Zwischen Beliebtheit und Erfolg

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Nun hat er es also geschafft: Mark Zuckerberg, Facebook-Gründer, König der Nerds und jüngster Dollarmilliardär aller Zeiten hat sein soziales Netzwerk an die Börse gebracht.

Der erhoffte Senkrechtstart wurde allerdings nicht daraus. Am ersten Handelstag konnte der Ausgabekurs von 38 Dollar bloß durch Stützkäufe der Bank Morgan Stanley künstlich gehalten werden. Am zweiten Tag schmierte die Aktie bereits um elf Prozent ab. Ist das Papier zu teuer, die Firma überbewertet? Sehr wahrscheinlich. Nur in den undurchsichtigen Gefilden der globalen Finanzwelt kann ein Unternehmen, das 2011 eine Milliarde Dollar Gewinn gemacht hat, 104 Milliarden Dollar Wert sein.

Die Börse ist nicht das Internet

Noch ist nichts verloren, es wäre verfrüht, ein Bröckeln der Web2.0-Ikone zu konstatieren. Doch zwischen dem Spott von Kommentatoren und der Angst von Investoren vor einer neuen Internetblase wird es für den kalifornischen Börsen-neuling wohl nicht einfacher.

Die Börse ist nicht das Internet. Hier macht man sich nicht per Mausklick Freunde. Hier wollen Shareholder Rendite sehen. Größtes Problem von Facebook ist, dass ein klares Geschäftsmodell fehlt. Einziges Asset des Unternehmens sind die Nutzungsdaten seiner derzeit - nach eigenen Angaben - 900 Millionen User. Genauer gesagt: die Möglichkeit, diese Daten zu vernetzen und daraus mehr oder weniger individuelle Profile zu erstellen. Daraus lassen sich maßgeschneiderte Angebote für die Werbewirtschaft basteln.

Das Geschäft könnte allerdings besser laufen. Einer britischen Befragung zufolge, klicken nur 13 Prozent der Nutzer "oft“ oder "regelmäßig“ auf Werbeschaltungen, 31 Prozent selten, 44 Prozent nie. Da passt ins Bild, dass General Motors unlängst zehn Millionen Dollar Werbeetat von Facebook abgezogen hat, weil der Effekt nicht den Hoffnungen entsprach.

Es fehlt auch nach wie vor ein stimmiges Angebot für den rasant wachsenden Markt der Mobilanwender, wie Facebook in seinem Börsenprospekt selbst einräumt. Ein weiteres Problem ist Facebooks wiederholt eigenwilliger Umgang mit Datenschutz.

Die Datenschutzbestimmungen werden häufig ohne Vorwarnung geändert, sind umfangreicher als die amerikanische Verfassung (wie die New York Times einmal bemerkte) und hoffnungslos undurchsichtig. Ein durchschnittlicher User hat längst schon keine Ahnung mehr, welche seiner Daten, wie gut vor welchem und wessen Zugriff geschützt sind. Und damit de facto auch keine Eingriffsmöglichkeit.

Mark Zuckerberg vertritt bekanntlich die Ansicht, dass Privatsphäre ein Relikt ist, eine überholte gesellschaftliche Konvention. Als These ist das hoch interessant. Als langfristige Prognose vielleicht sogar zutreffend. Doch Zuckerberg verkennt dabei, dass seine Visionen nicht notwendig die aller anderen sein müssen. Wiederholt sieht Facebook sich deshalb mit Klagen konfrontiert. In den USA beispielsweise steht derzeit eine mögliche Sammelklage in Höhe von 15 Milliarden Dollar im Raum - nicht gerade ein Begrüßungscocktail für künftige Aktionäre. Sollte Facebook scheitern, wäre das in erster Linie ein Scheitern von Mark Zuckerberg.

Was ist die Vision des Pioniers?

Der 28-Jährige präsentiert sich selbst gerne als weitsichtigen Internetpionier. Betont, dass Geld ihm nicht so wichtig ist wie die Veränderung unserer sozialen Wirklichkeit. Das nimmt ihm jetzt keiner mehr ab. Was sucht der gute Mann dann an der Nasdaq?

Paradoxerweise steht sich Facebook mit seinem userfeindlichen Verhalten selbst im Weg. Respektiert es die Rechte seiner Nutzer in dem Ausmaß, das Kritiker und Datenschutz fordern, kann es kaum den maximalen Profit lukrieren. Die umgekehrte Option - unbeliebt und zugleich wirtschaftlich erfolgreich zu sein- ist zwar gangbar, wie Rüstungs-, Tabak- und Pharmaindustrie beweisen. Visionär ist daran allerdings nichts.

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