
Demenz bei Tieren: Würdevoller Abschied
Aufgrund des medizinischen Fortschritts werden Hunde heute deutlich älter. Dadurch wird auch Demenz bei den Tieren häufiger. Was man über diese noch zu wenig beachtete Erkrankung wissen sollte.
Aufgrund des medizinischen Fortschritts werden Hunde heute deutlich älter. Dadurch wird auch Demenz bei den Tieren häufiger. Was man über diese noch zu wenig beachtete Erkrankung wissen sollte.
E s bellt, rhythmisch und monoton. Nachts um halb drei: Mischlingsrüde Maximilian steht in meinem Flur und: bellt. Und bellt. Und bellt. Und bellt … Dies ist bereits die zweite „Unterbrechung“ heute Nacht. Es wird nicht die letzte sein. Ich gehe zu ihm, berühre ihn an der Brust, halte ihn, und nun merkt Maximilian wieder, wo er ist. Und wohl auch, wer er ist …
Maximilian ist einer von überraschend vielen Hunden, die an einer kognitiven Dysfunktion („Cognitive Dysfunction Syndrome“, CDS) erkranken. Auch als Demenz oder Alzheimer beim Hund bezeichnet, können sich bei großen Tieren bereits im Alter von fünf, bei kleineren ab circa zehn Jahren erste Zeichen eines Verlusts geistiger Funktionen bemerkbar machen. Worauf ist in diesem Fall zu achten? Der Hund entwickelt vielleicht plötzlich eine Trennungsangst, entwickelt neue Ängste vor seiner Umgebung, wirkt häufig orientierungslos und/oder wandert nachts ziellos umher. Der Tag-Nacht-Rhythmus ist gestört – so wie man das auch von Menschen mit Alzheimer-Demenz kennt.
Beim Menschen ist Demenz ein Oberbegriff für krankhafte Veränderungen des Gehirns, die zu Beeinträchtigungen im Denken, der Orientierung und Lernfähigkeit etc. führen. Bei einigen Demenzformen kann es auch zu Veränderungen der Persönlichkeit kommen. Die häufigste Demenz ist die Alzheimerkrankheit. Die Erforschung der verschiedenen Demenzformen bei den Tieren steckt noch in den Kinderschuhen.
Typisches Nachtwandeln
Hund Maximilian zeigt fast alle der oben beschriebenen Symptome. Er ist 17 Jahre alt; das ist auch für einen mittelgroßen Hund ein durchaus stolzes Alter, denn nur acht Prozent der Hunde werden älter als 15 Jahre. Das Tier scheint in seiner eigenen Welt zu leben. Er löst sich häufig im Haus, obwohl man gerade erst draußen war – wie gut, dass es die Rüdenwindel gibt! Und er dreht nachts seine Runden: Das Nachtwandeln gehört zu den typischen Erkennungszeichen einer Demenz. Dann bleibt Maximilian meist irgendwo stecken, denn die betroffenen Hunde können ihre Körpergrenzen oft nicht mehr richtig wahrnehmen. Er bellt dann rhythmisch, bis man ihn aus seiner misslichen Lage befreit. Das kann schon mehrmals pro Nacht der Fall sein.
Im schlimmsten Fall erkennt der Hund aufgrund der degenerativen Veränderungen in seinem Gehirn nicht einmal mehr seine eigenen Menschen und reagiert aufgrund von Verwirrtheit vielleicht sogar aggressiv. Auch dieses Symptom ist niemandem fremd, der einen oder eine demente(n) Angehörige(n) pflegt. Solche Verhaltensstörungen sind in der Medizin unter dem Kürzel BPSD beschrieben („Behavioral and Psychological Symptoms of Dementia“).
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