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Warum ist Arbeitslosigkeit kein Konvergenzkriterium?
Die Konvergenzkritierien sind kein umfassendes wirtschaftspolitisches Credo, sondern der Katalog jener Maßnahmen, die zur Aufrechterhaltung der Stabilitätsgemeinschaft des Euro unerläßlich sind. Ohne nachhaltige Disziplin in der Finanzpolitik der Teilnehmerländer würde es bald zu schweren Störungen innerhalb der Gemeinschaft kommen, das Vertrauen in die Europawährung wäre innerhalb der Gemeinschaft erschüttert. Wenn das überaus wichtige Postulat der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nicht Bestandteil der Konvergenzkriterien ist, so deshalb, weil hier kein solcher Zusammenhang mit der Einführung des Euro gegeben ist.
Der Euro ist kein Beschäftigungsprogramm, aber auch kein Jobkiller. Er eröffnet europaweit Chancen für zusätzliche Beschäftigung, aber nur dann, wenn Politik- und Tarifpartner den stärkeren Wettbewerb akzeptieren. Dem dient weder eine regionalnivellierende Lohnpolitik noch eine
Sozialunion, die Standards auf hohem Niveau festschreiben will.
Wir müssen überhaupt der Versuchung widerstehen, der EU die Verantwortung für Probleme aufzubürden, die wir auf nationaler Ebene aus Entscheidungsschwäche nicht zu lösen vermögen.
Sollten dann nicht wenigstens soziale Mindeststandards fiir alle EU-Mitglieder gelten?
Was immer Politiker in der Öffentlichkeit sagen: wahr ist, daß die Bemühungen um eine verstärkte Zusammenarbeit der EU-Mitgliedsstaaten auf dem Gebiet der Sozialpolitik bald natürliche Grenzen findet: Die Sozialbudgets, gemessen am Bruttoinlandsprodukt der einzelnen Länder, variieren sehr stark - von knapp 18 Prozent in Portugal über Österreich (30 Prozent) und den Niederlanden (33 Prozent) bis zu 40 Prozent in Schweden. Bei einer I Iarmonisie-rung auf niedrigem Niveau würden die Sozialsysteme der höherentwickelten Wohlfahrtsstaaten zusammenbrechen. Findet aber die Harmonisierung auf hohem Niveau statt, würde die gleiche Situation wie in den neuen deutschen Bundesländern nach der Wiedervereinigung eintre ten. Die Industrien würden verschwinden, gigantische Transferzahlungen wären notwendig, die die Leistungskraft der Nettozahler der EU eindeutig überfordern würden.
Das bedeutet nicht, daß das soziale Gefälle zwischen den EU-Mitgliedern unverändert bleiben muß. Mit höherer Produktivität, einem verbesserten Einsatz der vorhandenen Bes-sourcen, einem größeren Bruttoin landsprodukt in den noch weniger entwickelten Länder steigen auch das sozialpolitische Potential und die Chancen einer Angleichung an die wohlhabenderen Partner. Diese Entwicklung kann jedoch nicht dekretiert werden.
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