Wirtschaft auf der Werte-Welle

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In Laxenburg diskutierten Unternehmer über die Bedeutung immaterieller Werte für die Wirtschaft.

Arbeitsplatzabbau in Kapitalgesellschaften, die gleichzeitig immer höhere Gewinne an ihre Aktionäre ausschütten; Umweltgesetze, die den Unternehmen zuliebe gebeugt werden, bis sie fast brechen; Monatsgehälter, für die ein durchschnittlicher Angestellter jeweils mehrere Jahre lang arbeiten müsste - man kann leicht den Eindruck gewinnen, Wirtschaft wäre das Gegenteil von Ethik. Einer aktuellen imas-Umfrage zufolge sind 68 Prozent der österreichischen Bevölkerung der Ansicht, dass es in der Wirtschaft ein zu großes Gewinnstreben gebe, bei dem die Menschlichkeit unter die Räder kommt. Und je höher die Bildung, umso höher die Zustimmungsrate. Insgesamt halten nur 18 Prozent diese Aussage nicht für gerechtfertigt. Dabei widersprächen sich starkes Gewinnstreben und soziales Verhalten in der Wirtschaft grundsätzlich nicht, sagten 61 Prozent der Bevölkerung - auch hier steigt die Zustimmung mit der Bildung. Nur 29 Prozent glauben nicht, dass Gewinnstreben und soziales Verhalten vereinbar seien.

Werte in Praxis und Theorie

Auf der anderen Seite scheint bei vielen Wirtschaftstreibenden doch das Bewusstsein vorhanden zu sein, dass Werte im Unternehmen verankert und gelebt werden müssen. Im Rahmen des Zyklus "Management & Spiritualität" des Forum Laxenburg fand vergangenen Freitag ein Symposium zum Thema "Einführung von Wertemanagement - theoretische Konzepte und praktische Modelle" statt, in dem Michael Heinisch, Geschäftsführer des Ordensspitäler-Verbundes Vinzenz Gruppe, das Werte-Verständnis des Unternehmens vorstellte. Fünf Werte sind es, die in der Firmenphilosophie verankert sind und sich schon aufgrund der Eigentümer ergeben haben: Glaube, Barmherzige Liebe, Hochachtung und Herzlichkeit, Wahrhaftigkeit sowie soziale und ökonomische Verantwortung. "Diese Werte werden auch gelebt", betont Heinisch. So lässt beispielsweise jede Abteilung einen der Werte als Schwerpunkt in ihre Arbeit einfließen, es gibt Kommunikationsprojekte und Besinnungstage. Auch in der Führungsstruktur schlägt sich Wertemanagement nieder: In jedem Krankenhaus gibt es eine Wertegruppe, im Konzern einen Zentralbereich Wertemanagement. Werte sind Teil der Zielvereinbarung und der Bonifikation. Heinisch ist sich bewusst, dass gerade im Gesundheits- und Pflegebereich Menschlichkeit von den Patienten erwartet wird und daher ein direkter Vorteil gegenüber Mitbewerbern ist, die diese Werte nicht so offensiv im Unternehmen verankert haben. "Aber ich bin mir sicher, dass jedes Unternehmen in jeder Branche einen Vorteil haben kann, weil gelebte Werte sich über die Mitarbeitermotivation in der Qualität von Produkten und Dienstleistungen manifestieren."

Werte als Feigenblatt

Klaus Woltron, Eigentümer der Minas-Gruppe, ist sich da nicht so sicher. Wo die angebotene Leistung der Dienst am Menschen sei, steigere Wertebewusstsein die Attraktivität für den Kunden, aber dies sei nicht ohne weiteres auf andere Bereiche umzulegen, wo "nur die Verzinsung des eingesetzten Kapitals zählt." Teilweise handelten Unternehmer daher sogar wider besseren Wissens unmoralisch. "Aber sie können nicht anders, weil die Aktionäre das von ihnen erwarten."

Und die zahlreichen Nachhaltigkeitsberichte und Unternehmensphilosophien, die doch so viel versprechend klingen? "Ich bin skeptisch, dass das über eine Absichtserklärung, ein Feigenblatt hinausgeht", erklärt Woltron weiter. "Erst wenn eine steigende Anzahl von Menschen das System versteht und ändern will, werden Politiker auf dieser Welle zu surfen beginnen." Schließlich müssten die Regeln des Systems geändert werden, um "den Menschen als Ganzes an die Spitze der Wertepyramide zu bringen". Reine Freiwilligkeit der Unternehmer genüge dafür nicht. "Freiwillige Erklärungen gibt es ja längst, und trotzdem gab es Großbetrugsfälle wie Enron, Worldcom, Parmalat und Co."

Wenig optimistisch, solche Veränderungen im Guten zu erzielen, zeigte sich allerdings Johann Schelkshorn, Philosoph und Theologe an der Universität Wien. Um die Wirtschaft in Bahnen zu lenken, die der Gesellschaft und nicht nur einzelnen dienen, seien "keine Reformen nötig, sondern ein Systemumbau. Und wenn man in die Geschichte schaut, hat es einen solchen immer nur durch Katastrophen gegeben."

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