

Nun soll ein Assoziationsvertrag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften mit Euratom abgeschlossen werden, der das Forschungsvolumen unabhängig von den 80 Millionen Schilling auf 364 Millionen Schilling für drei Jahre (also mindestens 120 Millionen Schilling jährlich) anwachsen läßt: zwölfmal mehr als bisher - in der Zeit der Sparpakete, in der den Armen genommen wird, wo's geht und wo's auch nicht mehr geht!

Ziel von EU und Euratom ist die möglichst baldige Gewinnung von elektrischer Energie aus einem Kernfusionsreaktor, was nach Meinung der zuständigen EU-Generaldirektion etwa im Jahr 2040 (!) erstmals gelingen könnte. Die Vorsicht ist verständlich, denn die einzige bisher geglückte Fusion ist die in der V\ asserstoff-Bombe. Der Weg von der Bombe zum Reaktor zieht sich: von den 1954 erhofften fünf bis zu den heute vermuteten 50 bis 60 Jahren.

Das' ganze Gespinst von Irreführungen (zum Beispiel, daß die Fusion das COj-Problem lösen könnte).

-1mit dem erneut den Österreichern weitere Millionen aus den Taschen gezogen werden, treibt uns die Zornröte ins Gesicht. Versteht der zuständige Minister etwas von Fusion? Oder der Kanzler? Oder die große Mehrzahl der Parlamentarier? Man verläßt sich auf ..empfohlene Experten”. Die Nichtempfohlenen, etwa aus dem Forum Österreichische V\ issenschaftler für den Umweltschutz, werden ferngehalten.

Mittel, die für erneuerbare Energien fehlen

Die Energiegewinnung aus der Fusion wäre mit denselben Sünden belastet wie die aus der Atomspaltung: vermehrte Radioakthitäfc Verführung zu nuklearer Rüstung - einer der Gründe, warum zivile und militärische Lobbies so interessiert daran sind, Monopolisierung von Milliarden, die der Forschung und Entwicklung erneuerbarer, umweltfreundlicher Energiequellen entzogen werden, zentralisierte Großtechnologie, die allein ihrer Gefährlichkeit und \ erwundbarkeit wegen zum Polizei- und Überwachungsstaat führt. Sie würde ebenso zwangsläufig die Umweltzerstörung beschleunigen und niemand kann ahnen, welche Risken für Mensch und Natur diese in den Kinderschuhen steckende Technologie noch birgt (etwa Störung der Energiebilanz der Erde infolge Übererwärmung).

Freilich, es gibt einen Fusionsreaktor der herrlich funktioniert: die Sonne. Seit Milliarden Jahren strahlt sie das lO.OOOfache des derzeitigen Welt-Energieverbrauchs auf die Erde. Kein Naturgesetz hindert uns, ein, zwei oder drei Zehntausendstel davon für uns zu nutzen. Die Methoden dafür sind bekannt und erprobt. Kluge Menschen und gar nicht wenige davon in Österreich, verwenden Sonnenenergie in winzigen, doch für ihren Bedarf reichlichen Mengen: umweltfreundlich und stets erneuerbar, mindestens für weitere zwei Milliarden Jahre.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung