Im Vorfeld der Finanzkrise wurden vielerorts Chancen über- und Risiken unterbewertet. Banken vergaben billige Kredite, die oft in den Konsum oder in unrentable Investitionen flossen. Es kam zur Fehlallokation von Kapital (z. B. Housing Bubble), der Verschuldungsgrad (Leverage) stieg systemweit an. Das böse Erwachen stellte sich ein, als Investoren begannen, die Kreditwürdigkeit der Schuldner im Lichte von Konjunktur- und Strukturschwächen zu hinterfragen. Banken stehen nun unter Druck ihre Bilanzen zu reparieren, das heißt das Eigenkapital im Verhältnis zu ihren Bilanzsummen zu erhöhen (Deleveraging).
Vor diesem Hintergrund wird befürchtet, dieses Deleveraging könnte zu einer Kreditklemme führen, das heißt, der Realwirtschaft würden zu wenige Kredite zur Verfügung gestellt. Die vorliegenden Daten für den Euroraum deuten nicht darauf hin: Das Eigenkapital stieg seit September 2008 um 30%, die Forderungen gegen die Realwirtschaft stiegen um 6%. Der Verschuldungsgrad ist deutlich gefallen, Auslandsaktiva und Interbankkredite gingen stark zurück. Da Forderungen gegenüber der Realwirtschaft lediglich die Hälfe der Bankbilanzen darstellen, besteht hinreichend Raum zur weiteren Reduktion der Forderungen ohne die Kreditvergabe zu reduzieren.
Die Intermediationsfunktion der Banken ist für das Wachstum sehr wichtig. Ihre Funktion ist es, einerseits rentable Projekte auszuwählen sowie andererseits gut kapitalisierte Unternehmen zu refinanzieren. Voraussetzung für jede Kreditvergabe ist jedoch, dass die Banken selbst Zugang zu langfristiger, stabiler Refinanzierung haben. Der reduzierte Leverage verbessert die Refinanzierungsmöglichkeiten der Banken, ist die Voraussetzung für eine stabile Kreditvergabe und erhöht somit die Systemstabilität.
* Der Autor ist Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank