Wertvolle Veränderungen

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Globalisierung braucht Gestaltung. Auch jene der Kirche. Aber die schafft es heute kaum noch, die notwendigen Werte für ein weltweites soziales Miteinander zu vermitteln.

Die Welt ist wie ein Gugelhupf. Und die Reichen holen sich die Rosinen, für die Armen bleiben die Brösel." Mit diesen Worten charakterisierte Caritas-Präsident Franz Küberl die Globalisierung und ihre Auswirkungen bei einer Podiumsdiskussion zum Thema "Macht? Erfolg? Sozial? Christliche Sozialethik neu buchstabiert". Die Debatte fand im Rahmen der Verleihung des "Preises für die Förderung des Dialogs von Wirtschaft, Ethik und Religion" statt, den die Industriellenvereinigung (iv) in Kooperation mit der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz, der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich und der Furche vergab (siehe Artikel unten).

Alles für alle

Globalisierung müsse so verstanden werden, "dass jeder ein sauberes Stück von dem Gugelhupf bekommt", forderte Küberl weiter, der in der gegenwärtigen Ökonomie nicht nur politische und wirtschaftliche Ethik vermisst, sondern auch Kritik an der eigenen Institution Kirche übte: "Wir haben in den vergangenen 25 Jahren von der Kirche nichts mehr darüber gehört, wie Globalisierung strukturiert werden könnte. Der Diskussionsbeitrag, wie das vonstatten gehen könnte, fehlt."

Kirche im Dilemma

Dass es der katholischen Kirche nicht mehr gelinge, "die zeitlos gültige und elementar wirksame Botschaft des Evangeliums als Leitlinie für heutiges soziales Handeln erkennbar zu machen", hatte zuvor schon der Sozialrechtsexperte, ehemalige övp-Nationalrat und Volksanwalt Herbert Kohlmaier in seinem Impulsreferat zu seinem neuen Buch "Am Ende der Ideologie - Die Hoffnung bleibt" (Edition Vabene) beklagt.

Den Grund für dieses Unvermögen sieht die Sozialethikerin und Vizedekanin der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, Christa Schnabl, im Wertepluralismus, in dem sich die Kirche durchsetzen müsse: In der Nachkriegszeit hätten sich viele Politiker unmittelbar dem Katholizismus als weltanschaulichen Hintergrund verpflichtet gefühlt, daher sei es für die Kirche einfacher gewesen, direkt politisch zu gestalten. "Dieser unmittelbare Zugriff der christlichen Sozialüberzeugungen auf Repräsentanten bestimmter Parteien ist verloren gegangen." Dagegen müsse sich die Kirche heute als eine von vielen zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Öffentlichkeit bewähren. "Und das ist viel komplexer als zu Zeiten des Parteienkatholizismus."

Akkordarbeit mit Windeln

In seinem Vortrag kreidete Herbert Kohlmaier manchen Wirtschaftskritikern an, "das Bild einer rein profitorientierten, kalten und rücksichtslosen Wirtschaft" zu zeichnen, "welche den Menschen zum bloßen Produktionsmittel degradiert" - dieses Bild treffe aber in dieser Form sicher nicht zu, wenn auch Franz Küberl einwendete, er kenne zwar genug Unternehmen, die "in beachtlicher Form sozial sind, ich kenne aber auch welche, in denen die Frauen bei der Akkordarbeit Windeln tragen, damit sie nicht aufs wc müssen."

Nur ethisch erfolgreich

Der Unternehmer und Vizepräsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich, Michael Teufelberger, gab zu, dass es "so manches schwarze Schaf und so manchen Missbrauch gibt. Aber man sollte nicht so viel über sie reden, sondern viel mehr darüber, was Unternehmer Gutes tun." Denn Firmen könnten nur dann auf Dauer erfolgreich sein, wenn es ihnen gelingt, Kunden und Mitarbeite an sich zu binden. Und das funktioniere nur durch Glaubwürdigkeit. "Daraus entsteht, dass wir ethisch handeln müssen."

Und was kann die Kirche für die Wirtschaft leisten? Teufelberger fordert, sie möge die Menschen auffordern, "ihre Fähigkeiten zu nützen und mit ihren Fähigkeiten beizutragen. Es heißt ja, mach dir die Erde untertan. Die Menschen müssen die Erde gestalten und aus dem Garten Früchte ziehen." Die Welt werde in 30 Jahren völlig anders aussehen als heute, und nur durch gemeinsame Anstrengung sei es möglich, den "hoffentlich wenigen, die diese Umgestaltung nicht schaffen, ein ausreichendes soziales Auffangnetz zu bieten".

Nicht Besitzstände wahren

Dieses Auffangnetz zu reformieren, ist eine zentrale Forderung Herbert Kohlmaiers. "Veränderung ist notwendig. Jedes statische Denken ist ein schwerer Verstoß gegen das Gemeinwesen. Es gibt zwei Möglichkeiten des Zugangs zur heutigen Wirtschaft: Der eine ist der Versuch, die Veränderung zu bewältigen, der andere die Ansicht, es dürfe sich nur ja nichts ändern." Mit letzterem, meint Kohlmaier, "werden wir in einem Postsozialismus stecken bleiben."

Diese Seite entstand in Kooperation mit der Industriellenvereinigung.

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