Wunsch nach Sicherheit

Werbung
Werbung
Werbung

Traditionelle Beziehungsmodelle sind nicht „von gestern“, Sorgen um die Zukunft jedoch auch nicht. Ein Querschnitt durch das heutige Leben Jugendlicher.

Setzen Jugendliche auf Stabilität oder Selbstverwirklichung, spielt Partnerschaft noch eine Rolle oder regiert der Egotrip, sind sie gesellig oder doch nur Komasäufer? Studien setzen auf Tatsachen statt Vorurteile und versuchen, ein Bild zu zeichnen, wie die Jugend heute lebt.

Ein klares Bekenntnis zur Geselligkeit zeigt so etwa die Analyse der Lebensfelder in der jüngsten Jugendwertestudie („Lieben, Leisten, Hoffen“, Czernin Verlag, 2008). Der Freundeskreis liegt klar an erster Stelle und holte über die Jahrzehnte auf: 1990 nahm er nur den dritten Platz ein, hinter den Lebensbereichen Familie und Freizeit, die nun auf Platz zwei und drei rangieren. Die unrühmlichen letzten Plätze werden – wie bei den Erwachsenen – den Bereichen Religion und Politik zuteil. Schule und Arbeit sind beliebter.

Ist der Freundeskreis schon so wichtig für die junge Generation, so stehen folglich als Freizeitbeschäftigung Aktivitäten mit Freunden ganz hoch im Kurs. Beliebt sind auch Fernsehen, Video- oder DVD-Schauen. In weiterer Abfolge zeigen sich in Hinblick auf das Geschlecht deutliche, fast „klassische“ Unterschiede:

Freizeit und Gender

Während vor allem die 18- bis 24-jährigen jungen Frauen nach Schule oder Arbeit bereits am dritthäufigsten im Haushalt mithelfen (müssen) und auch weitaus häufiger shoppen als ihre männlichen Alterskollegen, widmen diese sich eher dem Fernsehen oder dem Computer.

Das krasseste Umdenken im Zeitvergleich fand innerhalb der letzten 20 Jahre im Lebensbereich „Arbeit“ statt. Ingrid Kromer vom Institut für Jugendforschung erklärt: „Der Stellenwert hat sich massiv verändert, Arbeit ist zum kostbaren Gut geworden. Stand 1990 noch die Selbstverwirklichung im Job an erster Stelle, so ist es jetzt ein sicherer Arbeitsplatz.“ Einer „guten Bezahlung“ und einer „interessanten Tätigkeit“ nachzugehen, messen Jugendliche ebenfalls große Bedeutung bei. Ein Beruf mit Verantwortung oder mit „wenig Stress“ wird gegenüber einem Beruf, „in dem man etwas Sinnvolles für die Allgemeinheit tun kann“ bevorzugt. Arbeitslosigkeit steht an der Spitze jener Faktoren, über die sich Jugendliche die meisten Sorgen machen. Das dann erarbeitete Einkommen beziehungsweise ihr Taschengeld verwenden junge Menschen in erster Linie für Freizeitaktivitäten wie etwa Ausgehen, Lokalbesuche oder Kino sowie für ihre eigene Wohnung, so eine Umfrage der GfK-Austria im Auftrag der Erste Bank/Sparkasse. Erst dann folgen alltägliche Dinge wie Kleidung oder Pflegeprodukte. Die Schlusslichter bilden Ausgaben für Urlaub, Hobbys, Ausbildung und Fortbewegungsmittel. Auch an die finanzielle Absicherung wird gedacht: 58 Prozent der befragten Jung-Österreicher zwischen 15 und 30 Jahren haben eine Altersvorsorge abgeschlossen, glauben doch nur sieben Prozent der Befragten an die volle Sicherheit der staatlichen Pension beim eigenen Pensionsantritt. 52 Prozent denken, dass es „zu Schwierigkeiten bei der staatlichen Pension kommen könnte“.

Zuversichtlich sind Jugendliche, was Lebenspartnerschaft und Ehe anbelangt. Denn die haben laut Jugendwertstudie trotz steigender Scheidungsrate und gescheiterter Familienentwürfe noch lange nicht ausgedient: Sie stellen nach wie vor attraktive Beziehungsformen dar. So zeigen die Daten, dass mehr als drei Viertel der befragen Jugendlichen einmal standesamtlich und rund zwei Drittel auch kirchlich heiraten wollen.

Austoben, dann binden

Zwei Leitgedanken sind beim präferierten Beziehungsmodell zu erkennen: Zum einen ein klares „Ja“ zu einer fixen Beziehung in der Gegenwart, bei der erst in späterer Zukunft an Kinder gedacht wird, und zum anderen ein klares „Ja“ zum Single-Dasein mit der Option auf Bindung in späterer Zukunft, sobald genügend ausprobiert und erlebt wurde.

Die eigene Religiosität beschreiben könnte die oder der „typische“ Jugendliche in Österreich so: „Ich glaube an Gott, bin aber nicht religiös.“ In der untersuchten Zeitspanne von 1990 bis 2006 wird die Schere immer größer zwischen einer niedrigen Zustimmung zu einem religiösen Selbstverständnis und einer hohen Zustimmung zum Glauben an Gott. Den Grund vermuten Forscher darin, dass Jugendliche mit „religiös“ nicht viel mehr als eine traditionelle, kirchlich praktizierte Form von Religiosität assoziieren. Nur mehr sieben Prozent der jungen Menschen besuchen wöchentlich den Gottesdienst, nur mehr zehn Prozent beten oft, die Hälfte aller Jugendlichen betet nie.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung