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Unbequeme Wahrheiten kann man entweder zur Kenntnis nehmen oder verdrängen. Eine dritte Möglichkeit ist, sie einfach für unwahr zu erklären. Das funktioniert allerdings nicht auf dem Weg einer sachlichen Widerlegung durch anders geartete Fakten. Viel verlässlicher wirkt die Diskreditierung derer, die sie verbreiten.

Wie das geht, führt uns ein auch in Ökologie-Fragen wild um sich twitternder US-Präsident vor. Das Problem des menschengemachten Klimawandels sei, so behauptet er, nichts als eine Erfindung Chinas, das sich damit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem durch Klima-Rücksichtnahmen in seinem Wachstum gehemmten Westen verschaffen will. Sein Umweltminister Scott Pruitt, ein ehemaliger Lobbyist der Erdölindustrie und dezidierter Gegner alternativer Energien, dreht eilfertig die ökologische Uhr zurück. Der "Clean Power Plan" zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen ist bereits außer Kraft gesetzt. Als nächstes soll das Pariser Klima-Abkommen aufgekündigt werden.

Das allerdings geht selbst der Erdölindustrie zu weit. Manager des weltgrößten Energiekonzerns Exxon-Mobil warnen in einem Brief an Trumps Umwelt-Berater davor, die Pariser Vereinbarung zu kündigen. Immerhin würden damit erstmals Emissionen nicht nur in den klassischen Industrieländern, sondern auch in den rasch wachsenden Ökonomien Chinas und Indiens reduziert. Überdies gefährde ein Ausstieg die Konkurrenzfähigkeit der US-Energiewirtschaft.

Der nächste Wahrheitstest steht nun bei der Regulierung des Bankensystems bevor. Im zehnten Jahr nach dem Platzen der amerikanischen Immobilien-Kreditblase geht es um die Frage, ob dem ungelösten Großbanken-Problem aufgeblähter Bankbilanzen bei zugleich ungenügender Eigenkapitalausstattung endlich ernsthaft zu Leibe gerückt wird. Unter Obama wurden hier Schritte in die richtige Richtung gesetzt - Trump rudert nun, beraten von hochrangigen Ex-Investment-Bankern, heftig zurück und beabsichtigt, die strengeren Vorschriften wieder aufzuweichen.

Casino-Betreiber Trump

Notwendig wäre aber das Gegenteil. Denn nur ausreichende Eigenkapitalfundamente bewahren das labile Welt-Bankensystem davor, dass neuerlich Staaten und damit die Steuerzahler in die Bresche springen müssten. Extreme Niedrigzinsen in Verbindung mit unnatürlich hochgeschossenen Aktienkursen und Immobilienpreisen sind deutliche Warnzeichen dafür, dass wir die Gefahrenzone längst noch nicht verlassen haben.

"Casino-Kapitalismus" nannte einst Ökonom John Maynard Keynes jene Entgleisung der Marktwirtschaft, die direkt in die Wirtschaftskrise der Dreißigerjahre führte. Die Neubelebung dieses Wirtschaftsstils durch den Casino-Betreiber Trump wäre gefährlich und würde das ohnehin latente Risiko neuer Verwerfungen des globalen Finanzsystems deutlich erhöhen. Dass sich Manager der großen Investmentbanken nach dem Muster ihrer Kollegen in der Energiewirtschaft zu Wort melden, um diese unbequeme Wahrheit zu verteidigen, ist allerdings höchst unwahrscheinlich.

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