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Die „reichen Länder“ sparen

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Kann eines der österreichischen Bundesländer — oder können die österreichischen Bundesländer — eine andere Budgetpolitik betreiben als der Bund? Diese Frage scheint zu kühn gestellt zu sein, denn die Budgets auch der größten österreichischen Länder reichen natürlich nicht im entfernten an den Umfang des Bundesbudgets heran. Wenn der Bund keine antizyklische Politik mehr betreibt, so wäre es vermessen, zu sagen, daß es eben jetzt die Bundesländer vorexerzieren wollen. Der wirtschaftspolitische Effekt wäre kaum überzeugend. Daß damit die Budgets der Bundesländer keineswegs im Schlepptau des Bundes stehen, daß sie nicht jeden Weg und Umweg des Bundes mitmachen müssen, dafür ist das Budget des Landes Oberösterreich ein nicht uninteressantes Beispiel.

Gewiß, auch das. Öberösterreichische’5 Landesbudgef zeigt im’ Verlauf der lefzten Jahre eine deutliche ‘ Aüs Weitung: Während das Bundes budget 1954 Ausgaben von rund 23 Milliarden vorsah, die dann bis 1958 auf 31,2 Milliarden stiegen, bis 1960 41 und 1961 47 Milliarden Schilling erreichen werden, sprang das oberösterreichische Landesbudget von 613 auf 981 Millionen Schilling im Jahre 1957. 1958 überschritt das

Landesbudget erstmals die Milliardengrenze, um allerdings in den Jahren zwischen 1958 und 1961 keine auffallenden Schwankungen zu zeigen und ziemlich konstant zwischen 1,1 und 1,2 Milliarden Schilling stehen zu bleiben.

Setzt man für das Jahr 1957 die Budgethöhen von Bund und Land mit der Indexzahl 100 an, so blieb das Landesbudget immer sichtbar hinter der Erhöhung des Bundesbudgets zurück: 1959 war das Bundesbudget auf 124, 1960 auf 129,9 gestiegen und für 1961 werden sogar 145,6 erreicht. Das Landesbudget blieb bescheiden mit 121 (1959), 128 (1960) und 134 (1961) zurück. Das Auseinanderklaffen der Budgetentwicklung ist also schon heute sehr deutlich und dürfte wahrscheinlich Ende 1961 noch spürbarer sein, als es die heutigen Voranschläg- reich Landtagswahlen vor der Tür, und dibi-5VeFsuchtifig,!’i’erhÖht’i’ budgets“ zu erstellen, war sicher gegeben.

Wenn diese Zahlen noch zuwenig sagen, so sprechen die Vergleiche über die Verschuldung von Bund und Land eine noch deutlichere Sprache: macht die Verschuldung des Bundes 1961 44 Prozentjdes Gesamtbudgets aus, so erreicht die des Landes Oberösterreich nur 27,4 Prozent. Aber auch das allein sagt noch zuwenig aus: Die Verschuldung des Landes Oberösterreich sinkt von Jahr zu Jahr. Sie machte etwa 1957 38 Prozent des Landesbudgets aus, sank dann auf 31 Prozent (1958), auf 29 Prozent (1960) und schließlich auf 27,4 Prozent nach dem Budgetvoranschlag für 1961. Auch die Verschuldung auf den Kopf der Bevölkerung zeigt trotz des größer werdenden Budgets diese sinkende Tendenz auf: sie verminderte sich von 322 S im Jahre 1957 auf 312 im Jahre 1960 und wird 1961 nur noch 307 S ausmachen.

Gewiß mögen dies bescheidene Zahlen und geringfügige Senkungen darstellen, sie zeigen aber doch in aller Deutlichkeit die Tendenz auf, und das in einer Zeit, da leider überwiegend gegenteilige Symptome festzustellen sind

Es sollen allerdings weniger erfreuliche Ent icKliih’geh bileht verschwiegen werden: die Verschuldung der oberösterreichischen Gemeinden zeigt diese leicht absinkende Tendenz keineswegs, sondern ganz im Gegenteil ein beunruhigendes Ansteigen, das sich jedoch auf einige wenige Städte konzentriert — und damit an Bedenklichkeit eher noch gewinnt. Bei einem Ansteigen der Gesamtbudgets der rund 450 oberösterreichischen Gemeinden in den fünf Jahren zwischen 1954 und 1959 auf das Dreifache (von 341 auf 953 Millionen) erreichte die Verschuldung 1959 396 Millionen,

wovon allein die Hälfte auf die Städte Linz und Steyr (die Städte mit eigenem Statut) entfällt.

Die Gefahren einer zurückhaltenden Budgetpolitik der Bundesländer sind allerdings nicht von der Hand zu weisen: das Schlagwort von den

„reichen Ländern“ bekommt man in Wien — und zwar von Politikern aller Schattierungen — nur zu oft zu hören, und die Praxis der Handhabung des Finanzausgleiches zeigte gerade in den letzten Wochen deutlich auf, wie man Übereinkommen „gleichrangiger Partner“ einschätzt. Ein Anwachsen des Bundesbudgets bei gleichzeitiger zurückhaltender Budgetierung in den Bundesländern verstärkt anderseits ganz selbstverständlich die zentralistischen Tendenzen zu einer Zeit, da wir dies ganz gewiß nicht gebrauchen können.

Andere Grundsätze der Länder bei Aufstellung ihrer Budgets, als die beim Bund praktizierten, können gewiß den Zug, den das Bundesbudget mit seiner Ausweitung aufzeigt und angibt, nicht ändern. Die Länder könnten aber, würden sie dem Beispiel des Bundes folgen, sehr rasch den Topf der öffentlichen Haushalte zum Überlaufen bringen. Sie können und hoffen, dies durch Vorsicht, Zurückhaltung und Sparsamkeit verhindern zu können.

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