Über Familienunternehmen

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Anlässlich der Präsentation eines Buches über die bewegte Geschichte einer der ältesten Unternehmerfamilien Österreichs war ich eingeladen, einige Gedanken über Familienunternehmen beizusteuern. So deutlich wie nie zuvor wurde mir dabei bewusst, wie entscheidend die besondere Rolle dieses Unternehmenstypus für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft ist. Weil jedoch unser wirtschaftliches Weltbild in den Medien, in der Politik wie in der Wissenschaft durch die Orientierung am Kapitalmarkt- und Börsengeschehen geprägt ist, bleiben Familienunternehmen, in denen der ganz große Teil der Wertschöpfung entsteht, oft unbeachtet.

Dabei liegt das Schicksal von mehr als zwei Drittel der in ihren Marktnischen am Weltmarkt führenden Unternehmen in den Händen von Familien. Eben weil uns das meist verborgen bleibt, nennt sie der deutsche Innovations-Forscher Hermann Simon "Hidden Champions". Sie schaffen nachgewiesenermaßen mehr Arbeitsplätze - und mehr inländische Arbeitsplätze - als Unternehmen im Besitz anonymer Kapitaleigner. So betrug das Beschäftigungswachstum bei den 500 größten Familienunternehmen Deutschlands in den Jahren von 2006 bis 2012 nicht weniger als 11 Prozent, während die im Aktienindex DAX konzentrierten Unternehmen ihre Mitarbeiterzahl um 7,3 Prozent reduzierten.

Familienunternehmen der Industrie reagierten flexibler auf die Folgen der Finanzkrise und erwiesen sich oft als widerstandsfähiger. Sie legen eine höhere Investitionsintensität an den Tag, agieren nachhaltiger und vermeiden die Orientierung an kurzfristigen, quartalsberichtsgetriebenen Anreizsystemen. Dazu kommt in der großen Mehrzahl eine an gelebten Werten orientierte Unternehmensführung, die sich ihrer Eigentümerverantwortung stellt.

Ich betone das alles nicht, um unkritisch einen Unternehmenstyp gegen einen anderen auszuspielen. Sondern aus Sorge darüber, dass bei all den (Über-)Regulierungen auf die Bedürfnisse der Familienunternehmen keine ausreichende Rücksicht genommen wird. Das lahmende Investitionsgeschehen und eine alarmierende Stagnation bei Unternehmenskrediten sind Anzeichen dafür, dass die absurde Komplexität der Bankenregulierung zu einer massiven Konjunkturbremse geworden ist. Dagegen helfen auch Nullzinsen nichts - und am allerwenigsten die zuletzt von der EZB in Angriff genommenen Ankäufe von Unternehmensanleihen.

Der Blick in die dramatischen Wechselfälle nicht nur der österreichischen Wirtschafts- und Industriegeschichte der letzten drei Jahrhunderte macht bewusst, wieviel Grundlegendes geschaffen und wieviel mutwillig zerstört wurde. Und er schärft den Blick dafür, dass wir mit den Weichenstellungen von heute jene Ereignisketten auslösen, über die Historiker morgen berichten werden.

Wirtschaftspolitiker und Notenbanker wären deshalb gut beraten, jene Unternehmen zu schätzen und im Land zu halten, die in Generationen statt in Quartalen denken und handeln.

Familienunternehmen: Ökonomie - Geschichte - Werte

Von Veit Schmid-Schmidsfelden, Charlotte Natmessnig (Hsg.), Manz 2016.232 S., Hardcover, € 32,00

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