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Weichenstellungen der sechziger Jahre, die bis heute nachwirken

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Die Leistungen von Wolfgang Schmitz als Finanzminister und Notenbankpräsident wirken bis heute nach. Josef Klaus war im März 1963 als Finanzminister zurückgetreten. Im Gespräch mit Julius Raab erwähnte er den damals kaum 40jährigen Leiter der wirtschaftspolitischen Abteilung in der Bundeswirtschaftskammer, Wolfgang Schmitz, als möglichen Nachfolger. Raab hielt mehr vom Kammer-Generalsekretär Franz Korinek. Dieser übte das Amt ein Jahr lang aus, dann holte sich Klaus, zum Bundeskanzler bestellt, den „jungen Referenten" als Finanzminister ins Kabinett. Damit trat der Vertreter einer neuen, mit dem Rüstzeug moderner Wirtschaftspolitik ausgestatteten Generation ins Rampenlicht, die von der Improvisationskunst der „großen Alten", der „Nur-

Praktiker" und ihrer rein politischen Denkweise nicht befriedigt war.

Im neuen „Beirat für Wirtschaftsund Sozialfragen" der Sozialpartner, deren erster Vorsitzender Schmitz 1963 war, ging es - ganz im Sinne der späteren „Aktion 20" von Bundeskanzler Klaus - um die „Verwissenschaftlichung" der Wirtschaftspolitik. Hier konnte man den politischen Konsens finden und das', was man in diesem Gremium für sachlich richtig befand, politisch durchsetzen. Diesem „Stil der neuen Sachlichkeit" versuchte Schmitz auch in der Regierung Klaus zu folgen, die ja - nicht nur in der Wirtschafts- und Finanzpolitik -neue Akzente setzte.

Nun legen Mitarbeiter von damals dar, welche wirtschaftspolitischen Weichenstellungen Schmitz in den zehn Jahren seiner Zeit als Finanzminister und Nationalbank-Präsident vollzogen hat und welche Auswirkungen seine Maßnahmen für die folgenden Jahre hatten, ja bis heute haben.

Als Meilenstein der österreichischen Finanzpolitik wird die von Schmitz 1965 dem Nationalrat vorgelegte (und unter Mitwirkung des Beirates erstellte) Budgetvorschau 1965 bis 1968 angesehen. Sie entsprach dem Streben nach wissenschaftlich begründeter Finanzpolitik (bei damals - wie heute! - unzulänglichen Daten des Statistischen Zentralamtes), und sie fand durch gutes Marketing auch verständnisvolle Aufnahme in der politischen Öffentlichkeit. Während das damit vergleichbare Budgetprogramm 1995- 1998 von heute nur ein Budget-Konsolidierungsprogramm ohne wirtschaftspolitisches Konzept ist, war Schmitz schon damals um Strukturreformen bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben bemüht.

Mit den Wachstumsgesetzen von 1966 wurde dann den Strukturproblemen der Wirtschaft im Hinblick auf den Kapitalmarkt Rechnung getragen. Dieser Weg wurde später unter Finanzminister Koren mit dem Strukturverbesserungsgesetz konsequent weitergegangen.

Nach den Hochwasserkatastrophen von 1965 und 1966 wurde erstmals ein Hochwasserfonds eingerichtet, dessen Mittel wohl gerade jetzt wieder zur Erleichterung der jüngsten

Unwetterschäden in Kärnten beitragen können. Er wurde 1985 zum Katastrophenfonds ausgeweitet, freilich auch teilweise zweckentfremdet. Stark engagiert hat sich Wolfgang Schmitz damals wie heute in der Familienpolitik. Der von ihm eingeführte Alleinverdiener-Freibetrag bei der Familienbesteuerung sollte die angemessenen Aufwendungen für die Familienangehörigen berücksichtigen-

Unter Finanzminister Androsch wich man durch die Einführung der Individualbesteuerung kraß von diesem Wege ab. Einem dagegen sprechenden Verfassungsgerichtsurteil von 1991 trug die Regierung nur unzureichend Rechnung, dem Grundsatz wurde bis heute nicht entsprochen.

Als Notenbankpräsident griff Wolfgang Schmitz international in die Währungsdebatte nach dem Zerfall des Systems von Bretton-Woods ein. Durch die Mark-Aufwertung stand Österreich 1969 vor einer schweren Entscheidung, die allerdings bei einem Währungsgipfel nicht ganz befriedigend ausfiel. Die spätere Bindung des Schillingkurses an die deutsche Mark gab Finanzminister Koren gegenüber der Nationalbank letztlich recht.

Die Geldwertstabilität freilich hatte für Schmitz mehr als wirtschaftliche Bedeutung, denn er betonte mehrfach, daß sie zur Sicherung von Eigentum, Freiheit und Eigenverantwortlichkeit notwendig sei - also für ethische Ziele. Diese Ethik-Komponente hat für Schmitz in allen Jahren seines öffentlichen Wirkens eine primäre Bolle gespielt.

Das Buch ist keine Festschrift, aber einer solchen ähnlich. Daß es keine Lebensdaten enthält und ein mehrere Jahrzehnte altes Foto bringt, stört ein wenig. Doch mit Beiträgen über die bis heute nachwirkende Wirtschaftspolitik vor drei Jahrzehnten bringt das Buch weit mehr, als seine eher bescheidene Aufmachung erwarten läßt.

WOLFGANG SCHMITZ WIRTSCHAFTSPOLTISCHE WEICHENSTELLUNGEN 1963-1973

Reminiszenzen eines Jahrzehnts. Von Karl Socher (Hrsg.). Verlag Orac, inen 1996. 147 Seiten, geb., öS 460,-

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