Wen der Zauber des Schönen berührt

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Der philosophische Diskurs über das Schöne hat eine lange historische Tradition, die beim 13. Philosophicum ständig präsent war. In den Vorträgen wurde – freilich neben aktuellen, soziologischen Betrachtungen – häufig Bezug auf die griechischen Mythen des Homer oder auf Platons Dialoge des Sokrates genommen. Nicht für alle Teilnehmer der Tagung zeigte sich letztendlich auch aufgrund dessen eine aktuelle Relevanz der Thematik.

„Schönheit spielt primär in der Kosmetikindustrie und in der Vermarktung von Produkten, also im wirtschaftlichen Bereich, eine große Rolle“, meint der 32-jährige Maler und Philosophie-Doktorand Bernhard Mager. Einen aktuellen Wert der Debatte über das Schöne innerhalb der Gesellschaft ortet er nicht. „Ich empfinde die Thematik gegenwärtig nicht als vorrangig innerhalb der Öffentlichkeit, denke jedoch, dass sie gerade deshalb für eine philosophische Aufarbeitung im Moment gut geeignet ist.“

Der Felber denkt selber

So auch der Wiener Bäckermeister Franz Felber (60) und Philosophie-Student im fünften Semester: „Das Schöne ist gerade in schwierigen Zeiten wie in der Finanz- und Wirtschaftskrise in den Hintergrund gedrängt worden.“ Warum aber immer noch – mehr als 2000 Jahre nach Platon – über das Schöne debattiert werde: „Endgültige Antworten zu diesem Thema gibt es nicht, auch das Philosophicum kann keine bieten, da der Mensch ein ambivalentes und sehr subjektives Verhältnis zur Schönheit hat“, erklärt Franz Felber.

Einen intensiven Bezug zum Thema des Schönen sieht hingegen die 57-jährige Kunsthistorikerin aus München, Bärbel Tannert. „Mich begleitet das Schöne schon mein ganzes Leben lang, und es spielt beruflich wie privat eine wichtige Rolle.“ Für sie ist ein aktueller Bezug der Thematik gegeben, da „das Schöne heute sehr stark in Zweifel gestellt wird. Deshalb muss dieses Thema in allen Facetten diskutiert werden.“

Einen ganz praktischen Gebrauch des Schönen als Begriff und eine große Aktualität des Themas für den Menschen sieht Pater Martin Rauch SJ, 51-jähriger Studentenseelsorger der Katholischen Hochschulgemeinde in Graz. „Die Frage der Schönheit berührt alle Menschen. Ich sehe das bei meiner täglichen Arbeit.“ Aus seinen Gesprächen zieht Pater Martin das Resümee: „Auf meine häufig gestellte Frage, ob die jungen Studierenden glauben, von Gott geliebt zu werden, antworten mir viele überzeugt mit Ja. Auf meine Nachfrage, ob sie der Meinung sind, dass sie als Mensch schön sind, zeigen sich fast alle unangenehm berührt.“ Für Pater Martin gehen diese beiden Fragen Hand in Hand: Die Liebe Gottes zu seiner Schöpfung, der im Sinne einer theologischen Schönheit die Welt und den Menschen geschaffen hat. „Durch diese fundamentalen Fragen eröffnen sich mit den Studierenden sehr tief gehende, berührende Gespräche.“

Für den Bürgermeister der Gemeinde Lech am Arlberg, Ludwig Muxel, hat das Schöne aus gemeinschaftspolitischer Sicht einen hohen Stellenwert. „Wir in Lech meinen, dass wir eines der schönsten Dörfer haben, aber auch wir diskutieren innerhalb unserer Gemeinde – durchaus intensiv – die zukünftige Gestaltung des Dorfes.“ Diese Diskussionen scheinen durchaus zu fruchten: „Als Lech 2004 zum schönsten Dorf Europas gekürt wurde waren wir als Gemeinde sehr stolz darauf, da es nicht nur um die sichtbare Schönheit ging, sondern auch um das Leben der Menschen im Dorf, um soziale Gestaltungsmöglichkeiten wie zum Beispiel um das Vereinswesen.“

Wie schön ist Lech?

Einer der Referenten sah Lech jedoch aus einem anderen Blickwinkel heraus und meinte, dass der Ort „gar nicht schön“ sei. Ludwig Muxel zögert nicht auf dieses Urteil zu reagieren. „Lech ist ein Tourismusort, dazu stehen wir. Ohne Tourismus wäre Lech heute entsiedelt bzw. würden nur noch wenige Menschen hier leben. Lech kann kein Museum sein. Der Ort hat viel Schönheit zu bieten und diese wurde auch durch den Tourismus erhalten.“

Die Debatte um das Schöne ist also vielleicht historisch betrachtet ein alter Hut, welcher jedoch in jeder Epoche in neuem Glanz facettenreich und impulsiv diskutiert wird. Selbst in der Gemeinde Lech am Arlberg, und das nicht nur beim Philosophicum.

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