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Zwang zur Müllverbrennung

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Der Entwurf des Umweltministeriums fiir die Deponieverordnung sieht eine dirigistische Weichenstellung für die Müllverbrennung vor.

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Der Entwurf des Umweltministeriums fiir die Deponieverordnung sieht eine dirigistische Weichenstellung für die Müllverbrennung vor.

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Die Umweltbranche wird von zahlreichen Wirtschaftsforschern als die Wachstumsbranche der Zukunft bezeichnet. Zum einen wird Produkten und Verfahren, die Umweltbelastungen von vornherein vermeiden, eine große Zukunft vorhergesagt. Zum anderen wird es — leider - noch lange Zeit der Entwicklung von Technologien bedürfen, die bereits entstandene Umweltschäden und Altlasten sanieren helfen. Österreichische Unternehmen sind auf dem Gebiet der Umwelttechnik sehr erfolgreich tätig. So überrascht es auch nicht, daß auf der Wiener Umweltmesse UTEC im vergangenen Oktober österreichische Unternehmen auch ihre zahlreichen Innovationen im Bereich der Abfallbehandlung präsentiert haben.

Geht es nach dem Willen des Umweltministeriums, so könnten manchen dieser Entwicklungen die Absatzchancen am österreichischen Markt bald abhanden kommen. Denn die mit 1. Jänner 1995 geplante Deponieverordnung würde die MuRverbrennung als einzige zulässige Abfallbehandlungsmethode festschreiben. Rudolf Ängeli von der Firma Porr Umwelttechnik ist zwar selbst kein Gegner der Müllverbrennung, sieht aber in der Festschreibung eines einzigen Verfahrens die Gefahr, daß Innovationen im Bereich von alternativen Behandlungsmethoden stark erschwert würden. Die Firma Porr selbst hat Know-How für ein bisher sehr erfolgreiches Pilotprojekt zur Biologisch-Mechanischen Abfallbehandlung (BMA) in Freiburg im Breisgau bereitgestellt und könnte nun gewissermaßen um die Lorbeeren ihrer Arbeit gebracht werden.

Zwar steht das Verbrennungsgebot nirgends im Verordnungstext, aber zwischen den Zeilen läßt sich dies leicht herauslesen. Denn der für den abzulagemden Müll geforderte Wert von fünf Prozent organischem Kohlenstoff läßt sich nur durch Verbrennung erreichen. Im Umweltministerium ist man der Meinung, dadurch der Gefahr von gefährlichen chemischen Reaktionen auf Deponien begegnen zu können. „Zu undifferenziert und einseitig“, meint hingegen Wolfgang Konrad vom Österreichischen Ökologie-Institut in seiner Stellungnahme zum Verordnungsentwurf. Allein aufgrund des hohen Kunststoffanteils im Restmüll könne dieser Wert "durch „kalte Verfahren“ nicht erreicht werden. Ins selbe Horn stößt auch Professor Peter Lechner, Leiter der Abteilung Abfallwirtschaft an der Wiener Universität für Bodenkultur: „Die Fünf- Prozent-Klausel entbehrt jeder naturwissenschaftlichen Grundlage.“

RECHTLICHE BEDENKEN

Die Umsetzung der Verordnung dürfte noch zu einigen Konflikten führen. Denn im Umweltministerium wird damit gerechnet, daß allein zur Behandlung des anfallenden Hausmülls etwa 24 zusätzliche Müllverbrennungsanlagen notwendig sein werden. Günter Gorbach, Sprecher der Salzburger Müllplattform, spricht in diesem Zusammenhang davon, daß der Müllnotstand dadurch nur verlagert, nicht gelöst werde. „Die Probleme müssen an der Quelle behoben werden. Und das bedeutet Verringerung des Stoff- und Materialverbrauchs.“

Inzwischen werden aber auch verfassungsrechtliche Bedenken laut. Der Biologe Walter Hüttier vom Interuniversitären Institut für Forschung und Fortbildung ging gemeinsam mit seinem Bruder Bernhard, einem Juristen, dieser Frage nach. „Die einseitige Bevorzugung einer einzigen Technologie erscheint bedenklich. Das Ministerium kann ja auch nicht vorschreiben, daß Strom in Zukunft nur mehr ausWVasserkraft produziert werden darf.“

Inzwischen rechnet man sogar im Umweltministerium mit Verzögerungen. Ob die Verordnung tatsächlich wie geplant am 1. Jänner 1995 in Kraft tritt, ist ungewiß. Alles hängt letztendlich an der Unterschrift der Umweltministerin.

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