Aus den Tiefen der Stammesgeschichte
Angesichts einer Welt im Multitrauma müssen wir verstehen, was die Menschen von Grund auf antreibt und ausmacht. Ein Rückblick auf das Biologicum Almtal.
Angesichts einer Welt im Multitrauma müssen wir verstehen, was die Menschen von Grund auf antreibt und ausmacht. Ein Rückblick auf das Biologicum Almtal.
Was man zu Natur und Wesen der Menschen aus gescheitem Mund nicht schon alles gehört hat: Geisteswesen oder doch bloß „ratiomorphe Wesen“? Homo oeconomicus, Homo ludens oder Homo philosophicus? Ein ebenso nackter wie „neotäner“ Affe, das Ebenbild Gottes, in seiner Zivilisation „verhausschweint“, das evolutionäre Zwischenstadium zum „wahren“, also vollkommenen Menschen? Ein „Mängelwesen“, von Natur aus gut, oder eine „Sau“, wie es einst in einem Austropop-Song hieß? Aus ideologischen Blickwinkeln wurden zu Zeiten unzulänglichen Wissens Erklärungsversuche mit dem Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Aber wie kann man wissen, was „die Natur des Menschen“ ist? Gibt es die überhaupt? Wandelt sich der Begriff des Menschen nicht ständig mit Wissensstand und gesellschaftlichem Hintergrund?
Im „Zeitalter des Menschen“
Den enormen Fortschritten der Genetik, Verhaltens- und Evolutionsbiologie, sowie der Psychologie und der experimentellen Wirtschaftswissenschaften der letzten Jahre verdanken wir ein wesentlich umfangreicheres, konkreteres und kohärenteres Wissen um die Grundzüge des menschlichen Wesens als je zuvor. Letztlich verdanken Menschen als Topmodelle der Evolution ihre Existenz vielen in der Stammesgeschichte entstandenen Schlüsselinnovationen. Dabei hat die Evolution nicht intelligent geplant, sondern pragmatisch gebastelt – auch und besonders am Organ des Geistes, dem Gehirn.
Übrigens: Die meisten der menschlichen Merkmale teilen wir aufgrund stammesgeschichtlicher Verwandtschaft oder paralleler Evolution mit vielen anderen Tieren. Menschliche Alleinstellungsmerkmale sind rar, aber es gibt sie. Komplexe Symbolsprache und leistungsfähiges Gehirn etwa. Aber auch diese Unterschiede zu den anderen Tieren sind eher quantitativer denn qualitativer Natur. So entstanden Sprachfähigkeit und abstraktes Denken vor allem im sozialen Zusammenhang und aus bereits vorher in der Stammesgeschichte angelegten Eigenschaften. Daher denken und handeln Menschen auch profund irrational, gemessen etwa an den Vorhersagen der Spieltheorie, obwohl sie sich selber ja lieber als geistvolle, rationale und logische Wesen sehen.
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