Volle Kraft für das falsche Thema

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An ihrem Denken und ihrem Sprechen sollt ihr sie erkennen: Was wir neuerlich an Aussagen zur Steuerpolitik von Heinz Fischer und Gabriele Burgstaller, also Bundespräsident und Salzburgs Landeshauptfrau, gehört haben, erschreckt. Ähnlich wie Werner Faymann, Bundeskanzler und wie die zuvor Genannte Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, sprachen auch sie von der Einführung neuer Steuern, konkret solcher auf Vermögen und auf Erbschaften. Damit liegen sie - in der Sache - doppelt falsch: Eine derartige neue Steuer zu debattieren ist generell eine Themenverfehlung und speziell ein unpassender Vorschlag.

Aufräumen im alten System

Über neue Steuern braucht niemand, wirklich niemand aus dem Kreis regierender Bundes- oder Landespolitiker zu sprechen, ehe er oder sie nicht die Vorschläge für erstens eine Vereinfachung des Steuersystems und zweitens für eine Senkung der Steuern auf Arbeit vorgelegt haben. Dort liegt das große, das wesentliche, das ungelöste Problem der Steuerpolitik.

Selbst Finanzbeamte, Lohnverrechner und Steuerberater stöhnen unter dem, was man heute als Komplexität des Steuersystems bezeichnet.

Kaum ein Erwerbstätiger versteht seinen Lohn- oder Gehaltszettel. Das hat nicht nur mit funktionalem Analphabetismus oder Dyskalkulie zu tun. Das hat seine Ursache in einem steuerrechtlichen Regelwerk, mit dessen Einsatz die Bürokratie eine Art von Unterwerfungs- und Ausbeutungsfeldzug gegen Staatsbürger führt. Es sind sämtliche - und zudem teuren - Verrechnungsmodalitäten innerhalb der Republik, welche die Kosten für den aufgeblähten Staatsapparat in die Höhe treiben. Von Privilegien, Subventionsbetrug, Steuerhinterziehungen und mehrfach kritisierter Misswirtschaft ganz zu schweigen. Hier haben die gemeinten Bundes- und Landespolitiker zuerst aufzuräumen, Strukturen zu bereinigen und Kosten zu senken, ehe sie auch nur den Hauch von Legitimität haben, die Einführung neuer oder die Erhöhung bestehender Steuern zu verlangen. Von gänzlich unpassenden Argumenten, in anderen Staaten seien die Vermögenssteuern höher als in Österreich einmal abgesehen: Dort ist erstens die anderweitige Steuerbelastung niedriger, sind die Vermögenssteuern zweitens großteils Gemeindeabgaben und dienen drittens häufig der unmittelbar an die Gemeinde und ihre Einwohner gebundenen Finanzierung von Kindergärten und Schulen.

Wie immer Probleme im Detail

Eine Steuer auf Vermögen und auf Erbe ließe sich diskutieren, läge dazu ein passender und nicht ein lediglich etwas allgemein entlang der Neidgefühle gehaltener Einwurf vor. Denn bei einer Vermögenssteuer etwa auf Haus- und Wohnungsbesitz würden ja nicht nur geringfügige Vermögen ausgespart werden, sondern wohl auch der größte Hauseigentümer des Landes, die Gemeinde Wien, oder? Und hat dann etwa die katholische Kirche eine Steuer auf den Besitz des Stephans- und anderer Dome zu zahlen? Auf der Basis von Einheitswert des Grundstückes, Buchwert des Gebäudes oder möglichem Verkaufswertes des Gesamten? Und erhält sie dann im typisch österreichischen Kompromissweg eine Subvention zur Erhaltung des Denkmalgeschützten im Gegenwert der entrichteten Vermögenssteuer? Wächst die Vermögenssteuer auf Forst jährlich mit den Bäumen, deren Wert sich in Tallagen stets erhöht, in Berglagen hingegen mit Pflege- und Bringungskosten so belastet ist, dass eine negative Vermögenssteuer herauskäme? Wie sich zeigt: Einmal ist weitgehend Undurchdachtes auf den Tisch politischer Verhandlungen geworfen worden.

Das alles bedeutet keineswegs, dass die Sozialdemokraten mit der allein von ihnen so deutlich vertretenen Position nicht Recht hätten, wonach der gewünschte starke und sichere Staat entsprechende Steuern bräuchte. Das stimmt. Man muss es nur anders anlegen.

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