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Weltweit veröden die Trockengebiete

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Weltweit wachsen die Gebiete, in denen die Böden veröden und ganz ihre Fruchtbarkeit einbüßen. Im folgenden ein dringender Appell, dieser die gesamte Erde bedrohenden Entwicklung rasch Einhalt zu gebieten.

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Weltweit wachsen die Gebiete, in denen die Böden veröden und ganz ihre Fruchtbarkeit einbüßen. Im folgenden ein dringender Appell, dieser die gesamte Erde bedrohenden Entwicklung rasch Einhalt zu gebieten.

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Hier gab es so viele Bäume, daß man den Boden nicht sehen konnte. Es war so grün...” Diese Klage von Tadesse, einem Bauern, der im Hochland von Tigray in Äthiopien arbeitet, könnte ebenso gut von Millionen Bauern auf der ganzen Erde angestimmt werden. In mehr als 70 Prozent der Trockengebiete in Asien, Afrika und Lateinamerika haben sich die Bedingungen so verschlechtert, daß diese Regionen ohne Melioration keine Ernten mehr hervorbringen werden.

Die „Verödung” ist nicht das Voranschreiten der Wüsten, sondern die Entstehung von wüstenähnlichen Bedingungen in Trockengebieten, die rund 35 Prozent der Landfläche auf der Erde ausmachen. Schätzungen der Umweltorganisation der Vereinten Nationen zufolge, könnte diese Verödung die Lebensgrundlage von rund einer Milliarde Menschen gefährden...

Ein Viertel der Landfläche der Erde ist heute von Verödung bedroht

Von den 5,2 Millarden Hektar nutzbarer Trockengebiete der Erde haben 69 Prozent - das ist ein Viertel der Landfläche der Welt - unter der Erosion und der Bodenverschlechterung gelitten. Am meisten betroffen ist Afrika, wo zwei Drittel der Fläche Trockengebiete sind. Fast die Hälfte dieses Kontinents ist schon betroffen. Viele Gebiete in Asien und Lateinamerika sind ebenso hart getroffen wie Teile von Südeuropa und Nordamerika. Zu den enormen menschlichen Problemen und zu den Umweltkosten dieses Vorgangs kommt weltweit ein Verlust von jährlich 42 Milliarden Dollar (420 Milliarden Schilling) an landwirtschaftlicher Produktion. Vor allem aber verlieren Millionen von Menschen ihre Hoffnung auf ein besseres Leben in dem Maß, in dem sich der Boden verschlechtert.

Jene, die nicht in Trockengebieten leben, haben vielleicht den Eindruck, dieses Problem betreffe sie nicht. Aber seine Folgen berühren jedermann:

■ Wenn arme Bauern oder Hirten nicht mehr genug Nahrung erzeugen, ist ihr Leben in Gefahr. Millionen Dollar werden dann für Soforthilfe mobilisiert. Wellen von Umeltflücht-lingen werden dann in die Städte der Entwicklungs- aber auch der Industrieländer geschwemmt und untergraben die politische und soziale Stabilität.

■ Wilde Pflanzen- und Tierarten, die aus Trockengebieten stammen, sind für immer verloren. Viele der wichtigsten Getreidearten der Welt waren ursprünglich wilde Trockengebiet-Spezies. Wenn die natürliche Flora der Trockengebiete verschwindet, verlieren wir die Möglichkeit, neue Arten, die die Menschheit ernähren könnten, zu entdecken.

■ Selbst wenn wir unsere Nahrung im Supermarkt kaufen, leben wir doch alle vom Ertrag des Bodens und teilen den Reichtum der Erde. Wenn das verfügbare, fruchtbare Land abnimmt und die Weltbevölkerung jährlich um 90 Millionen Menschen wächst, so entsteht daraus ein Problem für uns alle...

Zu den Ursachen für diese Verödung zählen das überzogene Abgrasen, die zu intensive landwirtschaftliche Nutzung, die ungeeignete Bewässerung und die Abholzung, die zusammen mit klimatischen Veränderungen zu einer Degradation der Böden führen.

Diesen Prozessen liegen andere Faktoren zugrunde. Zu ihnen muß man folgende zählen:

Den Bevölkerungsdrucb

Ein Faktor, der die Belastung für das Land erhöht, ist die wachsende Zahl von Menschen, die ernährt werden müssen. Wenn sich in manchen Ländern die Bevölkerung ungefähr alle 30 Jahre verdoppelt, so erhöht dies die Wahrscheinlichkeit dafür, daß immer mehr Bäume für das Feuermachen umgeschnitten werden und das Land über seine produktive Kapazität hinaus in Anspruch genommen wird. Ein Langzeitprogramm zur Bekämpfung der Verödung muß daher mit einem gesteigerten Aufwand für die freiwillige Familienplanung, für Gesundheitsdienste, Grundschulbildung und Verbesserung der wirtschaftlichen Bedingungen für Frauen... einhergehen.

Die Eigentumsverhältnisse an Grund und Boden

Man kann nicht erwarten, daß die Bauern in die Erhaltung des Bodens investieren, wenn sie nicht fix mit dem Fortbestand ihres Besitzes rechnen können. In vielen Gebieten ist der Zusammenbruch der traditionellen Landhaltungssysteme ein Hauptgrund für die Verödung.

Der Handel und die Verschuldung

Die internationalen wirtschaftlichen Gegebenheiten und die Politik der wichtigsten Industrieländer tragen indirekt zur Degradation der Böden bei. Die Entwicklungsländer stehen unter dem Zwang, die Hauptgetreidesorten auf ihren besten Böden anzubauen, um damit sie Exporterlöse erzielen, die sie zur Bedienung ihrer SchuHen benötigen. Das zwingt die kleinen Landwirte auf Grenzböden, die allzu rasch veröden. Die Überschwemmung der westafrikanischen Märkte mit subventioniertem Bindfleisch aus der Europäischen Union untergräbt das Einkommen der Hirten der Sahel Zone und zwingt diese, die ökologische Basis ihres zukünftigen Wohlstandes zu untergraben, einfach um zu überleben...

„Wir haben die Bäume gerodet und jetzt ist der Boden dahin. Wir haben unseren Kindern das Wasser abgegraben. Wir müssen alles nur irgendwie Mögliche unternehmen, um die ursprüngliche Situation wiederherzustellen.”

Wir haben die Bäume gerodet und jetzt ist der Boden dahin

Die „Desertification Convention” -bisher von 103 Staaten unterzeichnet - entwirft einen Aktionsplan, um diese Verödung aufzuhalten und das Land wiederherzustellen...

Die Mitwirkung auf örtlicher Ebene ist ein zentrales Anliegen der Konvention... Diese Einbeziehung der nichtstaatlichen Organisationen und der Menschen vor Ort ist das besondere Kennzeichen der „Desertification Convention”. Die Nichtberücksichtigung der örtlichen Bevölkerung bei früheren Bemühungen um die Entwicklung und den Umweltschutz hat vielfach zu deren Scheitern beigetragen. In Tadesses Dorf in Äthiopien pflanzen die Leute mittlerweile an drei Tagen der Woche Bäume, luf diese Weise bauen sie an ihrer Zukunft. Die Frage ist jetzt: Werden die Regierungen dieselbe Priorität tei der Eindämmung der Verödung setzen? Werden die Regierungen im Norden und im Süden für diese Aufgabe entsprechende Mittel einsetzen? Auszug aus:

„A Chance to Help Save the Earth 's Fertility” veröffentlicht von „KarthAc-tion ” im Mai 1995 anläßlich des „World Day to Combat Desertification ” am 17. Juni Aus dem Englischen von Christof Gaspari

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