Corona: Bilanz einer verrückten Zeit
Hat die österreichische Regierung die Coronakrise gut bewältigt? Ja und nein, sagt Public Health-Experte Martin Sprenger in seinem Buch „Das Corona-Rätsel. Tagebuch einer Pandemie“.
Hat die österreichische Regierung die Coronakrise gut bewältigt? Ja und nein, sagt Public Health-Experte Martin Sprenger in seinem Buch „Das Corona-Rätsel. Tagebuch einer Pandemie“.
Respekt vor anderen Meinungen, aber auch Furchtlosigkeit vor den „Mächtigen“ – so sieht sich Martin Sprenger, der sein neues Buch „Das Corona-Rätsel“ sehr persönlich angelegt hat. Schließlich handelt es sich um das „Tagebuch einer Pandemie“, und der Public-Health-Experte ist sich bewusst, dass man in dieser Form immer nur subjektiv und selektiv über ein Geschehnis berichten kann. Dennoch fügen sich seine Erinnerungen und Dokumente aus den letzten drei Monaten zu einem Bild, das im Rückblick generell aufschlussreich ist.
Schließlich war Sprenger Mitglied der Experten-Taskforce im Dienste der Bundesregierung, bevor er diese aus eigenem Antrieb verlassen hat. Seither hat sich der Forscher von der Med-Uni Graz oft kritisch zum politischen Umgang mit der Pandemie geäußert. „Mit einer vorher noch nie wahrgenommenen Klarheit wurden globale, europäische, nationale und regionale Strukturschwächen offengelegt“, resümiert er nun die „verrückte Zeit“ der Coronakrise – und wie es so weit kommen konnte.
Unterschätzte Gefahr
Britische Forscher haben mittlerweile errechnet, dass eine Vorverlegung des „Lockdowns“ in China die Zahl der Infektionen stark reduzieren hätte können: bei einer Woche um 66 Prozent, bei drei Wochen sogar um 95 Prozent. Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus hätte somit schon an seinem Ursprung unterbunden werden können, bemerkt Sprenger. Auch in Europa wurde die Gefahr unterschätzt. Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) bewertete den Ausbruch in China zunächst als „lokales Ereignis“. Und in den Tiroler Alpen durften die Wintertouristen im März noch tagelang weiterfeiern, obwohl Ischgl in Island bereits als Risikogebiet galt.
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