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Winterfremdenverkehr

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Der gesamte österreichische Ausländerfremdenverkehr umfaßt nach den jüngsten Ermittlungen 43,053.000 Nächitigungen, hiervon entfallen auf die Wintersaison 8,288.000.

Der Winterfremdenverkehr macht somit, unter Berücksichtigung eines Durchschnitts der letzten Jahre, nur ein Fünftel, somit 20 Prozent der Nächtigungszahlen aus.

Dieser Prozentsatz spiegelt aber bei weitem nicht die wirtschaftliche Bedeutung touristischen Winterfremdenverkehrs für Österreich wider. Die Tagesausgaben des Wintersaisonpublikums liegen um zirka 50 Prozent über jenen des Sommersadsonpublikums. Ein Skifahrer mit Seilbahnausgaben verbraucht eben wesentlich mehr als ein im Sommer anwesender — gleich willkommener — Campingtourist.

Dies heißt, daß nach dem volkswirtschaftlichen Wert an Deviseneinnahmen gemessen, die Wintersaison zumindest mit 30 Prozent am Devisenerfolg des Fremdenverkehrsjahres beteiligt ist.

Skilauf im Mittelpunkt

Im Jahre 1964 wurden 13 Milliarden an Fremdenverkehrsdevisen eingenommen, somit mehr als das Außenhandelsdefizit betrug. Im Kalenderjahr 1965 sind es nach bisherigen Ergebnissen 14,5 Milliarden. Diese Einnahmen aus dem Auslandsfremdenverkehr sind zusätzliche, aus dem Ausland stammende Mittel, die sich erfahrungsgemäß mehrmals dm Jahr umsetzen. Die umsatzbelebende Wirkung aus dieser zusätzlichen Kaufkraft ist im Jahr mit dem drei- bis vierfachen zu beziffern.

Der Winterfremdenverkehr in Österreich besteht nicht nur aus dem skilaufenden Touristenstrom. Es gehört — wie später näher ausgeführt werden darf — in sehr wesentlichem Maße auch der stark im Zunehmen begriffenie Wintererholungsreiseverkehr dazu. Den Kern bildet aber unbestritten der Skilauf.

Österreich hat laut Tabelle in der offiziellen Werbung auf genommene Wintersportorte und verfügt nach der jüngsten Statistik über 94 Hauptseilbahnen (Seilschwebebahnen und Standseilbahnen), 183 Sessellifte und 970 Schlepplifte.

Diese bilden den Kern des österreichischen Fremdenverkehrs, damit ist aber die wirtschaftliche Darstellung des Winterfremden- kebrs in Österreich bei weitem nicht erschöpft. Gerade in jüngster Vergangenheit wurden Probleme des winterlichen Fremdenverkehrs in Österreich dankenswerterweise in die öffentliche Diskussion gebracht, die das Thema höchst aktuell erscheinen lassen.

Kein Monopol

Österreichs Winterfremdenverkehr hat keinen Monopolcharakter in Europa, er sieht sich einer Phanlanx harter Konkurrenten innerhalb und außerhalb Europas gegenüber. Berge, Seilbahnen und Lifte gibt es auch außerhalb Österreichs, und die Schneesicherheit ist in manchen anderen Ländern sogar größer als in Österreich.

Österreich ist in der gemeinsamen Alpenraumwerbung in Übersee mit der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Italien, Jugoslawien und Monako vereint, es steht aber auch in Konkurrenz mit diesen Staaten. Österreichs Bestand an hochgelegenen und daher schneesicheren Wintersportplätzen nimmt nur langsam zu, während in Frankreich und der Schweiz allein in den letzten Jahren Dutzende von Höhenskigebieten erschlossen und ausgebaut wurden, zahlreiche weitere solcher bis in das späte Frühjahr für Wintersport und Sohneeferien geeignete Plätze sind geplant. In den Pyrenäen ist sowohl auf französischer als auch auf spanischer Seite eine ganze Reihe neuer Skiorte entstanden.

