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Zukunft fängt im Kopf an

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Politiker und Wirtschaftsexperten zur Frage: „Wie kann der Industriestandort Österreich gesichert werden?“

EWALD NOWOTNY, FINANZSPRECHER DER SPO:

Österreichs Wirtschaft muß auch in Zukunft über einen starken industriellen Kern verfügen. Eine Beschränkung auf bloße „Blaupausen-Ex- porte“ wäre eine Illusion. Gerade die Industrie ist auf große offene Märkte angewiesen. Eine EU-Mitgliedschaft ist daher nötig, um informelle Diskriminierungen zu vermeiden. Man muß sich nur die derzeitigen Probleme im passiven Veredelungsverkehr, wo ein EU-Beitritt zum Beispiel für die Textil- und Autozuliefer-Industrie von zentraler Bedeutung ist. Strukturwandel und Innovationstempo werden steigen. Dies erfordert eine hohe Qualifikation der Arbeitskräfte und verstärkten For- schungs- und Entwicklungsaufwand. Gerade im Forschungs- und Entwicklungsbereich gibt es - trotz positiver Gegenbeispiele - in Österreichs Industrie noch große Schwächen. Hier wäre, nach der erfolgten Entlastung bei Finanzierungsfragen, künftig ein Schwerpunkt der Steuer- und Förderungs politik zu setzen.

ERICH SCHREINER, WIRTSCHAFTSSPRECHER DER FPO:

Die Zukunft der österreichischen Industrie wird nur dann gesichert sein, wenn wir die Attraktivität des Standortes Österreich heben, dies kann geschehen durch eine optimale nächste Etappe der Steuerreform, durch massive und starke Einschränkung der Lohnnebenkosten, durch eine Attraktivierung des österreichischen Kapitalmarktes und durch ein Anlagegenehmigungsverfahren, welches industriefreundlicher ist.

KARL AIGINGER, INDUSTRIEEXPERTE DES WIRTSCHAFTSFORSCHUNGSINSTITUTES (WITO): Österreich ist ein Standort für hochwertige Industrieproduktion (die Produktivität ist höher als in Deutschland, wir haben einen der höchsten Industrieanteile).

Wir müssen das nur erkennen und entsprechend vermarkten. Anspruchsvolle Umweltziele müssen langfristig angestrebt werden, nicht durch Stop in der Rezession und Go vor Wahlen und Abstimmungen.

Die EG-Mitgliedschaft ermöglicht höhere Einkommen und niedrigere Preise. Wenn die Beziehungen gut „gemanagt“ werden, ist unser Gestaltungsspielraum größer, als wenn wir als Außenseiter die europäischen Gesetze mit Augenzwinkern nachvollziehen. Die Ausbildung der Arbeiter und Manager ist der wichtigste Wettbewerbsfaktor, das Niveau kann nur gehalten werden, wenn die Mobilität, die externen Leistungsvergleiche und der internationale Charakter der Ausbildung verstärkt werden. Die öffentliche Hand soll ihre Ziele neu definieren und sich als Servicefirma zu verstehen beginnen. Steuern und das Ausmaß der öffentlich geregelten Sachverhalte sollen zurückgehen, der wichtige Rest (Umwelt, Forschung, Gesundheit, Bildung) professionell gemanagt werden.

BERNHARD FELDERER, DIREKTOR DES INSTITUTS FÜR HÖHERE STUDIEN: Der Staat kann kaum kurzfristig, wohl aber mittel- und langfristig der Industrie helfen, international wettbewerbsfähig zu bleiben. Dazu sind eine Fülle von Maßnahmen von einer Verbesserung der Infrastruktur, bis zu einem stärkeren staatlichen Engagement bei der Schulung und Weiterbildung von Mitarbeitern geeignet. Eine protektionistische Politik hingegen darf es auch im Interesse der österreichischen Industrie nicht geben. Die entscheidende Rolle in dem aller Voraussicht nach auch mittel- und langfristig harten Konkurrenzkampf auf den Märkten von Industrieprodukten werden die, Fähigkeiten und der Weitblick der Unternehmer und Manager in den Industrieunternehmen spielen.

MADELEINE PETROVIC, WIRTSCHAFTSSPRECHERIN DER GRÜNEN: Die Grünen fordern eine offensive und strategische Industriepolitik. Diese müßte sich schwerpunktmäßig an der Qualifizie rung der Standorte sowohl hinsichtlich der Bereitstellung von Infrastruktur als auch der Qualifi zierung von Arbeitskräften orientieren. Ökologische Investitionen, die Forcierung von Umwelttechnologien und die Umstellung auf innerbetriebliche Öko-Bilanzen stellen gerade in wirtschaftlich rezessiven Zeiten eine Chance dar, deren Nutzung die Sicherung des Industriestandorts Österreich gewährleisten wird.

MARTIN BARTENSTEIN, INDUSTRIESPRECHER DER OVP:

Um der Kostenschere zu entkommen und einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern, sind vor allem die Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu erhöhen und die Aus- und Weiterbildung und Entbürokratisierung voranzu treiben. Dringend erforderlich ist darüber hinaus die Flexibilisierung der Arbeitszeiten und der Ausbau des Telekommunikationsnetzes. Die Lohnnebenkosten müssen durch eine steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit gesenkt werden. Im Gegenzug ist eine stärkere Besteuerung der Ressourcen erforderlich.

GEORG J. E. MAUTNER MARKHOF, INDUSTRIESPRECHER DES LIBERALEN FORUMS:

Die Industrie bedarf eines möglichst freien Zuganges zu ihren Absatzmärkten. Konkret: Sollten wir nicht der Europäischen Union beitreten, so wäre dies ein nahezu tödlicher Schlag für die Industrie. Auflagen, die die Industrie direkt oder indirekt betreffen, dürfen nur im Gleichklang mit anderen europäischen Industriestaaten erfolgen. Das gilt auch - und insbesondere - für. Maßnahmen des Umweltschutzes. Die so oft geforderte Vorreiterrolle klingt zwar gut, kann aber unter Umständen für die Wirtschaft verheerende Folgen zeitigen.

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