Was eine Regierung (niemals) darf

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kalten Enteignung" entrüstet zurückgewiesen. Stattdessen zieht man lieber die Disziplinierungsschraube bei Asylsuchenden und unterstützungsbedürftigen Fremden an. "Barmherzigkeit" ist kein Wort jener, welche die Erneuerung unserer vaterländischen Werte propagieren. Im Gegenzug klatscht der Boulevard, wenn Begriffe wie "Routenschließung", "Abschiebung" und "Internierung" zum xenophoben Geläufigkeitsvokabular aufrücken.

Drittens: Mindestsicherungen werden vermindert, der Familiennachzug wird gestoppt. Was einst - in gesinnungsethischen Zeiten - Grausamkeit hieß, nennt sich nun "verantwortungsethisch". Man gibt sich patriotisch und pragmatisch, angespornt von Quereinsteigern, die oft mehr ihrer Eitelkeit als dem Dienst an der Gemeinschaft verpflichtet sind. Nationalisten, die "freiheitlich" posieren, werden mit Regierungsämtern honoriert, nachdem sie einer Gemengelage aus Rechtsradikalen, Antisemiten und Schlimmerem hofierten. Der Abendlandschützer aus den Reihen schlagender Burschenschafter hat Saison.

Leitkultur "Recht und Ordnung"

Viertens: In den Schulen, die von den Vordenkern unserer Erziehungskultur des Drills entledigt wurden (man denke an Bernd Schilcher, Lichtgestalt der alten ÖVP), regiert wieder das Notensystem. Nichts gegen Noten, hier handelt es sich aber um ein Signal: "Recht und Ordnung" möge die pädagogische Leitkultur bilden! Dass man "fürs Leben lernt", lässt Leistungsschwache und Minderprivilegierte wenig Gutes erwarten.

Gewiss, derlei Ideen waren auch früher auf dem Sprung. Doch sie wurden durch humanitäre, gewerkschaftliche und sozialpartnerschaftliche Routinen gedämpft. Eine halbwegs gute Regierung ist eine, die das Schicksal auch jener achtet, die man nicht mag. Politik ist nicht die Kunst des Mögens, nicht der Bevorteilung eigener Wähler und plutokratischer Netzwerke. Ihr Zielbereich ist vielmehr das Gemeinwohl, indem sie Gruppen schützt, die leicht zum Opfer kollektiver Übellaunigkeit werden - des "Mobs" und der ihm eigenen Gier nach Mobbing.

Ich will für meine Kinder und Enkelkinder eine ökonomisch besonnene, darüber hinaus freundliche Gesellschaft, die vom Gedanken der Nächstenliebe geprägt ist. Ich will eine sozial gerechte Gesellschaft, die darauf achtet, dass die Schwachen, ob von hier oder anderswo, ob christlich oder muslimisch, nicht unter die Räder der Gefühlskälte und des Hasses kommen. Ich will eine Gesellschaft, worin einem das Wort "Heimat" nicht die Schamesröte ins Gesicht treibt. Die Regierung einer solchen Gesellschaft nenne ich "gut".

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