"Wir leben von Visionen"

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Die Investkredit wurde am 19. Juli 1957 gegründet. Grund genug, um mit Generaldirektor Wilfried Stadler über das Osteuropa-Geschäft, den Integrationsprozess in die Volksbank-Gruppe und die Regulierungswut zu sprechen.

Die Furche: Herr Generaldirektor Stadler, 50 Jahre Investkredit sind ein guter Anlass, um über Gewesenes zu reflektieren und sich über Künftiges Gedanken zu machen. Im vergangenen Jahr wurde die Investkredit in die Volksbank-Gruppe eingegliedert, welche Hauptvorteile ergaben sich durch das Zusammengehen mit der Volksbank-Gruppe?

Wilfried Stadler: Zum einen ist die Internationalisierung gemeinsam mit den Konzernbanken der Volksbank-Gruppe viel besser möglich als alleine. Zum anderen vergrößerte sich die Produktpalette: Wir waren immer nur eine Bank für langfristige Kredite und Investitionen und können nun als Spezialbank für Unternehmensfinanzierung das komplette Spektrum abdecken, das es vom Kapitalmarkt bis zum Kreditmarkt braucht, um Unternehmen im Wachstum zu begleiten. Und nicht zu vergessen, dass wir mit der Volksbank gemeinsam eine relevante Größe im österreichischen Bankensystem erreicht haben, die es im Bezug auf die Risikogrößen erlaubt, auch für große, wachsende Unternehmen lieferfähig zu sein.

Die Furche: Wie geht die Investkredit im Verbund mit der Volksbank-Gruppe das Osteuropa-Geschäft an?

Stadler: Es gibt einen echten Parallel-Auftritt in den zentral- und osteuropäischen Märkten - natürlich mit komplementären Produkten. Wir eröffnen auch bald eine Investkredit-Niederlassung in der Ukraine, wo auch die Volksbank International schon eine Tochter hat.

Die Furche: Das heißt, an den Grenzen der neuen EU-Länder ist für die Investkredit nicht Schluss?

Stadler: Für uns ist Europa westlich des Ural ganz klar ein Thema - einschließlich Russlands. Auch in den ehemaligen jugoslawischen Ländern ist noch sehr viel Dynamik drinnen. Im zentral- und osteuropäischen Raum sind wir eine der vier größten österreichischen Netzwerkbanken. Wir sind zwar die, die am wenigsten im öffentlichen Bewusstsein verankert ist, was wohl auch damit zu tun hat, dass sich die Volksbank International auf Grund eines Führungswechsels in den vergangenen Jahren neu konstituieren musste. Doch ich bin überzeugt, dass sie sich nun öffentlich mehr zeigen wird, und dann wird deutlich werden, dass das eine Bankengruppe ist, die in zehn Ländern tätig ist.

Die Furche: Vor allem österreichische Banken sind in Süd- und Osteuropa aktiv. Ist dort wirklich noch immer das große Geld zu machen?

Stadler: Es braucht natürlich eine gewisse Marktdurchdringung, soll heißen, dass ein Marktanteil von mindestens fünf Prozent als sinnvoll gilt. Diesen Wert überschreitet die Volksbank International in einigen Märkten deutlich. Man darf auch nicht vergessen, dass der Bankendurchdringungsgrad in diesen Märkten - gemessen an der Bilanzsumme aller Banken am Bruttosozialprodukt - noch gering ist. Dieser Wert liegt in Relation mit westeuropäischen Ländern im Schnitt bei 1:5. Mit steigendem Beschäftigungsgrad und steigendem Wirtschaftswachstum, das unter stabilen politischen Bedingungen zwischen vier bis sieben Prozent in den kommenden acht bis zehn Jahren betragen soll, gibt es im Bankgeschäft noch immer einen Nachholbedarf.

Die Furche: Kommen wir auf Vergangenes zu sprechen. Wie hat sich der Integrationsprozess in die Volksbanken-Gruppe gestaltet?

Stadler: In Summe ist der Neubau der Bank gut gelungen, man macht aber auch Fehler in so einem Prozess, weil er so zügig umgesetzt werden muss. Oft fehlt die notwendige Zeit, um diese Veränderungen ausreichend bei allen Mitarbeitern zu verankern, man ist geradezu gezwungen, eine Reihe von Top-down-Entscheidungen zu treffen. Man schafft viele neue Situationen, die nicht immer zu dem Zeitpunkt, zu dem sie entstanden sind, die ausreichende Zustimmung aller Betroffenen haben können. Wir starten gerade einen Strategieprozess, der ganz gezielt von unten nach oben geführt wird und alle Mitarbeiter einbezieht, um dieses "Bild des Unternehmens", das vom Management hingestellt wurde, auch inhaltlich gemeinsam zu tragen. Als Dienstleister lebt man nicht nur von monetären Zielen, die man erreichen muss, sondern von der Gemeinsamkeit der Vision, die alle Mitarbeiter verbindet. Man muss erkennen, welchen Nutzen man für den Kunden stiften kann. Und auch Bereiche finden, in denen man sich von der Konkurrenz abhebt, denn man begeistert heute niemanden mehr am Markt, indem man sagt, es gibt uns auch. Mit so einem spezialisierten Ansatz sind wird in Deutschland zu einem der Marktführer in der mittelständischen Akquisitionsfinanzierung geworden.

Die Furche: Und was bringt die Zukunft?

Stadler: Am Beispiel des Mittelstands-Bonds (Anleihe von mittelständischen Unternehmen; Anm.) wird erkennbar, dass wir uns als eine Bank sehen, die Kapitalmarktinstrumente für den Mittelstand anwendbar macht. Wir wollen alle Vorteile, die der Kapitalmarkt den Großunternehmen bietet, durch eigene Produktkonfigurationen herunterbrechen, um sie den starken mittelständischen Betrieben zugänglich zu machen. Vor dem Hintergrund des unglaublichen unternehmerischen Aufbruches, den es in den letzten 15 Jahren in Österreich gab: Privatisierung der Verstaatlichten, EU-Beitritt und EU-Osterweiterung, ist das auch notwendig. Es hat eine Binnenglobalisierung stattgefunden - innerhalb der EU -, die ich immer öfter auch als Neue Gründerzeit bezeichne.

Die Furche: Doch nicht nur Aufbruch war und ist zu spüren, auch der Wunsch nach Regulierung und Kontrolle seitens des Staates ist merkbar stärker geworden …

Stadler: Wir befinden uns derzeit in einer Art "Tyrannei der Regulative", wie durch die strikten Kreditrichtlinien nach "Basel II" (vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht beschlossen, gültig seit 1. Jänner 2007, Anm.). Die Finanzmarkt-Aufsichtsbehörden sollten künftig einen stärkeren Blick auf die überhaupt nicht regulierten Bereiche wie die Hedge Fonds legen. Man soll nicht das für jeden einsehbare Bankgeschäft erschweren und absolut unregulierte Marktsegmente unbeachtet lassen, denn die eigentliche Finanzmarkt-Dynamik findet in diesen unkontrollierten Bereichen statt.

Die Furche: Warum ist das so?

Stadler: Die europäischen Finanzmarkt-Aufsichtsbehörden tun hier noch zu wenig, da sie wissen, dass das von den angloamerikanischen Kapitalmarktteilnehmern nicht geschätzt wird. Es muss in diesem Bereich wohl erst etwas Gröberes passieren, bevor gehandelt wird.

Das Gespräch führte Thomas Meickl.

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