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Warum denn eigentlich sparend

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Für eine wachsende Volkswirtschaft ist die Bereitstellung von zusätzlichem Kapital notwendig, um die Produktionskapazitäten ausweiten und neue, kostengünstige Produktionsverfahren einführen zu können. Dieses Kapital muß durch Sparen gebildet werden, das heißt, es muß auf möglichen Konsum verzichtet werden. Wenn wir eine wachsende Volkswirtschaft haben wollen, dann muß gespart werden. Freilich bedeutet das noch nicht, daß jeder einzelne sparen muß. Die Ersparnisbildung müßte in einer Volkswirtschaft nicht vom privaten Haushalt getragen werden. Das Kapital kann auch durch Besteuerung aufgebracht und über den Staat zu Investitionen eingesetzt werden. Die Unternehmen können sich durch überhöhte Preise Mittel für die Investitionen beschaffen. Schließlich wäre es noch möglich, durch Kreditaufnahme im Ausland die inländische Ersparnisbildung zu ersetzen. Alle diese Wege haben jedoch gegenüber dem freiwilligen, individuellen Sparen große Nachteile.

Müßte das notwendige Kapital allein durch Besteuerung aufgebracht werden, würde der Steuerdruck unerträglich und die Leistungsfreude hemmen. Selbst die Mittel, die der Staat benötigt, um seine eigenen Investitionen für Verbesserung der Infrastruktur, Wahnbau und so weiter zu finanzieren, werden deshalb nicht ausschließlich im Wege der Besteuerung aufgebracht, sondern auch durch Anleihen und Kredite, die eine private Ersparnisbildung zur Voraussetzung haben. Würde das Kapital durch überhöhte Preise nur bei den Unternehmen gebildet, so würde sich sehr bald eine Vermögensverteilung ergeben, bei der wenigen reichen Unternehmern die breite Masse der Nichtvermögenden gegenüberstünde. Dieser Zustand würde sozialen Unfrieden schaffen und zu Korrekturen der Vermögensbildung drängen. Ähnlich würde eine starke Kreditaufnahme im Ausland die Verschuldung immer weiter steigen lassen und die Abhängigkeit von den Verhältnissen auf den ausländischen Geld- und Kapitalmärkten in unerwünschter Weise stärken.

Für den einzelnen Sparer sind diese Gründe, die für eine freie, individuelle Spartätigkeit der Haushalte sprechen, kein ausreichender Anreiz zum Sparen. Die anderen Formen der Kapitalbildung stellen nämlich für den einzelnen Sparer keine Alternativen für sein eigenes, freiwilliges Sparen dar. Der einzelne Sparer muß nicht höhere Steuern oder höhere Preise zahlen, wenn er weniger spart. Es ist allerdings Aufgabe der Sparerziehung, die gesamtwirtschaftlichen Überlegungen und Zusammenhänge dem einzelnen Sparer klarzumachen.

Weil das private, individuelle Sparen heute für die Entwicklung einer Volkswirtschaft notwendig ist, bietet der Staat verschiedene Anreize, um die Spartätigkeit zu fördern. Die Wirtschaftspolitik muß vor allem den Beziehern kleiner und mittlerer Einkommen eine starke Unterstützung und Förderung des Sparwillens geben. Dazu zählen zum Beispiel die Begünstigungen des Wertpapiersparens, des Bau-, Versicherungs- und Kontensparens. Die beste Sparförderung ist aber die Sicherung der Kaufkraft des Geldes. Die Erfolge der österreichischen Wirtschaftspolitik auf diesem Gebiet kommen am besten beim Ver-

gleich mit dem Ausland zum Ausdruck. Seit 1965 haben nur drei von vierzehn OECD- Ländern einen noch geringeren Kaufkraftverlust erlitten als Österreich.

Das individuelle Sparen kann vom Staat nur dann gefördert werden, wenn der einzelne wirklich sparen will. Wille zum Eigentum und Spargesinnung kann vom Staat nicht ersetzt werden. Der Staat kann nur Hilfestellung leisten, jeder soll sich nach eigener Einsicht für oder gegen das Sparen entscheiden können.

Für den einzelnen Sparer kann das Sparen aus verschiedenen Gründen notwendig sein. Vor allem vermitteln Ersparnisse zusätzliche Sicherheit. Der Staat kann und soll die soziale Sicherheit nicht so weit ausbauen, daß er in jedem Fall die vom einzelnen erwünschte Leistung erbringen kann. Der Staat kann eine Grundsicherung zur Verfügung stellen, aber für zusätzliche, individuell erwünschte Leistungen, etwa eine verbesserte Altersversorgung, ist eine individuelle, frei-

willige Vorsorge notwendig. &hri ,iches gilt für den Wohnbedarf. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, jedermann ohne .entsprechende Gegenleistung eine Wohnung, nach seinen Bedürfnissen zur Verfügung zu stellen, denn die Mittel für den Wohnbau müßten wieder aus den allgemeinen Steuergeldern aufgebracht werden. Für jeden, der seinen Lebensstandard verbessern und seine Zukunft sichern möchte, ist Sparen also heute notwendiger den je.

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