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Währungsstabilität

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Der Kampf um die Währungsstabilität war eines der Zentralthemen der Jahresversammlung 1970 des Internationalen Währungsfonds, die Ende September in Kopenhagen stattfand. Derzeit ist in nahezu allen Industrieländern eine Inflation zu beobachten, und zwar auch die Bundesrepublik Deutschland — bisher als in jenen Staaten, die — wie die Schweiz und ein Hort der Stabilität angesehen wurden. Was aber die jüngste Entwicklung in ihrer Gefährlichkeit über frühere ähnliche Erscheinungen hinaushebt, sind das Ausmaß und der Gleichschritt, in dem die Geldentwertung diesmal überall vor sich geht, und der allgemeine Pessimismus der Wirtschaftspolitiker hinsichtlich der Überwindung dieses Problems. Ein weiteres Phänomen ist darin zu sehen, daß es nunmehr eine Inflation unabhängig vom Wachstumsrhythmus einer Volkswirtschaft gibt. Dies hat in einigen Ländern, wie etwa in den USA, dazu geführt, daß die Inflation selbst durch eine Rezession nicht hintangehalten werden konnte.

Dem früher oft angeführten Antiinflations-argument der zunehmenden Verschlechterung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit kommt nicht mehr jenes bedeutsame Gewicht wie einst zu, da beim Gleichschritt im Infla-tionstrott die Konkurrenzfähigkeit der einzelnen Staaten formell nicht unbedingt betroffen wird. Dafür treten aber die binnen-wirtschaftlichen Auswirkungen der Inflation in den Vordergrund der Diskussion. Von den für die Währung Verantwortlichen wird mit Recht erwartet, daß der Wert des Geldes nicht nur in seinem Verhältnis zu den Währungen des Auslandes erhalten bleibt, sondern vor allem in seiner Kaufkraft im Inland. Alle Gründe, die eine Stabüerhaltung des Geldwertes notwendig machen, gelten in erster Linie für den inländischen Bereich: die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Geldes, die Verantwortung gegenüber dem Sparer, der soziale Schutz jener Staatsbürger, die ihr Einkommen dem Geldwertschwund nur schwer anpassen können und anderes. Wenngleich auf längere Sicht die Auswirkungen der Inflation für das gesamte Wirtschafts-geschehen ungünstig sind, möchte ich mich im folgenden — dem Anlaß entsprechend — auf die Bedeutung der Währungsstabilität für das Sparen konzentrieren.

Die Spartätigkedt findet im Willen zum Sparen, sowie in der Fähigkeit dazu ihre Begrenzung. Beides ist eng mit der Erhaltung des Geldwertes verbunden. Übersteigt nämlich der Kaufkraftverlust ein gewisses Ausmaß, dann setzt eine Verminderung der Spartätigkeit und ein Ausweichen in Sachwerte mit all den für die Wirtschaft äußerst abträglichen Folgen ein. Aber nicht nur der Sparwille erfährt eine Abschwächung, sondern auch die Sparfäbigkeit Lohnerhöhungen sind dann weitgehend nur nomineller Art und führen zu keiner entsprechenden Ausweitung des für Sparzwecke zur Verfügung stehenden Bin-komimensanteiles. Eine hohe Geldentwertungsrate kann sogar zu einem Entsparungs-vorgang führen, wenn die nominellen Lohnsteigerungen nicht mehr ausreichen, den gewohnten Lebensstandard zu halten. Die sinkende Tendenz bei der freiwilligen Sparkapibalbildung wird aber meistens noch von einer konjunkturbedingten erhöhten Nachfrage nach Kapital begleitet. Eine Folge dieser entgegengesetzten Entwicklungen ist es, daß zur Befriedigung des Kapitalbedarfes das „Zwangsspairen“, beispielsweise über erhöhte Steuern, forciert wird, wodurch der Spielraum für das private Sparen weiter eingeschränkt wird.

Wir wissen heute, daß die schleichende Inflation keine notwendige Voraussetzung für ein stetiges Wirtschaftswachstum ist; auch läßt sich die geduldete Inflation nicht auf eine womöglich auf Dezimalstellen genau vorausbe-rechenbare Rate beschränken. Ich wende mich deshalb ganz entschieden gegen die Meinung, daß man eben mit einer Inflation von etwa 4 Prozenit leben müsse. Vielmehr muß es ein vorrangiges Ziel der Wirtschaftspolitik sein, Preisstabilität mit einem optimalen Wachstum in Einklang zu bringen.

Entscheidend für den Inflationstrend während der nächsten Monate in Österreich werden die Auswirkungen der jetzigen Lohnwelle sein. Dies ist eine ernste Bewährungsprobe für die in den letzten Jahren sehr erfolgreiche Sozialpartnerschaft.

Die österreichische Natdonalbank wird, wie bisher, alles unternehmen und das ihr zur Verfügung stehende Instrumentarium einsetzen, um ihren Beitrag zu einer möglichst stabilen Währung zu leisten. Sind diese Bemühungen erfolgreich, so wird damit eine ganz wesentliche Voraussetzung für die Aufrechterhaltung einer regen Spartätigkeit sichergestellt. Eine stabile Währung und ein hohes Sparaufkommen sind gewichtige Voraussetzungen für ein anhaltendes Wirtschaftswachstum und eine damit verbundene Vermehrung des allgemeinen Wohlstandes.

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