Was ein Land sexy macht

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Die Attraktivität eines Wirtschaftsstandortes hängt stark von der Steuerlast ab. Aber auch ein gutes Sozialsystem ist den Unternehmen einiges wert.

Mit Kanada kann Österreich nicht mithalten. Denn Kanada ist der strahlende Sieger, Österreich liegt dagegen nur auf Platz 21 im Rennen um den besten Wirtschaftsstandort der Welt. Die Forschungsabteilung des britischen Wochenmagazins The Economist hat in einer aktuellen Studie die 60 größten Länder der Welt anhand von 70 Kriterien auf ihre Firmenfreundlichkeit hin überprüft. Kanada hat dabei die Niederlande vom Spitzenplatz verdrängt und Österreich war auch schon einmal besser (nämlich an 17. Stelle). Zwar bekam die Alpenrepublik mehr Punkte als in der Vorgängerstudie von 1998, andere Länder, etwa Spanien und Norwegen, konnten sich aber noch mehr verbessern und rutschten in der Wertung nach vorne. Weniger Punkte als beim letzten Mal erhielt Österreich beispielsweise im Bereich "politische Stabilität"wegen der Querelen in der schwarz-blauen Koalition. Vor allem mit massiven Verbesserungen im Steuersystem überzeugte dagegen das Siegerland die Jury.

Lernen von Übersee

Und genau hier könnte Österreich von Kanada lernen, wenn es nach dem Präsidenten der Wirtschaftskammer Österreich, Christoph Leitl, ginge: "Wir brauchen eine Steuerreform", betonte Leitl einmal mehr während der Reformgespräche in Alpbach. Schließlich hat Österreich mit seiner Kapitalertragssteuer (KÖSt) von derzeit 34 Prozent (voraussichtlich ab dem Jahr 2005 werden es nur noch 31 Prozent sein) eine vergleichsweise hohe Gewinnbesteuerung. Zwar tritt der Wirtschaftskammer-Präsident nicht für eine Steuerreform auf Pump, also ein generelles Vorziehen auf das Jahr 2004, ein. Eine Senkung der Unternehmenssteuer sei jedoch das Gebot der Stunde. Denn gerade die EU-Erweiterungsländer, mit denen im kommenden Jahr ein intensiver Standortwettbewerb beginnen wird, bieten ansiedlungswilligen Unternehmen weit angenehmere Steuersätze: In Ungarn etwa beträgt die KÖSt nur 18, in der Slowakei 19 Prozent.

Wenn immer wieder die soziale Verantwortung der Unternehmen eingefordert wird, müsse die Gesellschaft auch erkennen, "dass sie in den Wirtschaftsstandort investieren muss, denn nur, wenn der funktioniert, kann das unternehmerische Investment in den sozialen, kulturellen und ökologischen Bereichen erfolgen", stellt Leitl klar. Und freut sich, dass das offenbar auch drei Viertel der Österreicher so sehen, die einer Umfrage zufolge der Meinung sind, vor einer Entlastung der eigenen Einkommen solle eine Steuerreform zuerst den Wirtschaftsstandort dauerhaft sichern.

Allerdings zählt bei der Entscheidung für einen Unternehmensstandort bei weitem nicht nur die Steuerlast. Eine gut ausgebaute Infrastruktur und ein fortschrittliches - durchaus auch kostspieliges - Bildungssystem sind ebenso entscheidende Faktoren. "Sie sind ein Element der Standortqualität und entlasten letztlich die Kosten eines Unternehmens", betont der Leiter des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO), Helmut Kramer. Daher schneiden auch Hochsteuerländer wie Finnland, Dänemark oder Schweden trotz ihrer Steuerquoten bis zu 60 Prozent in internationalen Standortrankings regelmäßig ausgezeichnet ab.

Investitionen in die Zukunft

Investitionen in Bildung und Infrastruktur könnten also Österreich einen Vorteil gegenüber den Nachbarn bringen. Denn ohne optimale Rahmenbedingungen besteht für Österreich die Gefahr, den Standortwettbewerb gegen Ungarn oder die Slowakei zu verlieren. Durch eine Abwanderung in Länder mit geringerer Steuer belastung würden Arbeitsplätze verloren gehen, dadurch wiederum Steuereinnahmen fehlen. Und diese Verluste würden dadurch kompensiert werden, warnt Kramer, dass Arbeit immer höher besteuert wird: "Die Abgaben werden hinauf-, die Arbeitsmöglichkeiten dadurch weiter hinuntergeschraubt." Einer EU-Studie zufolge steigert die Erhöhung der Lohnkosten um ein Prozent die Arbeitslosigkeit um 0,3 Prozent. Eine gründliche Reform der Steuersysteme in Europa sei also nötig, mahnt der WIFO-Chef, um den Sozialstaat langfristig zu sichern. Was wiederum dem Wirtschaftsstandort zugute kommt.

Wechselwirkungen

Denn soziale Einrichtungen seien die Voraussetzung für die intensive Verflechtung des europäischen Marktes im Inneren und seine Öffnung nach außen, zur Weltwirtschaft, führt Kramer weiter aus. "Nur wegen der sozialen Sicherheit konnte man es den Arbeitnehmern und den Betrieben zumuten, riskante Dinge zu entscheiden und eventuell in ein Netz fallen zu müssen. Nur darum waren sie bereit für eine Öffnung der Märkte und eine Liberalisierung."

Durch die Öffnung der Märkte müssten sich die einzelnen Wirtschaftsräume jedoch den Kosten- und Produktivitätsvorgaben der Weltwirtschaft anpassen. "Entweder kommen dabei die Arbeitslöhne und die sozialen Ansprüche unter Druck. Oder die Gewinne und somit die Arbeitsplätze", warnt Kramer. Die einzige Lösung bestehe in gesteigerter Produktivität und mehr Innovationen, "damit die Volkswirtschaft stark genug ist, die steigenden Kosten des Sozialstaates wirklich zu tragen."

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