Österreich sieht sich darüber hinaus aber auch der immer größer werdenden Front der südlichen Länder gegenüber, die mit immer stärkerem Werbeaufwand die sichere Wintersonne zur Weihnachtszeit den winterlichen Vorzügen der alpinen Skizentren gegenüberstellen.

Die Winterinserate in Holland „14 Tage Skilauf im Libanon mit Flugreise” zu sehr ansprechenden Preisen lassen erkennen, daß die Skizentren unserer Alpen nicht mehr die einzigen wintersportlichen Attraktionen des europäischen Fremdenverkehrs sind. Dies beweist auch die jährliche Zunahme des touristischen Publikums, das sich dm Höhepunkt des mittel- beziehungsweise nordeuropäischen Winters zur Reise nach dem wärmeren Süden entschließt.

Die Schiffe unter vielen Flaggen, die mit oder ohne isteuerabschreibefähigem Konferenzbetrieb zu Kreuzfahrten bei stark reduzierten Preisen nach dem Süden einladen, bilden schon eine beachtliche Flotte.

Wachsam sind auch die Anstrengungen mancher Orte dm Südosten Österreichs zu beobachten, die damit werben, daß sie für einen Inselaufenthalt gewissermaßen eine Art Wetterviersicherung gewähren, nämlich durch die Vergütung der Tagesaufenthaltskosten, bei Schnee zur Gänze, bei Regen zur Hälfte.

Es geschieht dies gerade zu einem Zeitpunkt, in dem der österreichische Skiverband die Öffentlichkeit in Kenntnis setzt, daß diese gesamtösterreichische Dachorganisation des Skisports infolge der Kürzungen öffentlicher Zuwendungen und Steigerung der Kosten gezwungen ist, sein Trainingsprogramm für den Rennläufernachwuchs wesentlich zu beschneiden.

Gerade jetzt manifestiert Frankreich als Hausherr der nächsten Olympischen Winterspiele 1968 in Grenoble, in überzeugender Form, Wie sehr es auf das Primat im europäischen Skisport (mit allen damit zusammenhängenden kommerziellen positiven Begleiterscheinungen) aspiriert. So hat Frankreich u. a. vor kurzem nicht weniger als 150 Wintersportrepräsentanten aus Werbegründen nach den USA entsendet, während in Österreich schon die Entsendung einer 15gliedrigen Rennläufergruppe nach Übersee öffentliche Debatten auslöst. Es erschiene scheinheilig, zu behaupten, daß Skirennerfolge, also Erfolge auf sportlichem Gebiet, nur einen ideellen Gewinn für das erfolgreiche Land bedeutet, sie ziehen auch sehr wesentliche wirtschaftliche Erfolge vor allem für den Winterfremdenverkehr, die Winter fremdenverkehrsorte und die Erzeuger von Skiauisrüstungen nach sich, im weiterem Sinne für die gesamte Volkswirtschaft.

Skiförderung von öffentlicher Seite beinhaltet aber nicht nur die Förderung des Skirennportės, sondern umfaßt auch vor allem die körperliche Ertüchtigung der gesamten Jugend. Ebenso hat die Förderung der Wintersportorte eine gewissenhafte Planung der öffentlichen Investitionen in Gast- und Beherbergungsbetrieben, für Seilbahnen, Liftc- und Pistenpräparierungen zur Voraussetzung.

Skisport als Werbefaktor

Der Werbewert des Skisports für das Winterferienland Österreich scheint etwas zu wenig Würdigung zu erfahren. Schließlich wurden im alpinen Skilauf allein bei den bis- herigen Olympiakonkurrenzen von Österreich 34 Medaillen (Gold, Silber und Bronze) errungen, von Frankreich 15 Medaillen, Deutschland 13 Medaillen, Schweiz 12 Medaillen usw. Der österreichische Staat und die Öffentlichkeit wissen sehr wohl, was Skilauf für Österreich bedeutet, weshalb sich auch die Verantwortlichen, vor allem der Ministerrat, zur Bewerbung der Durchführung der Olympischen Winterspiele 1964 in Österreich unter hohem Kostenaufwand entschlossen.

