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Zusammenarbeit, dann kann uns nichts passieren

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diefurche: Die Wiener Hotellerie hat 1994 eine durchschnittliche Auslastung von knapp 50 Prozent erreicht Können Sie damit leben ? kosci: Nein, alles unter 54 Prozent wäre ein katastrophaler Verlust.

diefurche: Marriott ist eines der bestbelegten Hotels in Wien Mit welche Auslastung?

kosci: Durchschnittlich kommen wir auf 77 Prozent. 1993 waren es über 79 Prozent. Im vergangenen Jahr jedoch' hatten wir ein Minus von vier Prozent. Genauso erging es zehn weiteren 5- und 4-Sterne Hotels, für die ich sprechen kann. Alle haben im Vorjahr schlechter abgeschnitten.

diefurche: Wie erklärt sich dann das 1994 in Wien erzielte Nächti-gungsplus von über fünf Prozent ? kosci: Hotels, die wir repräsentieren, sind vorwiegend im Businessgeschäft tätig Mit Touristikkunden machen wir nur 15 Prozent unseres Geschäftes. Auch der Hotelbestand

in Wien hat sich bedeutend erhöht. Das reduziert ebenfalls die Durch-Schnittsauslastung. (Wien verfügt derzeit über 340 Hotels und Pensionen mit insgesamt 40.000 Betten. Davon sind 47 Betriebe der 5-Ster-ne-Kategorie und 136 der 4-Sterne-Kategorie zuzurechnen. Anm.d.Red.)

diefurche: Der Geschäftsreisende ist doch ein guter Kunde? kqcsi: BYüher war das so. Da kam ein Geschäftsmann mit fünf Leuten und blieb vier Tage hier. Jetzt kommt er mit zwei Leuten und bleibt zwei Tage. Anstelle daß er eine Cocktailparty und ein Abendessen arrangiert, seine Wäsche hier waschen läßt und telefoniert, hat er nun sein Handy mit und die Sachen für das einmalige Umziehen hat er mitgebracht. Aus. Das sind Milliardenbeträge, die uns fehlen.

diefurche: Geht es allen Hotels der gehobenen Kategorie ähnlich wie Marriott?

kosci: Ich kann nur für die elf größten Wiener Hotels sprechen und denen geht es ähnlich wenn nicht schlechter.

diefurche: Wieso sind Sie über Ihre Mitbewerber so gut informiert ? kqcsi: Vor acht Jahren haben sich die elf Hotels (ANA, Rristol, Hilton, Intercontinental, Imperial, Marriott, Penta, Plaza, Renaissance, SAS, Scandic) zusammengetan und den General Managers Council (GMC) gegründet. Seither treffen wir uns einmal im Monat und besprechen finanztechnische, vermarktungsstrategische, und personalpolitische Probleme. Wir diskutieren auch, was in unsere Überlegungen noch zusätzlich miteinbezogen werden kann, damit wir mittel- und langfristig überstehen können.

diefurche: Zu welchen Erkenntnissen kamen Sie da?

kqcsi: Wir repräsentieren verschiedene Hotelketten mit ganz spezifi-

schen Schwerpunkten am Markt. Wir arbeiten zusammen, nicht gegeneinander. Wir werben zusammen, wir treffen zusammen personalpolitische Entscheidungen. Wir treten gemeinsam als Lobby auf. Momentan ist die Eröffnung einer gemeinsamen Wäscherei im Gespräch.

diefurche; Ihr Appell zur Zusammenarbeit klingt sehr ernst Glauben Sie nicht, daß, sollte es allen wieder besser gehen, alle guten VErsätze vergessen sind?

kqcsi: Wir sind momentan mit einer ungeheuren Kostenspirale konfrontiert. Doch die Mehrkosten können wir nicht mehr, so wie früher, einfach an die Konsumenten weitergegeben. Sie sind nicht mehr bereit zu zahlen. Wenn es uns nicht gelingt, die Situation in den Griff zu bekommen - und hier fallen mir Parallelen zum aktuell diskutierten Sparpaket ein - sind wir endgültig weg vom Fenster.

diefurche: Der Wirtschaft geht es besser. Bekommt das auch Ihre Branche zu spüren?

kqcsi: Von einer Erholung merken wir in unserer Branche noch nichts. Im Gegenteil, im Moment ist das Geschäft ganz schlecht.

diefurche: Wie ist Ihr Konzept zur Krisenbewältigung? kqcsi: Eine kluge Marktpositionierung wie auch eine kluge Vermarktung. Weiters streben wir gut durchdachte Budgetsynergien an, um so die größte erzielbare Masse zu erreichen. Das Land, die Stadt, die verschiedenen kleinen Kreise müssen mehr zusammenarbeiten. Es darf kein Hotelier so wahnsinnig sein zu glauben, er ist der einzige auf der Welt. Wir müssen in einer halbwegs vernünftigen Gemeinschaft mitkonzipieren und mitfinanzieren. Wenn uns das gelingt, kann uns nichts passieren.

Mit Stefan Kocsi

sprach Irmgard Inführ.

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