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Stille in den Tintentürmen

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Als ernst, aber nicht hoffnungslos stuft man bei der UNIDO in Wien die Situation nach der Austrittserklärung der USA ein.

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Als ernst, aber nicht hoffnungslos stuft man bei der UNIDO in Wien die Situation nach der Austrittserklärung der USA ein.

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Zentrale Aussage von Generaldirektor Mauricio de Maria y Campos bei der sechsten Generalkonferenz der UN-Organisation für industrielle Entwicklung (UNIDO): Obwohl das Budget um 25 Prozent gekürzt werden muß, können alle wichtigen Programme weitergeführt werden. Möglich ist das nur, weil einige Mitglieder, vor allem europäische Länder und Japan, freiwillig mehr zahlen. Schon jetzt werden die Entwicklungshilfe-Projekte der UNIDO nicht aus dem ordentlichen Budget, sondern über den „Industrial Development Fund" finanziert. Österreich zahlte 1995 zusätzlich zum Mitgliedsbeitrag von zehn Millionen Schilling (0,9 Prozent des UNIDO-Budgets) 17 Millionen in diesen Fonds ein.

Konkret bedeutet der US-Austritt per 31. Dezember 1996 rund 29 Millionen Dollar weniger für die kommende zweijährige Budgetperiode; zumindest auf dem Papier. Denn tatsächlich sind die USA mit ihren Beitragszahlungen arg im Rückstand und schulden der UNIDO bereits 40 Millionen Dollar. Dennoch liegt die UNIDO, was die tatsächlichen Zahlungseingänge betrifft, mit einer Quote von 51,59 Prozent zur Jahresmitte im guten Mittelfeld. Viel besser geht es nur jenen UN-Organisationen, bei denen die Vereinigten Staaten nicht ein Viertel des Budgets, sondern wesentlich weniger - 4,5 Prozent bis 8 Prozent - beizutragen haben.

Die gute Zahlungsmoral vieler anderer Mitgliedsländer wertet UNIDO-Pressesprecherin Donatella Magliani-Streitenberger als Anerkennung für die Leistungen der UNIDO. Umso energischer weist sie Behauptungen zurück, die Vereinigten Staaten hätten in Wahrheit nicht wegen ihrer eigenen Budgetnöte, sondern wegen der Ineffizienz der UNIDO dieser Organisation den Rücken gekehrt. „Wir konnten in den letzten beiden Jahren unsere Produktivität um 20 Prozent steigern. Bei uns gelten dieselben Managementprinzipien wie in der Privatwirtschaft. Welche andere UN-Organisation kann das von sich behaupten?" Magliani räumt allerdings ein, daß innerhalb der UNIDO-Verwaltung der Prozeß des Umdenkens noch nicht abgeschlossen sei. Aber der Reformwille ist vorhanden und es gibt bereits meßbare Erfolge, die immerhin den zweiten Austritts-Kandidaten Dänemark zum Bleiben bewegen konnten. Was auch immer die wahren Motive für den Schritt der USA waren: Ein ermutigendes Signal für den Reformprozeß in anderen UN-Organisationen ist er zweifellos nicht.

Hauptleidtragende der US-Entscheidung sind die UNIDO-Mitarbeiter in Wien. Durch die Straffung der Organisation in den letzten beiden Jahren wurde der Personalstand von 3.500 auf 950 verringert.

Nun müssen aufgrund der Budgetkürzung in den nächsten Monaten weitere 230 Bedienstete gehen. Die UNIDO bemüht sich um einvernehmliche Lösungen: Zunächst sucht man Freiwillige, denen man als besonderen Anreiz eine um 50 Prozent erhöhte Abfertigung bietet, und zwar-auch dann, wenn sie nicht zum quasi „pragmatisierten" und damit unkündbaren Personal gehören.

Personalchef Kreydt denkt dabei vor allem, aber nicht ausschließlich, an ältere Mitarbeiter mit Frühpen-sionsanspruch. 230 Freiwillige werden sich allerdings nicht finden, in der zweiten Phase wird es zu einseitigen Kündigungen kommen.

Sieht so Wiens „blühende Zukunft" als UNO-Stadt aus? Die großen Visionen mancher Wiener Stadtpolitiker sind zumindest im Augenblick meilenweit von der Realität entfernt. Bleibt zu hoffen, daß es wirklich gelingt, weitere UN-Organisationen nach Wien zu holen. Sonst könnte es bald recht ruhig werden im „Vienna International Centre".

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