Tu Gutes und sprich darüber. Aber wie?

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Soziale Verantwortung von Firmen bedeutet in Europa etwas ganz anderes als in den USA. Vor allem das Thema Kosten spielt eine gewichtige Rolle.

Unternehmen haben das Ziel, Profite zu generieren. Um mehr sollen und können sie sich auch nicht kümmern. Falsch. Auch in noch so neoliberale Kreise hat sich seit einigen Jahren etwas eingeschlichen, was gemeinhin als Corporate Social Responsibility bezeichnet wird, kurz CSR. Dieses Konzept besagt, dass ein Unternehmen als Teil der Gesellschaft auch etwas für diese zu tun hat, was nicht der regulären Geschäftstätigkeit zugerechnet werden kann. Nach dem Motto "Tu Gutes und sprich darüber" (siehe auch Artikel unten) kommen immer mehr Unternehmen auf die Idee, ihr Bild in der Öffentlichkeit mit positiven sozialpolitischen Maßnahmen aufzupolieren. Negativbeispiele wie der Plan des Mineralölkonzerns Shell, seine ausrangierte Ölplattform Brent Spar im Atlantik zu versenken, was 1995 von nichtstaatlichen Organisationen wie Greenpeace vereitelt wurde, haben die Tendenz, ein "gutes" Unternehmen sein zu wollen, ordentlich verstärkt.

Vergangene Woche fand im Haus der Industrie in Wien ein dreitägiger Kongress des European Business Ethics Network "EBEN" zum Thema "Ethik in und von globalen Organisationen" statt, bei dem vorrangig CSR-Themen behandelt wurden. Peter Eigen, Gründer von "Transparency International", einer Organisation, die sich dem Kampf gegen die Korruption verschrieben hat, sprach in seiner Eröffnungsrede über die Praxis der Weltbank vor 1999. Laut Eigen war es für westliche Staaten - außer den USA - nichts Ungewöhnliches, Korruption im Ausland zu billigen. "Innerhalb der OECD-Länder war vor 1999 nur die interne Korruption verboten", sagt Eigen. So konnten Firmen aus OECD-Staaten im Ausland beispielsweise Schmiergelder zahlen, ohne dass dies gerichtliche Folgen nach sich zog. Allein die Vereinigten Staaten von Amerika haben seit 1977 ihren Firmen verboten, sich im Ausland durch Korruption Aufträge zu sichern. Präsident Jimmy Carter hat den so genannte "Foreign Corrupt Practises Act" erlassen, der ausländische Korruption seither unterbindet.

Von Saulus zu Paulus

Peter Eigen begann 1968 für die Weltbank zu arbeiten und war von 1988 bis 1991 Direktor der Weltbank für Ostafrika im Regionalbüro in Nairobi. Auf Grund seiner Einblicke in die gängige Praxis der internationalen Wirtschaftsbeziehungen wollte Eigen etwas gegen die Korruption unternehmen. Die Bekämpfung der Korruption wurde Eigen in seiner Amtszeit von den Eigentümern der Weltbank jedoch untersagt: "Die wichtigsten Eigentümer der Weltbank waren Deutschland, Frankreich, England und Japan. Die wollten ihren Firmen die ausländische Korruption nicht verbieten, wurde dies doch als allgemein gültige Praxis betrachtet, um Aufträge zu bekommen", sagt Eigen. Unabhängig von der Weltbank - Eigen schied 1991 aus dem Unternehmen aus - gründete der Korruptions-Gegner 1993 die Organisation "Transparency International". Heute bekämpft die Weltbank selbst vehement die internationale Korruption: Präsident Paul Wolfowitz hat sich den Kampf gegen die Korruption zur Hauptaufgabe gemacht. Ein Wandel von Saulus zu Paulus, wie es Eigen in seiner Eröffnungsrede bezeichnete.

Im Rahmen der EBEN-Konferenz gab respACT Austria in Form einer Podiumsdiskussion Vertretern aus Wirtschaft und Politik die Möglichkeit, über CSR zu debattieren. Klaus Pöttinger, stellvertretende Präsident der Industriellenvereinigung, betonte dabei die Wichtigkeit von CSR und, dass es sich hier nicht um Sozialromantik, sondern um einen Managementansatz handle. Maßnahmen, die Firmen für die Gesellschaft leisten, sollen weiterhin auf freiwilliger Basis geschehen, und nicht von der Politik verordnet werden, fordert der Vizepräsident. Als Vertreter eines Paradeunternehmens in Sachen CSR saß Christian Seiwald, Geschäftsführer von Novartis Austria, am Podium. Der weltweit tätige Pharmakonzern Novartis International AG mit Hauptsitz in Basel verteilte allein 2005 kostenlos Medikamente im Wert von 696 Millionen US-Dollar, bei einem Nettoumsatz von 32,2 Milliarden US-Dollar. Als einziger Vertreter der Politik war Bruno Rossmann, Nationalrats-Kandidat der Grünen, erschienen, der davor warnte, CSR allein für die "Überpinselung von korrodiertem Unternehmenslack" zu verwenden. Rossmann betonte, dass Freiwilligkeit im CSR-Bereich nicht ausreicht. Gesetzliche Verordnungen müssen die Firmen zur Einhaltung gewisser Standards veranlassen, um CSR auch in den Reihen der KMU, der kleinen und mittleren Unternehmen, zu verankern.

Frauen als Vorbilder

Der zweite Tag der EBEN-Konferenz stand großteils im Zeichen der Frauen: Patricia Werhane, Professorin für Wirtschaftsethik an der DePaul Universität in Chicago/Illinois, gab Einblicke in ihre jüngste Studie "Women Leaders in Global Corporations". Sie kam zu der Erkenntnis, dass jene Frauen, die bereits heute Top-Management-Positionen inne haben, moderne Führungsstile und CSR täglich vorleben, also Vorbilder für ihre männlichen Kollegen seien. Transparenz, Werte, Kompromisslosigkeit und ein harter aber gerechter Führungsstil, der nicht auf Demütigung fußt, seien laut Werhane für diese Top-Managerinnen charakteristisch.

Künftige Entwicklungen werden zeigen, ob die Inhalte von Veranstaltungen wie der EBEN-Konferenz auch in den Betrieben Einzug halten, und Wirtschaftsethik nicht abseits der eigentlichen Geschäftstätigkeit stattfindet, sondern Teil davon wird.

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