Nicht vergessen soll auch noch inmitten der düsteren Nachkriegszeit der Werbeerfolg für das noch militärisch besetzte Österreich werden, der durch den Erfolg unseres Skiteams bei den FIS-Weltmeisterschaften 1950 in Aspen erzielt wurde. Das Ergebnis gab jenen recht, die es riskierten, die Fahrt in die fernen USA mit öffentlichen Mitteln zu finanzieren.

Die Weltmeisterschaftssiege von Trude Beiser und der blonden Dagmar Rom, die Medaillengewinne durch Erika Mahringer haben für Österreich schon damals einen noch nicht geahnten Publizitätserfolg gebracht.

Man hat sich inzwischen an die österreichischen Skirennerfolge gewöhnt und nimmt den Wert einer unbezahlten Publizität für Österreich, wie er sich unter Umrechnung nach dem Insertionswert des Publizitätsraumes für österreichische Skirennerfolge in Höhe von etwa 20 Millionen Schilling im Jahr ergibt, als selbstverständlich.

Ein Fehlbetrag

Es Wäre nur zu hoffen, daß die Begeisterung für den österreichischen Skisport oder die kritische Überlegung, was eine gute Wintersaison für den einzelnen bedeutet, dazu beitragen, die Deckung des Fehlbetrages aus privaten Mitteln zu ermöglichen, wenn die öffentliche Hand glaubt, für Rennskisport nicht mehr aufwenden zu können. Es handelt sich um etwa zwei Millionen Schilling für Training und die Beschickung von Auslandskonkurrenzen, die nötig sind, die österreichischen Skirennläufer in der Spitze der Weltklasse zu halten. Es wird bei dieser Überlegung der Profit ins Kalkül zu ziehen sein, der für ein Unternehmen, sei es Hotel oder Seilbahn, für die Bekleidungsindustrie, Sportartikelerzeugung, Banken, Brauereien, Weinproduzenten und viele andere, abfällt aus dem zusätzlichen Einströmen der Milliarden in der Wintersaison.

Der Weltkonkurrenz im alpinen Skisport durch neue europäische Skizentren und der möglichen Zukunftssieger anderer Nationen kann Österreich aber doch einiges entgegenhalten.

Österreich besteht nicht nur aus Skipisten, ein hoher Prozentsatz des Winterfremdenverkehrs ist nicht auf den Skilauf aufgebaut. Es gehören hierzu all jene Ingredienzien seines Fremdenverkehrsanbotes, die auch im Hochwinter Erholung bieten — dann, wenn die winterliche Sonne am kürzesten scheint.

Über alle Möglichkeiten einer winterlichen Erholung in Österreich neben dem Skilauf, in Heilbädern, beim Eisschießen, auf Wanderungen, Schlittenpartien usw. gibt alljährlich ein Prospekt für den österreichischen Winterfremdenverkehr Auskunft, den die österreichische Fremdenverkehrswerbung herausgibt.

Die perzentuelle Zunahme des Winterreiseverkehrs nach Österreich unterstreicht die Wichtigkeit dieser Vorschläge.

Österreichs Winterfremdenverkehr nimmt auch außerhalb der Skizentren in steigendem Maße zu, weil auch die Zahl jener Auslandsgäste ständig ansteigt, die nicht des Wintersportes, sondern der Wintererholung wegen nach Österreich kommen.

Dieser Teil der Gäste weiß vielleicht auch um die winterlichen Wetterlaunen in südlichen Breiten und kennt sicher den medizinisch erwiesenen und- unübertroffenen gesundheitlichen Wert des alpinen Winterklimas.

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