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Die heutige Strecke genügt noch lange
Umweltgefährdend und viel zu teuer sei der Tunnel, diese Alternative zur derzeit nicht ausgelasteten Strecke, stellen die Projektgegner fest.
Umweltgefährdend und viel zu teuer sei der Tunnel, diese Alternative zur derzeit nicht ausgelasteten Strecke, stellen die Projektgegner fest.
Die bestehendeSemmeringbahn soll durch den sogenannten „Basistunnel” ersetzt werden, obwohl vieles gegen dieses Projekt spricht. Unter anderem sind es folgende Argumente:
■ Es sind genügend freie Kapazitäten auf der bestehenden Strecke vorhanden. Derzeit überqueren durchschnittlich rund 160 Personen- und Güterzüge pro Tag den Semmeringpaß. Unter optimalen Verhältnissen könnten jedoch täglich 245 Züge über die beste hende Strecke geführt werden. In den letzten Jahren ist aber das Güteraufkommen über den Semmering kontinuierlich abnehmend. Des weiteren sind die Vor- und Nachlaufstrecken des
Semmerings der wahre Flaschenhals der Südbahn. Würde man Verbesse-' rungsmaßnahmen auf der Semme-ringstrecke setzen, könnte eine nicht unbedeutende Fahrzeitverkürzung erreicht werden. Außerdem ist im Personenverkehr nicht die Netto-, sondern die Bruttofahrzeit (reine Fahrzeit plus Umsteigen plus Warten auf Anschluß) ausschlaggebend. Im Güterverkehr spielt eine mögliche Fahrzeitverkür zung - angesichts der weitaus längeren Stehzeiten in Knoten- und Verschub-bahnhöfen - überhaupt keine Bolle. ■ Die Beeinträchtigung des Wasserhaushaltes ist - das haben die letzten Wochen eindrücklich gezeigt - beträchtlich. Ijaut einem Gutachten für die Hochleistungsstrecken - Aktiengesellschaft (HL-AG) aus dem Jahre 1993 wurde mit einem Bergwasser-Dauerabfluß von etwa 60 bis 70 Liter/Sekunde gerechnet. Am 26. Oktober dieses Jahres kam es bekanntlich zu einem Wassereinbruch im Semme-ring-Sondierstollen von 350 (!) (= rund 30 Millionen Liter Wasser pro Tag!).
Dies wiegt umso schwerer, als die umliegenden Gemeinden ihr Trinkwasser aus jenen Quellen gewinnen, die durch den Sondier- und Hauptstollen gefährdet sind. Diese Gemeinden sollen nun mit Ersatzwasser (!) aus weiter entfernt liegenden Quellen versorgt werden.
■ Neben den Ländern Niederösterreich und Wien sehen auch viele Verkehrsexperten keine Notwendigkeit für den Bau des Semmering-Ba-sistunnels, insbesondere angesichts der Tatsache, daß die Ungarn und Slowenen 1997 eine Lücke im internationalen Eisenbahnstreckennetz schließen werden und dann eine durchgehende Eisenbahnstrecke von der Ukraine bis Triest bestehen wird, die im Gegensatz zur Südbahnstrecke die Alpen südlich umfährt.
Zusätzlich ist seit Jahren die sogenannte Süd-Ost-Spange im Gespräch, welche über das Burgenland Wien mit Graz verbinden würde und ebenfalls den Alpenbogen umfährt und daher ohne Tunnelbauten errichtet werden kann.
■ Die Gesamtkosten für den Semme-ring-Basistunnels sind kaum abzuschätzen. Die HL-AG ging im Jahre
1989 von reinen Baukosten in Höhe von 3,6 Milliarden Schilling aus; 1995 rechnete der damalige Verkehrsminister Viktor Klima mit Baukosten von 6,5 Milliarden Schilling. Die Gesamtkosten (inklusive der Finanzierungskosten) werden mit bis zu 44 (!) Milliarden Schilling angegeben. Daß dieses Geld - vor allem in Zeiten der Spar pakete - im Verkehrswesen effizienter eingesetzt werden kann, zeigen zahlreiche Beispiele auf regionaler Ebene.
■ Obwohl sich schon der damalige Verkehrsminister um eine Privatfinanzierung des Semmering-Basistunnels bemüht hat, konnten bis dato keine privaten Firmen für dieses Projekt gefunden werden, da eine so hohe Gesamtkostensumme von Privaten kaum aufgebracht werden kann und die ÖBB als Pächter des Semmering-Basistunnels jährlich eine Benützungsgebühr von zirka einer Milliarde Schilling (!) zu zahlen hätte.
■ Die bestehende Semmeringbahn könnte bei Bealisierung des Tunnels als Nebenbahn betriebswirtschaftlich kaum mehr erhalten werden. Es ist zu befürchten, daß in diesem Falle die Semmeringbahn eingestellt wird, da die ÖBB kaum eine parallel führende, für sie unrentable Strecke weiterbetreiben werden. Die mögliche Einstellung der Semmeringbahn kommt einem Todesstoß für den öffentlichen Verkehr der Begion rund um den Semmering gleich. Daher: Stoppt den Tunnel!
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