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„Unsinnige Experimente stoppen"

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Für einen Stopp der Zuwanderung und gegen Parteibuchpolitik: Die FPO geht als zweitstärkste Kraft in die Wahl.

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Für einen Stopp der Zuwanderung und gegen Parteibuchpolitik: Die FPO geht als zweitstärkste Kraft in die Wahl.

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dieFurche: Mit welchen Zielen gehen Sie in die Wahlen im Herbst' Bainer Pawkowicz: Außer von 1934 bis 1945, als es keine demokratischen Wahlen gab, hat in Wien seit dem Ersten Weltkrieg die SPÖ die absolute Mehrheit. Großartige soziale Leistungen wurden im „roten Wien" erbracht, aber jetzt geht diese Zeit zu Ende. Nach dem Zusammenbruch des „realen Sozialismus" in den östlichen Nachbarländern sitzt nur noch Wien auf total überholten, autoritären Strukturen. Ohne das richtige Parteibuch kann man in Wien nicht einmal Volksschuldirektor werden.

Dasselbe gilt bei den Banken bis hin zum OBF. Hier etwas zu verändern, ist mein Hauptanliegen. Ein Parteibuch darf zwar niemanden von einer Funktion ausschließen, es darf aber auch nicht die Codekarte sein, um hineinzukommen. Unser Wahlziel lautet: die absolute sozialistische Mehrheit beenden. Dann werden Fehlentwicklungen, die aus der Ubermacht einer Partei resultieren, nicht mehr so leicht möglich sein.

dieFurche: Die absolute SPÖ-Mehr-heit beenden wollen auch andere. Gibt es eine Annäherung jener, die sich als „Reformkräfte " verstehen? Pawkowicz: Die Grünen und das Liberale Forum halten sich in Wahrheit in der Nähe der SPÖ auf; die ÖVP agiert auch auf Bundesebene als Mehrheitsbeschaffer. Zwischen ihnen ist doch längst ausgemacht, daß Michael Häupl Bürgermeister bleibt. Die Bürger werden also zwischen der SPÖ und allen, die sich an deren Macht beteiligen wollen, und uns als nichtsozialistischer, bürgerlich-liberaler, in weiten Bereichen wertkonservativer Gruppierung wählen können.

dieFurche: Sie sprachen von „auto-

ritären Strukturen". Worin sehen Sie ein konkretes Demokratiedefizit' Pawkowicz: Das Gegenspiel von Macht und Kontrolle, von Begierenden und einer starken kontrollierenden Opposition, das für die Demokratie so wichtig ist, funktioniert in Wien nicht. Ein Beispiel: Die Wiener Kinderfreunde - eine SPÖ-Organisation, die zweifellos viel Positives leistet - erhalten von der Stadt Wien 80 Millionen Schilling pro

Jahr. Mit ihrer absoluten Mehrheit untersagt die SPÖ eine Kontrolle, ob diese Mittel auch sparsam und zweckmäßig eingesetzt werden. Generell herrscht in Wien eine Subventions-Unkultur, die höchstens mit Ländern vergleichbar ist, die den „realen Sozialismus", gerade erst überwunden haben.

dieFurche: In welchen Bereichen wollen Sie Wiens Stadtpolitik verändern? pawkowicz: Verkehrs- und Stadtplanung haben in den letzten Jahren gar nicht mehr stattgefunden. Bis heute

führt keine U-Bahn zum Flughafen oder zu den großen Wohnsiedlungsgebieten am Stadtrand. Die Transitfrage in Wien ist bei den EU-Verhandlungen überhaupt nicht erörtert worden, die Fehlentwicklungen sind bereits deutlich sichtbar. Im Kulturbereich wurde das Projekt „Museumsquartier Messepalast" zur Versor-gungsmäschinerie für Rathaus-Günstlinge. 500 Millionen Schilling ' hat man in der

Legislaturperiode für immer neue Planungen ausgegeben, ohne daß irgend et-

was passiert ist.

Ich würde diese unsinnigen Experimente stoppen und auch eine Schadenersatzklage gegen die politisch Verantwortlichen überlegen.

dieFurche: Wie sehen Sie Wiens Zukunft als Wirtschaftsstandort' pawkowicz: Wien verliert als Wirtschaftsstandort immer mehr an Bedeutung. Welches Unternehmen siedelt sich schon gern in einer Stadt an,

die noch planwirtschaftlich regiert wird? Die Wirtschaftskraft und Bedeutung einer Stadt wird auch von den dort abgehaltenen Messen signalisiert. Berlin, München, Hamburg, Paris, aber auch Prag und Budapest unternehmen hier enorme Anstrengungen. Nur die Wiener Messe, aufgeteilt zwischen der „roten" Stadt Wien/Bank Austria und der „schwarzen" Wiener Handelskammer, ist mit 500 Millionen im Minus! Ich würde die Schwerpunkttätigkeiten privatisieren und dem Zugriff der Politik entziehen, damit die Wiener Messe, wie alle Messen auf der Welt, positiv arbeiten kann.

diefurche: Welchen Standpunkt vertreten Sie zur Integrationspolitik? pawkowicz: Wien ist geprägt durch seine Vergangenheit in einem Vielvölkerstaat. Österreich hat eine große Tradition im Umgang mit Flüchtlingsströmen. Unsere selbstgesetzten humanitären Aufgaben und Verpflichtungen sollen wir auch weiterhin erfüllen. Aber um ein Einwanderungsland sein zu können, ist Österreich zu klein. Leuten, die nur ihre persönliche wirtschaftliche Situation verbessern wollen, muß man sagen, daß das zur Zeit nicht geht, weil die Voraussetzungen fehlen. Ich trete für eine Ausländerpolitik ein, die anständig ist gegenüber den bereits seit vielen Jahren hier lebenden Gastarbeitern und ihren Familien, die Gefahr laufen, durch weiteren Zugang ihre Arbeitsplätze und ihren bescheidenen Wohlstand zu verlieren, gegenüber jenen, die mit falschen Versprechungen ins Land geholt werden und für die es weder Wohnung noch Arbeit gibt, und gegenüber jenen Wienerinnen und Wienern, die dabei sind, durch die mit der Zuwanderung verbundene Veränderung ihres Umfeldes ihre Heimat zu verlieren. Wir wollen daher im Gegensatz zu allen anderen Parteien einen Stopp der weiteren Zuwanderung.

Das Gespräch führte

Christine Kar)'.

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