"Zu einer vernünftigen Ordnung kommen"

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Der Vorsitzende der Pensionsreform-Kommission, Theodor Tomandl, über die mögliche Abschaffung der Frühpensionen.

Die Furche: In Österreich ist die Zahl der Beschäftigten im Alter ab 55 Jahren im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedern sehr gering. Was machen andere Länder anders?

Theodor Tomandl: In anderen Staaten gibt es ein höheres Pensionsalter. Dazu kommt, dass auf der einen Seite Arbeitnehmer gekündigt werden, wenn sie das Frühpensionsalter erreichen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch sehr viele Leute, die eine Frühpension anstreben. Und die ist im Verhältnis zur Regelpension zu hoch.Wenn die Kosten für die Gesamtheit identisch wären, egal ob jemand früher oder später in Pension geht, dann würde das nichts ausmachen. Im jetzigen System sind die Abschläge für die Frühpension aber zu niedrig.

Die Furche: Was ist der bessere Weg: die Abschaffung der Frühpension oder die Erhöhung der Abschläge?

Tomandl: Man kann natürlich sagen, wenn es dasselbe kostet, ist es an sich egal, wann die Leute in Pension gehen. Aber es geht ja auch um die Produktivität im Land und darum, dass man eine gewisse Erwerbsquote haben will.

Die Furche: Würde nicht die Abschaffung der Frühpensionen in der betroffenen Altersgruppe einen Anstieg der Arbeitslosigkeit bewirken?

Tomandl: In einem gewissen Umfang wird das richtig sein. Aber man kann deutlich sehen, dass sich vor allem in den kleinen und mittleren Betrieben die Unternehmer sehr zurückhalten, Arbeitskräfte abzubauen, bevor sie eine Pension bekommen können. Und insofern kann man erwarten, dass für diesen Sektor ein Hinaufsetzen des Pensionsalters nicht zu einer Steigerung der Arbeitslosigkeit führen wird.

Auf der anderen Seite müssen wir endlich die Tatsachen beim Namen nennen: Es ist das Risiko der Invalidität, das Risiko des Alters und das Risiko der Arbeitslosigkeit jeweils etwas anderes. Ab einem bestimmten Alter bekommt man eine Pension.Wenn man jünger und arbeitsfähig ist, aber keine Arbeit hat, ist das ein großes Pech, aber dann ist das ein Fall für die Arbeitslosenversicherung. Solange der Betreffende Arbeitslosengeld bezieht, hat er auch weiter die Betreuung durch das Arbeitsmarktservice. Wenn ich ihn aber in Frühpension gebe, bemüht er sich selber nicht mehr um einen Arbeitsplatz und auch das AMS hat mit ihm nichts mehr zu tun. Es ist dann eine endgültige Entscheidung. Auch Invalidität ist ganz etwas anderes. Wenn wir nicht bereit sind, das zur Kenntnis zu nehmen, werden wir nie zu einer vernünftigen Ordnung kommen.

Die Furche: Würde die Senkung der Lohnnebenkosten für Dienstnehmer ab einem Alter von 60 Jahren die Beschäftigungsquote erhöhen?

Tomandl: Durch die Kollektivverträge steigt bei Älteren das Einkommen. Man muss also schauen, wie man über die Nebenkosten die Lohnkosten wieder senkt. Aber es ist auch ein psychologisches Problem. Man muss durchsetzen, dass nicht jemand, weil er 55 Jahre alt ist, wertlos ist. Zudem haben oft junge Manager Angst, Mitarbeiter mit mehr Erfahrung könnten besser sein als sie. Wir müssen einen Haltungswechsel herbei führen.

Das Gespräch führte Claudia Feiertag

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