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Arabisches Kapital und israelisches Know-how

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Das iranisch-türkische Ringen um politische und wirtschaftliche Vormachtstellung in Zentralasien geht weiter. Allerdings scheint beiden ein wenig die Puste ausgegangen zu sein. Deshalb war beim Besuch von Präsident Demirel in Teheran die Rede davon, man solle vielleicht besser Hand in Hand arbeiten statt gegeneinander. Das wäre jedoch nur realisierbar, kämen in Ankara Erbakans Islamisten an die Macht. Türkischer Laizismus und iranischer Islamismus schließen sich jedoch gegenseitig aus.

Längst sind auch die Israelis in den „neuen Moslemrepubliken“ rührig geworden, ohne viele Aufhebens, doch mit Erfolg. Künstliche Bewässerung ist das Kernproblem der gesamten Region, und da ist israelisches Fachwissen nützlicher als arabisches Kapital.

Allerdings sieht es so aus, als käme es hier erstmals zu einer Verbindung dieser beiden Elemente - von der Marokkos König Hassan seit vielen Jahren schwärmt.

Zentralasien hat einen solchen Einsatz von Großkapital und Spitzenkräften auch bitter nötig. Auf den ersten Blick scheint es, als ob die wesentlichen Übel von Dritt-Welt- , Staaten hier fehlen. Von einer Bevölkerungsexplosion kann kaum die Rede sein, und zügellose Urbanisierung ist auch nicht das Problem. Dafür sind aber hier die Umweltschäden von so gigantischer Natur wie kaum anderswo auf der Welt.

Der riesige Aral-See, zwischen Kasachstan und Usbekistan gelegen, ist fast verschwunden — Opfer einer stümperhaften Bewässerungspolitik, durch die Usbekistan in die Baumwollkammer der Sowjetunion verwandelt wurde. Nun wollen die Amerikaner helfen, ihn wieder zum See zu machen. (Ist das mit 15 Millionen Dollar zu schaffen?) . Der Präsident Kasachstans erklärt, sein Land hege schon deshalb keine nuklearen Ambitionen, weil es als Opfer sowjetischer Atomversuche an erster Stelle stehe. Hier haben 470 Explosionen stattgefunden, davon 107 über der Erde und 87 in der Erdatmosphäre. Über eine halbe Million Kasachen leiden noch an den Auswirkungen.

Einige hundert Kasachenkinder sind bereits zur medizinischen Behandlung in Deutschland und anderswo. Man wird Zehntausende intensiv behandeln müssen, um auch nur der schlimmsten Folgen Herr zu werden. Die Heilung des Bodens, vor allem in Usbekistan und in Kasachstan, bedarf Milliardenbeträge.

Wird auch Zentralasien wegen seiner entschlossenen wirtschaftlichen Liberalisierung vielseits gelobt, ist es doch vorläufig für den europäischen Handel wenig verlockend. Noch gibt es zu wenig Kaufkraft. Laut Statistik besitzen weniger als die Hälfte aller Männer ein Port- monnaie — es lohnt sich einfach nicht. Wenn es dann soweit ist, werden die Europäer überall auf Inder und Pakistaner stoßen, die sich bereits eingenistet haben.

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