Dialog Austausch - © Illustration: Rainer Messerklinger

Corona-Aufarbeitung: „Aus den Fehlern lernen!“

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Vor drei Jahren wurden in Österreich die ersten Coronafälle gemeldet. Nach der Pandemie bietet sich die Chance, die wissenschaftliche Politikberatung neu aufzusetzen.

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Vor drei Jahren wurden in Österreich die ersten Coronafälle gemeldet. Nach der Pandemie bietet sich die Chance, die wissenschaftliche Politikberatung neu aufzusetzen.

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Es war eine merkwürdige Wortwahl, um einen Versöhnungsprozess einzuleiten: „Alles soll aufgearbeitet werden“, ­sagte der Bundeskanzler – von der Impfpflicht über die Coronahilfen bis zur 3G-Regel. „Wir waren expertenhörig; nun sollen Experten erklären, warum sie zu dieser Entscheidung gekommen sind.“ Anstatt Wogen zu glätten, sorgte das Statement von Karl Nehammer (ÖVP) umgehend für neuen Wirbel. „Ärgerlich, zumal genau DAS (auf Expert*innen hören) ja oft verabsäumt wurde“, twitterte der Wiener Lungenfacharzt Arschang Valipour. Für den Primarius an der Klinik Floridsdorf war es „schon befremdlich, jetzt Gräben in der Gesellschaft auf Expert*innen zu schieben (…), die großteils in ihrer Freizeit beratend tätig waren“.

Tatsächlich haben die Forscherinnen und Forscher, die während der Coronakrise ihre Expertise im ORF und anderen Medien vermittelten, oft in der Nacht noch Studien durchgeackert und sich per Videoschaltung mit internationalen Kollegen ausgetauscht. Manche von ihnen wurden in den sozialen Medien zur Zielscheibe von Wut und Hass, denn „die Wissenschaft“ wurde mit fortdauernder Krise zunehmend als Teil des „Establishments“ attackiert. „Diese Forscher waren stark intrinsisch motiviert“, sagt Alexander Bogner von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) im Gespräch mit der FURCHE. „Sie haben ehrenamtlich oft eine große Zusatzbelastung auf sich genommen, und man sollte darüber nachdenken, wie man sie künftig entlasten und unterstützen kann.“

Nehammers Aussage, wonach die Regierung „expertenhörig“ gewesen sei, ist auch für Bogner hochproblematisch: „Wenn man unterstellt, dass die Entscheidungen während der Pandemie von den Experten getroffen worden seien, dann entsteht der Eindruck, dass sich die Politik hinter der Wissenschaft versteckt. Das ist eigentlich ein Zeichen von Schwäche, denn es bringt zum Ausdruck, dass Politiker ihren Aufgabenbereich am liebsten zum Verschwinden bringen möchten. Starke Politik hingegen würde sich dadurch auszeichnen, dass sie ihre Entscheidungen wissenschaftlich fundiert begründen kann“, so der Soziologe am Institut für Technikfolgen-Abschätzung der ÖAW. Generell aber sei die vom Kanzler geplante Aufarbeitung des Corona-Krisenmanagements vielversprechend: „Wenn es stimmt, dass das kein parteipolitisches Geplänkel werden soll, dann kann man Österreich nur gratulieren. Aus Fehlern zu lernen, ist doch eine tolle Geschichte!“

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