Viel Dioxin im Waldboden

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1993 begann das Umweltbundesamt mit einer Untersuchung, die sich zum Ziel gesetzt hatte an verschiedenen, über ganz Österreich verteilten Waldstandorten den Boden und die Fichtennadeln auf ihre Belastung mit persistenten Schadstoffen zu untersuchen.

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1993 begann das Umweltbundesamt mit einer Untersuchung, die sich zum Ziel gesetzt hatte an verschiedenen, über ganz Österreich verteilten Waldstandorten den Boden und die Fichtennadeln auf ihre Belastung mit persistenten Schadstoffen zu untersuchen.

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Bei den Standorten handelte es sich um solche, die in möglichst großer Distanz zu Siedlungen, Industriebetrieben und öffentlichen Straßen gelegen waren.

Erfaßt wurde der Gehalt von Dioxinen und Furanen (Polychlorierte Dibenzodioxine und -furane, PCDD/F). Das sind Stoffe, die eine außerordentlich hohe Giftigkeit (Toxizität) aufweisen. Sie sind nicht nur für den Menschen, sondern auch für Säugetiere, Fische und Vögel schon in geringsten Mengen gefährlich. Erst kürzlich hat die Weltgesundheitsorganisation Richtwerte für die "Toxizitätsbelastung" von Umweltproben durch diese Gifte herausgegeben.

Wo entstehen diese Gifte? Dazu das Umweltbundesamt: "Produktionsprozesse der Chlorchemie, Emissionen bei der Zellstofferzeugung (Chlorbleiche) und bei metallurgischen Prozessen (z. B. Sintern von Eisenerz), Verbrennungsprozesse bei der Energiegewinnung, bei der Müllverbrennung und beim Hausbrand und der Kfz-Verkehr" sind die Hauptverursacher.

Hohe Werte weitab von Verursachern Das bemerkenswerte Ergebnis der Untersuchung: Selbst diese, weitab von den Dioxinverursachern entfernten Beobachtungspunkte weisen eine relativ starke Belastung mit diesen "Supergiften" auf, was auf deren allgemeine Verbreitung hindeutet. "Beim Auflagehumus lagen immerhin 40 Prozent der Standorte über dem für landwirtschaftliche Böden gültigen Vorsorgerichtwert ... Der Auflagehumus der Standorte nördlich des Alpenhauptkammes war signifikant höher belastet als jener der südlich gelegenen Standorte." Besonders hohe Werte waren im Mühl- und im Waldviertel festzustellen. Höher gelegene Standorte weisen ebenfalls höhere Belastungen auf. Letzteres spricht für eine großräumige Verfrachtung dieser Gifte, was für ein Alpenland besondere Probleme bringt. Allerdings läßt die Verteilung der Dioxinbelastung auch den Einfluß örtlicher Emissionen erkennen.

Stellt man die Giftkonzentration in den Nadeln jener im Boden gegenüber, so ergibt sich kein einheitliches Bild: Auf stärker belasteten Böden stehen nicht unbedingt Bäume mit stärker belasteten Nadeln und umgekehrt. Die Werte für die Nadeln spiegeln eher die kurzfristige, die für den Boden die langfristige Belastung wider.

Vergleicht man nun die in den Nadeln gespeicherte mit der in Österreich insgesamt abgegebenen Giftmenge, so wird die weitgehende Übereinstimmung beider Größen erkennbar: "Alleine die PCDD/F-Menge, die im Blatt/Nadelbiomassezuwachs des Kronendaches während der Vegetationsperiode 1993 gebunden wurde, entspricht einer gesamtösterreichischen PCDD/F-Emission während dieses Zeitraumes."

Bedenkt man, daß der Wald nur etwa 46 Prozent der Fläche Österreichs bedeckt, so läßt sich aus dieser Beobachtung ableiten, daß der Import von Dioxinen in Österreich ein beachtliches Ausmaß erreicht (vorausgesetzt die Emissionsabschätzungen für Österreich erfassen auch tatsächlich die wichtigsten Dioxin-Quellen).

Noch ein bemerkenswertes Ergebnis förderte die Untersuchung zutage: "Alleine der Waldboden Österreichs (46 Prozent der Bundesfläche) enthält rund 150 österreichische PCDD/F-Jahresemissionen auf Basis von 1994." Diese Beobachtung läßt erkennen, wie lange die Gifte im Boden gespeichert werden.

Geht man davon aus, daß die Dioxin-Akkumulation in der Umwelt seit rund 60 Jahren stattfindet (was in der einschlägigen Literatur angenommen wird), so weist der Wert 150 ebenfalls auf einen beachtlichen Dioxin-Import hin. Allerdings muß bedacht werden, daß 1994 die erzeugte Menge von PCDD/F um einiges unter den durchschnittlichen Werten der letzten Jahrzehnte gelegen ist. Denn sie nahm "aufgrund emissionsreduzierender Maßnahmen und Betriebsschließungen von 1987 bis 1993 um 50 Prozent ab."

Dieses Sinken der Dioxin-Emissionen - so erfreulich es ist - bringt jedoch keine Entwarnung, was die Belastung der Böden anbelangt, stellt das Umweltbundesamt fest. Denn bedingt durch die lange Lebensdauer der Gifte wird die Konzentration von PCDD/F im Waldboden "ohne weitere Maßnahmen zur Verringerung des Eintrages weiterhin steigen." CG Näheres siehe "Belastungen mit Dioxinen in Emittentenfernen Waldgebieten Österreichs" in "UBA-INFO" 2/98

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