Wo Schwarzwäsche überall herumleakt

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Das waren noch Zeiten, als der brave Staatsbürger den russischen Mafioso in die Banken auf der Kärntner Straße gehen sehen konnte, mit großen Koffern beladen, alle voller Geld. Und als der Herr herauskam, mit leeren Koffern, wusste man: Es war soeben wieder ein waschechtes Erfolgsgeschäft für den "Finanzplatz Österreich" gelungen. Und heute? Man denke, die Menschheit lerne aus der Geschichte. Jaja. Die Wildostzeiten sind vorbei. Das Bankgeheimnis abgeschafft.

Aber was heißt das schon? Das Volumen des in Steueroasen gebunkerten Geldes hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Deshalb ist der eigentliche Skandal hinter den Panama-Papers nicht, wer wieviel auf diesen Konten hat. Es ist auch publizistischer Autismus, nun Stricherl-Listen anzulegen, welches Land wieviele Hinterzieher und Gauner aus den Panama-Papers zugeordnet bekommt. Am Ende wird da noch ein Skandal aus dem Umstand gedrechselt, dass sich die Räuber nicht gleichmäßig über die Staaten der Welt verteilen lassen. Ja wie denn auch?

Die politische Toleranz des Scheins

Nein, der Skandal ist, dass die Politik die Finanzvehikel zum Zwecke eines anonymisierten Kapitalflusses mit zwinkerndem Auge toleriert, ob in Panama, auf den Jungferninseln, in den USA, aber auch in Deutschland -um nur einige zu nennen. Es sind die Regierungen der reichsten Staaten der Welt, die dagegen seit Jahren nichts unternehmen. Und das trotz eindeutiger Rechtslage, die Steuerbetrug und Geldwäsche verbietet.

Aber das Gesetz ist die eine Angelegenheit. Sein Vollzug die andere. Und bei der Umsetzung sieht es gerade so schwarz und düster aus wie auf den Konten der Scheinfirmen. So sind allein in Europa 18 von 27 EU-Staaten ohne ausreichende Rechtsinstrumente, mit Scheinfirmen in Zusammenhang stehende Rechtskonstrukte zu überprüfen. Damit ist man aber trotzdem weiter als etwa die USA, wo Banken nicht einmal verpflichtet sind, die Identität von Unternehmenskunden und jene der wirtschaftlich Berechtigten zweifelsfrei zu ermitteln. Das Gleiche gilt für die meisten Mitglieder der Afrikanischen Union und die Länder Asiens.

Das Problem ist also der seit Jahren bekannte Graubereich und das Scheitern jeglicher Initiative, Scheinfirmen und ihre Besitzer transparent zu machen. "Zeig her, was du in den Taschen hast", gilt heute für alle Sozialausgaben und Zuwendungen des Staates an den Einzelnen in vielen hochentwickelten Ländern, Österreich inklusive. Aber während man dem nunmehr gläsernen Sozialhilfebezieher bis in die intimsten Lebensdetails heimleuchtet, wird dem Steuerhinterzieher der Vorhang in sein diskretes Separee geöffnet.

Als Türsteher fungieren hochangesehene Finanzdienstleister. Bei einem Test der Weltbank wurde ein E-Mail an 3000 dieser Unternehmen geschickt mit der Bitte, ein anonymes Unternehmen in den Seychellen zu eröffnen. 48 Prozent der angeschriebenen Finanzberater waren dazu bereit, und die Mehrheit der Korrumpierbaren befand sich nicht in Steuerfluchtoasen, sondern in den Staaten der OECD. All das befördert eine Entwicklung, die sowohl die Marktwirtschaft als auch die Globalisierung massiv behindern und verzerren. Nicht nur in den aktuell in Verruf stehenden Russland, Island, Iran oder Großbritannien. Gerade in den ärmsten Ländern der Welt wirken Scheinfirmen wie Turbogeneratoren der Kleptokratie. Hier geht es längst nicht mehr nur um ein paar Millionen für den einen oder anderen Gauner.

Produzenten der Elends

In den vergangenen zehn Jahren haben die Eliten der 139 Entwicklungsländer insgesamt 7,8 Billionen Dollar aus ihren Ländern gebracht. Zum Vergleich die Gesamtschulden dieser Länder: 4,08 Billionen Dollar. Oder sagen wir es noch konkreter anhand von Afrika: Pro Jahr werden dort 51 Mrd. Dollar gestohlen. Das ist mehr als an Entwicklungshilfe (48 Mrd.) jährlich nach Afrika fließt. Dieser Kontinent ist nicht arm und von Kriegen zerrissen, weil ein übermächtiger Geist ihn straft. Er ist arm, weil er permanent um seinen Reichtum betrogen und geplündert wird und Kriminelle im Verbund mit amerikanischen und europäischen Banken und Fonds davon profitieren.

Warum die Verfolgung der Diebe und ihrer Hehler nicht passiert, ist letztlich die entscheidende Frage. Sie muss an die Politiker weitergegeben werden, die sich jetzt allenthalben über die "schwarzen Schafe" des Kapitalismus entrüsten, aber gerne die Hand aufhalten, wenn es um Parteispenden aus eindeutig fragwürdigen Quellen geht (siehe Seite 7). Und wenn man das in Betracht zieht und nur ein wenig weiter denkt, müssen wir sie fragen, auf welche Art das schmutzige Kapital bereits die Entscheidungsfindung in unseren Demokratien beeinflusst und warum für die Delinquenten trotz hinreichender Indizien alles so gut läuft -oder sollte man besser sagen: "... wie geschmiert"?

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