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Zweitwagen oder Hubschrauber

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„Das wird die größte Krise auf dem heimischen Pkw-Markt“, erklärte Kommerzialrat Pappas, Generalvertreter der Mercedes-Werke, vor zwei Jahren, als Finanzminister Doktor Koren sich aus budgetären Gründen gezwungen sah, die ohnehin bereits mit rund 40 Prozent Zoll und Steuern belasteten Pkw mit einer zehn-prozentigen „Luxussteuer“ erneut in die Steuerschraube zu nehmen. „Zwei Millionen Pkw, um 90 Prozent mehr als 1968“, sagte demgegenüber das Wirtschaftsforschungsinstitut zum Jahreswechsel als wahrscheinliche Motorisierungsdichte für 1980 voraus.

Tatsächlich bestätigen Österreichs Autohändler schon jetzt, daß man inzwischen die zehnprozentige Teuerung „geschluckt“ habe. Der Umsatz hat sich gerade in den letzten Jahren stark verbessert, und die Zunahme von Zulassungen gerade der mittleren und größeren Typen zeigt, daß der Österreicher trotz höherer Steuern bereit ist, mehr für sein Auto auszugeben als je zuvor.

• So haben sich der Peugeot 504 mit einem Preis von immerhin 80.000 Schilling,

• die BMW der Mittelklasse mit einem Preis zwischen 80.000 und 100.000 Schilling

• und schließlich auch die kleineren Typen von Mercedes als Verkaufsschlager erwiesen.

Nicht verstärken konnten ihren Marktanteil dagegen trotz einer Kostensenkung durch die Pfundab-

wertung die englischen Wagen, da man hierzulande noch immer wegen des dichteren Servicenetzes in ganz Europa mehr auf deutsche Modelle schwört, aber auch auf italienische Produkte der Fiat-Werke, die ihren Marktanteil wesentlich verbessern konnten.

„Mit fortschreitendem Wohlstand“, stellt das Wirtschaftsforschungsinstitut zu dieser Tatsache fest, „dient der Pkw überwiegend der privaten Nutzung.“ Die Nachfrage auf dem österreichischen Automobilmarkt sei daher, so meint man, vor allem vom Konsumverhalten der Haushalte abhängig, und dieses tendiere nun einmal in letzter Zeit mehr zu höherer Qualität.

Trend zum Zweitwagen

Wie schwer man 1980 bei der dann bestehenden Motorisierungsdichte von 258 Pkw je 1000 Einwohner (zur Zeit rund 150) einen Parkplatz oder ein Weiterkommen in den verstopften Straßen wird finden können, zeigt die Zahl, die besagt, daß dann auf 3,9 Einwohner ein Pkw entfallen wird, während zur Zeit erst jeder Siebente Besitzer einer Benzinkutsche ist.

Für die österreichischen Autoverkäufer allerdings zeigen sich zwei Zukunftsprobleme:

• So wird der durchschnittliche jährliche Verkauf und der jährliche Bestandszuwachs mit 81.000 Pkw niedriger sein als in der Vergangenheit,

• und man wird in Hinkunft Alt-

wagen schwieriger loswerden können als bisher.

Die Expansion hat sich nämlich, wie die Verkaufsstatistiken zeigen, sogar schon in den letzten Jahren geringfügig abgeschwächt. Wurde für die Zeit von 1956 bis 1960 eine Steigerung der Pkw-Dichte um 114 Prozent gemeldet, so fiel diese Zunahme in den Jahren von 1960 bis 1964 auf 66 Prozent zurück, um sich 1968 gar auf 44 Prozent zu reduzieren. Diese Tatsache führt man auf eine nunmehr einsetzende Sättigung des Bedarfes zurück, und ähnlich wie auf dem Wohnungsmarkt treten auch auf dem Automarkt die Standardverbesserer als Hauptkonsumenten auf.

Hoffnungen setzen vor allem die Pkw-Produzenten kleinerer Hubräume immer mehr auf die Modewelle, für die Frau Gemahlin einen Zweitwagen besitzen zu müssen. Und im Hinblick darauf hofft man, daß Koren, der schon vor der Wahl ankündigte, die derzeitige Autosteuer werde abgeändert beziehungsweise vermindert werden, nach den Wahlen diese Versprechungen wahrmacht.

Unwohl wird bei den Prognosen des Wirtschaftsinstituts, trotz großzügiger Verkehrskonzepte, nur den österreichischen Straßenbauern, denn sie wissen auf Grund der bestehenden Budgetmittel schon heute, daß das Autobahn- und Straßennetz 1980 der Verkehrsflut noch weniger gewachsen sein wird, als es dies im Jahre 1969 war.

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